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Das Fremde Mädchen

Das Fremde Mädchen

Titel: Das Fremde Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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aus einer anderen Gegend kommen. Aber das ist schwer zu glauben. Audemar achtet gut auf seine Ländereien.«
    »Sollen wir jemand schicken und eine Trage holen, Mylord?«
    fragte der Verwalter. »Sie ist nicht schwer, wir könnten sie auch in ihrem Mantel tragen.«
    »Nein, den Weg können wir uns sparen. Aber Ihr, Edred, Ihr nehmt Jehan mit Euch und geht nach Elford. Findet heraus, was man dort über sie weiß, fragt, ob jemand sie gesehen und gesprochen hat. Nein, nehmt zwei Männer mit Euch. Ich will Euch auf der Straße nicht gefährden, falls hier wirklich herrenlose Männer unterwegs sind.«
    Der Verwalter nahm den Auftrag zur Kenntnis und nahm eine Fackel, die ihm den Rest des Weges leuchten sollte. Der harzige Funke wurde immer kleiner, als sie gen Elford gingen, und verschwand schließlich in der Nacht. Die Männer, die zurückgeblieben waren, wandten sich zur Leiche und hoben sie zur Seite, um den Mantel zu befreien und unter ihr auszubreiten. Als die Tote angehoben wurde, war eine Frage eindeutig beantwortet.
    »Unter ihr liegt Schnee«, sagte Cadfael. Die kleine Gestalt war dunkel und feucht, wo durch die Körperwärme der Schnee getaut war. Wo aber die Säume und Falten ihrer Kleider nur leicht auf dem Boden gelegen hatten, war ein zackiger Rand von Schnee geblieben. »Sie stürzte nach Beginn des Schneefalls. Sie war auf dem Heimweg.«
    Leicht und schlaff fühlte sie sich an. Die Kälte ihres Körpers war Frost, nicht Leichenstarre. Sie wickelten sie eng in ihren Mantel ein und sicherten sie mit zwei oder drei Gürteln und Cadfaels Cingulum, um Griffe zu bekommen. So trugen sie sie die Meile bis Vivers zurück.
    Die Menschen im Haus waren noch wach und aufgeregt, sie konnten nicht schlafen, ehe sie nicht wußten, was geschehen war. Eines der Mädchen sah den kleinen Trauerzug zum Tor hereinkommen und rannte klagend zu Emma. Als sie Edgythas Körper in die Halle hinauftrugen, waren alle Mädchen wieder wie ein Vogelschwarm versammelt und drängten sich zum Trost eng aneinander. Emma übernahm mit größerer Entschlossenheit, als man sie dieser sanften, zurückhaltenden Person zugetraut hätte, das Kommando. Sie scheuchte die Mädchen mit einer Grobheit, die ihnen die Tränen austrieb, ans Werk. In einer der kleinen Kammern sollte ein Tisch in eine Bahre umgewandelt werden, die Gliedmaßen der Toten mußten ausgebreitet werden, Wasser mußte erwärmt werden, man brauchte duftende und saubere Leintücher aus den Kisten in der Halle, um die Tote zu bedecken. Die Bestattungszeremonien dienen ebenso den Lebenden wie den Toten, denn mit ihnen sind Hände und Köpfe beschäftigt, und in ihnen findet man den Ausgleich für die Dinge, die zu Lebzeiten des Verstorbenen unterlassen oder in übler Absicht getan wurden. Kurz darauf hatte sich das Gemurmel halblauter Stimmen in der Totenkammer von Entsetzen und Empörung in einen sanften, fast harmonischen Trauergesang verwandelt.
    Emma kam in die Halle heraus, wo sich die Männer am Feuer die ausgekühlten Füße wärmten und ihre tauben Hände rieben.
    »Cenred, wie ist so etwas nur möglich? Wer sollte so etwas tun?«
    Niemand wollte ihr antworten, aber sie hatte auch keine Antwort erwartet.
    »Wo habt ihr sie gefunden?«
    Darauf antwortete ihr Mann, während er sich müde die gefurchte Stirn rieb. »Ungefähr auf halbem Wege nach Elford auf der Nebenstraße. Sie lag neben dem Weg. Und sie konnte dort noch nicht lange gelegen haben, denn unter ihr war Schnee. Sie war auf dem Rückweg, als jemand sie niederschlug.«
    »Dann glaubst du«, sagte Emma leise, »daß sie in Elford war?«
    »Wo sonst, wenn wir sie auf diesem Weg fanden? Ich habe Edred nach Elford geschickt, um zu fragen, ob sie dort eintraf und wer mit ihr sprach. Die Männer müßten in etwa einer Stunde zurück sein, aber der Herr weiß, welche Neuigkeiten sie zu berichten haben.«
    Vorsichtig wichen sie beide der entscheidenden Frage aus und ließen Roscelins Namen ebenso unerwähnt wie den Grund für Edgythas Gang in dieser Winternacht. Natürlich wußten inzwischen alle Dienstboten und Knechte in den Ställen Bescheid, und der ganze Haushalt von Vivers hatte sich unbehaglich versammelt. Hausdiener sammelten sich in ängstlichen Gruppen in den Ecken der Halle, andere kamen herbei, lugten über ihre Schultern und waren nicht imstande, sich ihren normalen Aufgaben zu widmen oder Ruhe zu finden, solange niemand sie auseinandertrieb. Nur wenige, wenn überhaupt einer, war in das Geheimnis um Roscelins

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