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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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damit?«
    Sie schüttelt den Kopf, wie um zu sagen: »Vergiss es.«
    »Ist dein Handy noch ausgeschaltet?«, fragt sie.
    »Nein. Ich habe es wieder eingeschaltet, als ich –«
    »Schalte es aus. Frag nicht warum, tu’s einfach. Ich kann jetzt keine Störungen gebrauchen.«
    Ich gehorche dem Befehl, obwohl mir klar ist, dass ich eigentlich protestieren sollte. Die meisten Leute würden an dieser Stelle jedenfalls protestieren. Sagt es etwas Negatives über mich aus, dass ich es beruhigend finde, wenn man mir sagt, was ich tun soll, weil ich dann nicht selber denken muss?
    Warum hat Fran mich gefragt, wo mein Zuhause ist?
    »Du solltest noch mal zum Arzt gehen«, sagt sie, als wir das Zentrum von Spilling hinter uns lassen.
    »Was sollte das bringen? Er wird sowieso nichts finden.«
    »Dann guckt er wohl nicht richtig hin«, murmelt sie.
    Den Rest der Fahrt legen wir schweigend zurück. Als Fran über das Kopfsteinpflaster fährt und das Auto auf einem der fünf Behindertenparkplätze von Silsford Castle abstellt, kann ich die Bemerkung nicht unterdrücken: »Hier darfst du nicht parken.«
    »Es ist mir scheißegal, ob es erlaubt ist oder nicht. Und da ich dich bei mir habe, ist es auch moralisch verantwortlich, dass ich hier parke«, kontert sie. »Wenn es nicht als Behinderung gilt, ohne Grund fast zu kollabieren, wenn man aus einem Polizeigebäude tritt, weiß ich es auch nicht.«
    Ich hasse sie dafür, dass sie das sagt, weil ich mich jetzt panisch frage, was passieren wird, wenn ich aus dem Range Rover steige. Wird der Schwindel wieder zuschlagen? Und was ist, wenn ich nicht schnell genug etwas finde, gegen das ich mich lehnen kann?
    Fran hat sich nicht erkundigt, wie es bei der Polizei gelaufen ist. Sie muss wissen, warum ich dort war.
    Es passiert nichts, als ich aus dem Auto steige und in den sonnigen Nachmittag trete. Also kann der Schwindel nicht dadurch ausgelöst werden, dass ich von drinnen nach draußen gehe, und es kann auch nicht daran liegen, dass ich nach längerem Sitzen wieder auf den Beinen stehe. Alles, was ich nach Monaten der Selbstüberwachung festgestellt habe, ist, dass die Schwindelanfälle mich jederzeit heimsuchen können, egal unter welchen Umständen. Es gibt keine Möglichkeit, sie vorherzusagen – oder sie zu verhindern.
    In der Teestube im Silsford Castle duftet es nach Zimt, Ingwerkeksen und Rosen, wie damals, als ich noch ein Kind war. Auch die Schürzen der Kellnerinnen sind unverändert – sie sind immer noch blassblau, spitzenbesetzt und mit winzigen hellroten Rosen gemustert. Ohne mich zu fragen, was ich gern hätte, bestellt Fran zwei Tassen Lavendel Earl Grey und hält dann auf den runden Tisch in der Ecke beim Fenster zu, denselben Tisch, den unsere Mutter immer zielstrebig ansteuerte, wenn sie uns als Kinder nach unserem samstäglichen Ausflug zur Bibliothek hierherbrachte. Es war etwas, das wir uns am Wochenende immer gönnten, wie sie es nannte.
    Also schön, Kinder – wollen wir unsere ausgeliehenen Bücher hervorholen und eins lesen, während wir unseren Schokoladenfondant-Kuchen verspeisen?
    »Warum bin ich hier?«, will ich von Fran wissen.
    Sie kneift die Augen zusammen und mustert mich scharf. »Ist es wegen Benji?«, fragt sie. »Muss es ja wohl.«
    »Was ist wegen Benji?«
    »Ist er der Grund, warum du so sauer auf mich bist?«
    »Ich bin nicht sauer auf dich.«
    »Wenn du nicht jeden Dienstagabend auf ihn aufpassen willst, brauchst du nur einen Ton zu sagen. Ehrlich gesagt, Anton und mir gefällt es auch nicht besser als dir. Es ist, als hättest du ein Teilzeitnutzungsrecht an unserem Sohn. Oft wollen wir am Dienstag mal als Familie etwas unternehmen, aber es geht nicht – es ist ja in Stein gehauen, dass du Benji nehmen musst. So kommt es mir jedenfalls manchmal vor.« Fran seufzt. »Ich weiß gar nicht, wie oft ich fast angerufen hätte, um dich zu fragen, ob es okay für dich wäre, wenn wir ihn ausnahmsweise mal bei uns behalten, aber dann habe ich mich davor gedrückt, aus Angst, du könntest gekränkt sein. Was lächerlich ist. Warum habe ich nur solche Angst davor, ehrlich mit dir zu sein? Früher hatte ich das nicht.« Ich kann nicht genau sagen, ob sie auf sich selbst wütend ist oder auf mich.
    Ein Teilnutzungsrecht an unserem Sohn . Diese Formulierung ist ihr nicht gerade eben erst eingefallen. Sie und Anton haben über mich und Kit gelästert – wahrscheinlich genauso sehr, wie wir über sie herziehen.
    Nachdem ich zum ersten Mal auf Benji

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