Das fünfte Buch: Neue Lebensläufe. 402 Geschichten (German Edition)
darüber hin. Die norwegischen ERDÖLFÖRDERUNGSBERATUNGSUNTERNEHMEN , die auch das Zubehör und die Ingenieure verleihen, halte ich für Räuber. In den Märchen meiner Heimat (Rußlands Süden) sind es oft Briganten, die eine Braut entführen und letzten Endes glücklich machen. Hoffen wir das Beste bezüglich des Verhältnisses zwischen Norwegen und Rußland.
Im Hafen von Archangelsk stapeln sich die Eisenteile für fünf Bohrinseln, die in der kurzen Sommerphase am Kontinentalsockel unserer Barentssee installiert werden sollen. Sie festigen sich, indem sie einfrieren. Gott sei Dank können Berater nicht befehlen. So wirkt sich die Beteiligung der BP am Projekt unserer Schatzhebung auf uns Praktiker nicht unmittelbar aus. Vielmehr wird die neue Beteiligung nur im künftigen Vertrieb, im Absatz, in der Form der Verträge wirksam. Wir hier oben errichten unsere Stützpunkte in Unabhängigkeit und bereiten die Bohrungen vor, die einerseits Öl aus den warmen Gesteinen unten in die Kälte heraufholen, aber auch unseren vaterländischen Anspruch auf das Schelf und die daran anschließenden Tiefseerücken bis fast zum Nordpol hin dokumentieren. Insofern sind wir Gleichnis und Wirklichkeit.
Wenn sich im Herbst die Schneemassen über die Küsten und das Eis legen, schläft alle Bewegung ein. Man hat geglaubt, daß Benzin und Kleinflugzeuge, auch Schlitten und Eisbrecher die Lethargie dieser Erdzone verändern könnten. Das trifft nicht zu – wie auch deutsche Teilnehmer des Zweiten Weltkriegs bestätigen –, wenn in Körper und Hirn der Menschen die Kälte von draußen einwirkt. Man hält dann Bewegung nicht für möglich, die dadurch stirbt. Um mit Kältewüsten umzugehen, ist statt Treibstoff eine klare, eine hitzige Idee notwendig, speerspitzenartig. Die Vorstellung eines gigantischen Vorteils in den Gemütern, wie sie Goldsucher in sich hervorbringen, ist das Transportmedium in der nordischen Kälte. Dazu muß einer in Norwegen erzogen worden und in die Schule gegangen sein, im Fjord abgeschnitten von der übrigen Welt. Innerhalb von zehn Generationen staut sich so die Energie der Vorfahren, die nur durch Ausbruch überhaupt geistig überleben konnten. Ich würde diesen Treibstoff GIER nennen, ich sehe jemandem diese Eigenschaft an, der ins Zimmer hereintritt.
Eissturm an der Front vor Moskau
Es müßten zwei Armeen in Reserve stehen, sagt Generalfeldmarschall Fedor von Bock, der gegen 17 Uhr am 1. Dezember 1941 mit dem Oberkommando des Heeres telefoniert. An sich brauchen wir, fährt er fort, keine Waffen zur Bekämpfung der Russen, sondern eine Waffe zur Bekämpfung des Wetters. Nichts von diesem Geschehen im Osten ist in den Häusern Deutschlands unmittelbar wahrzunehmen.
Dr.-Ing. Fred Sauer, ehemals Siemens, für die Versuchsabteilung des Heereswaffenamtes tätig, untersucht die Anatomie von Mammuten. Ließ sich aus den kurzen Rümpfen und gedrungenen Körpern dieser erfahrenen Riesen der Kaltsteppe (die es mit ihren staubigen, immerwährenden, extrem kalten Ostwinden im Jahr 1941 nicht mehr gibt) eine winterfeste Panzerwaffe entwickeln? In den gewaltigen Säulenbeinen, so Fred Sauer, wärmte das sauerstoffhaltige Blut, das aus dem Körper dieser Tiere nach unten strömte, das verbrauchte kalte Blut, das zum Körper hinaufstieg. Das war ein Hinweis auf die Möglichkeit, durch doppelte Kreisläufe in den Motoren (einer zur Erwärmung des Gerätes und einer für den Antrieb) eine Aushilfe gegen die Tücke des russischen Winters zu finden. Das Projekt kommt für die Entscheidung in diesem Jahr zu spät.
Der Monat Dezember 1941 war durch Zeitarmut charakterisiert.
21999 v. Chr.
Eiszeit. Man muß sich diesen Höhepunkt der Kälte (noch immer leben wir in derselben Periode der Eiszeit, aber nicht in der Großen, sondern der Kleinen) klimatisch so vorstellen wie einen Spätnachmittag im Engadin im Dezember, sagte der wissenschaftliche Sekretär des Mammutkomitees der Russischen Akademie der Wissenschaften Alexej Tichonow. Nicht kälter? fragte Sylvie Charbit zurück. Kalt genug, wenn Sie kein Heizmaterial in der Nacktsteppe finden und die Wohnsitze fehlen.
Eine Wettervorhersage hätte in jenen Tagen so gelautet, fuhr der Russe fort: Europa liegt seit zwei Jahren unter einer Hochdruckzone. Der stetige Wind, der vom Packeis herweht, bringt sehr kalte, trockene Luft in die Region. Ein Ende der extremen Trockenheit, des stetigen Winds von Nordost, der viel Staub mit sich trägt, ist in den nächsten 4000 Jahren
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