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Das Fremde Mädchen

Das Fremde Mädchen

Titel: Das Fremde Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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ungesetzliche Liebe eingeweiht, aber viele machten sich ihre Gedanken, da Helisende so eilig die Ehe schließen wollte.
    Vorsicht war angebracht, wenn man vor so vielen Ohren sprach.
    Und nun kam, um alles noch komplizierter zu machen, Jean de Perronet aus seiner Kammer herunter, wo er sich aus Höflichkeit, jedoch ohne Schlaf zu finden, niedergelegt hatte. Er trug immer noch seine Reisekleidung. Auch Bruder Haluin kam besorgt und schweigend herbei. Alle, die unter dem Dach von Vivers lebten, zog es allmählich und fast verstohlen in die Halle.
    Nein, nicht alle. Cadfael sah sich in der Versammlung um und vermißte ein Gesicht. Alle waren versammelt, nur Helisende war nicht da.
    De Perronet hatte anscheinend gründlich nachgedacht, seit er sich dem Wunsch des Gastgebers gefügt und auf die Teilnahme an der Suche verzichtet hatte. Gefaßt und ernst trat er in die Halle, gab nicht zu erkennen, was in seinem Kopf vorging. Er ließ sich Zeit, den stummen, traurigen Kreis anzusehen und warf schließlich einen langen, festen Blick zu Cenred, der die dampfenden Stiefel über das Herdfeuer hielt und mit gesenktem Kopf in die Glut starrte.
    »Ich habe den Eindruck«, sagte de Perronet vorsichtig, »daß die Suche nicht gut ausging. Habt Ihr Eure Dienerin nicht gefunden?«
    »Doch, wir haben sie gefunden«, erwiderte Cenred.
    »Geschlagen? Etwa tot? Ihr wollt mir doch nicht sagen, daß sie tot ist?«
    »Das ist sie, und nicht wegen der Kälte. Erstochen wurde sie«, sagte Cenred offen heraus, »und am Wegesrand liegengelassen. Und kein Zeichen einer anderen Menschenseele haben wir auf dem Weg entdeckt, auch wenn es noch nicht lange her ist. Kurz nachdem der Schneefall begann, muß es geschehen sein.«
    »Achtzehn Jahre war sie bei uns«, erklärte Emma, während sie elend die Hände rang. »Die arme Seele, die arme Seele.
    Daß sie so enden muß – niedergeschlagen von einem Vagabunden, um in der Kälte zu sterben. Nicht um alles in der Welt hätte ich ihr so einen Tod gewünscht.«
    »Es tut mir leid«, sagte de Perronet, »daß so etwas in einem solchen Augenblick geschehen muß. Ob es eine Verbindung zwischen dem Grund für meine Anwesenheit hier und dem Tod dieser Frau gibt?«
    »Nein!« riefen Mann und Frau gleichzeitig, die den Gedanken lieber vor sich selbst zurückwiesen, als den Gast anzulügen und zu täuschen. »Nein«, sagte Cenred leiser, »ich bete, daß es keine Verbindung gibt, ich vertraue darauf. Es ist ein unglückliches Ereignis, aber dennoch ein Zufall.«
    »Solche unglücklichen Zufälle gibt es«, räumte de Perronet ein, offensichtlich nicht ganz überzeugt. »Nicht einmal Feier und Eheschließungen werden von ihnen verschont. Wollt Ihr die Trauung lieber aufschieben?«
    »Nein, warum? Es ist unser Kummer, nicht der Eure. Aber es handelt sich hier um einen Mord, also muß ich nach dem Sheriff schicken und den Mörder jagen lassen. Soweit ich weiß, hat sie hier keine lebenden Verwandten, und es ist an uns, sie zu bestatten. Wir werden tun, was nötig ist. Aber das muß auf Euch keinen Schatten werfen.«
    »Ich fürchte, auf Helisende ist schon ein Schatten gefallen«, sagte de Perronet. »Ich glaube, die Frau war ihre Amme und ihr sehr teuer.«
    »Um so rascher solltet ihr sie von hier fortführen, damit sie in ihrem neuen Heim ein neues Leben beginnen kann.« Zum erstenmal, seit er hereingekommen war, sah er sich nach Helisende um und erschrak, als er sie nicht unter den Frauen entdeckte, schien andererseits aber erleichtert, daß sie nicht durch ihre Anwesenheit eine ohnehin schon komplizierte Angelegenheit noch schwieriger machte. Wenn sie tatsächlich eingeschlafen war, um so besser, dann sollte sie schlafen und erst am Morgen die schlimmen Neuigkeiten hören.
    Die Dienerinnen huschten durch das Zimmer und brachten Edgytha in einen ansehnlichen Zustand. Weiter konnten sie nichts tun, und allmählich wurden die unruhigen Mädchen, die nur noch stumm und ängstlich in Gruppen beisammen standen, zur Bedrückung. Cenred überlegte, wie er sie am besten loswerden konnte.
    »Emma, schick die Frauen ins Bett. Es gibt hier nichts mehr zu tun, sie brauchen nicht zu warten. Und ihr Burschen, ihr geht jetzt auch zu Bett. Es ist alles getan, was getan werden konnte, solange Edred nicht aus Elford zurück ist. Es ist nicht nötig, daß das ganze Haus auf ihn wartet.« Zu de Perronet sagte er: »Ich habe ihn mit zwei anderen Männern zu meinem Oberherrn geschickt, um diesen vom Todesfall in Kenntnis zu setzen.

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