Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Fuenfte Evangelium

Das Fuenfte Evangelium

Titel: Das Fuenfte Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
Vom Netzwerk:
heiligen Mutter Kirche.«
    Da sprang der alte Felici auf, er wollte sich über Kardinal Agostini hinweg auf Berlinger stürzen, aber bevor es dazu kam, erhob sich Agostini, ein Hüne von Mann, und drückte die Kampfhähne zur Seite. Während Felici ein Kreuzzeichen schlug und die Hände faltete, verwendete Berlinger unendlich viel Zeit, um zwei Knöpfe seiner Soutane, die in der Erregung aufgesprungen waren, zuzuknöpfen.
    Manzoni erhob sich umständlich und sagte: »So, meine Brüder, kommen wir nicht weiter. Aber geben Sie mir vier oder fünf Tage Zeit. Vielleicht löst sich das Problem ganz von selbst.«

Zehntes Kapitel
    V IA B AULLARI 33 zwielichtig
1
    M it den ersten wärmenden Strahlen der Februarsonne werden vor dem Café George V. auf den Champs-Elysées Tische und Stühle auf die Straße gestellt, und die Menschen sitzen in Mänteln und lassen das bunte Treiben von Paris Revue passieren. Es war Februar, aber es waren nicht ganz so viele Gäste wie gewöhnlich; Männer, die versuchten, irgend etwas darzustellen, was sie nicht waren, und Mädchen, die versuchten, das, was sie waren, zu vertuschen. Sie rauchten Zigaretten und schlürften Kaffee, und bisweilen nötigte eine dem anderen einen Blick ab, oder einer versuchte sich zu einem verkrampften Lächeln.
    Am Tag zuvor war Anne von Seydlitz in Paris eingetroffen, um Kleiber zu suchen. Am Telefon hatte er sich nicht gemeldet; obwohl sie es mehrmals versucht hatte, hatte immer nur ein Mann in einer unbekannten Sprache geantwortet, die sie nicht verstand. Nun saß sie im Café George V. und beobachtete den Ober in einer langen weißen Schürze, der mit Hingabe die große Glasscheibe putzte, welche den Straßenlärm von den Gästen abhalten soll.
    Sie hatte sich gleich nach ihrer Ankunft zu Kleibers Wohnung an der Avenue de Verdun zwischen Canal Saint Martin und Gare de l'Este begeben, dort jedoch drei Männer angetroffen, ziemlich finstere Typen, die nur Arabisch oder Persisch sprachen und sie gestenreich aufforderten einzutreten, eine Aufforderung, der sie dann aber, nachdem sie bei Nennung des Namens Kleiber nur verständnislos die Schultern hoben, lieber nicht nachkommen wollte.
    Ihre Gedanken irrten hin und her, und obwohl ihr zunehmend klar wurde, daß irgend etwas nicht stimmte an dieser Situation, war sie zwar rat- aber nicht mutlos. Dazu hatte sie zuviel erlebt in letzter Zeit. Annes Argwohn war schon in Bari gewachsen, wo es das von Kleiber genannte Hotel ›Castello‹ nicht gab. Zuletzt hatten sie sich in Elasson gesehen, wo sich ihre Wege trennten. Mein Gott, ihm mochte doch nichts zugestoßen sein! Sie liebte ihn doch, diesen Kleiber!
    Aus ihrer Handtasche zog Anne von Seydlitz zwei Münzen hervor, legte sie auf die runde Glasplatte des Tischchens und ging. Sie hatte eine Telefonzelle im Auge und suchte in ihrer Manteltasche nach Kleingeld. Das Telefonbuch in der Zelle war, wie überall, zerfleddert, aber sie fand sofort die Nummer, die sie suchte: Redaktion ›Paris Match‹, Rue Pierre-Charon 51. Noch bevor die Verbindung zustande kam, hielt Anne inne. Sie verließ die Telefonzelle und winkte ein Taxi herbei. »Rue Pierre-Charon!« sagte sie dem Fahrer durch das Fenster und nahm im Fond Platz.
    Der freundliche Pförtner im Verlagshaus, ein Franzose mit Schnauzbart und lustigen Äuglein, meinte auf ihre Bitte, sie wolle Monsieur Adrian Kleiber sprechen, der Monsieur sei schon seit drei Jahren nicht mehr bei ›Paris Match‹, es könnten auch vier sein. Anne ließ sich nicht entmutigen. Die vergangenen Monate hatten sie vieles gelehrt, vor allem eine gewisse Hartnäckigkeit. Also bat sie, der Pförtner möge sie beim Chefredakteur des Blattes – wie war doch gleich der Name? – Déruchette – melden. Sie sei eine Freundin von Kleiber aus Deutschland.
    Nach einem längeren Telefongespräch, während dem sie der Pförtner prüfend musterte, wies er ihr den Weg zum Aufzug und nannte die Zimmernummer 504. Die Vorzimmerdame empfing Anne mit dem gleichen abschätzenden Gesichtsausdruck wie der Portier; höflich, aber ziemlich kühl bat sie die Besucherin in das Zimmer des Chefredakteurs.
    Déruchette zeichnete sich zuallererst dadurch aus, daß in seinem linken Mundwinkel eine Zigarette hing, die er nur im äußersten Notfall aus demselben entfernte. Ein solcher Notfall schien die Begrüßung der rätselhaften Dame aus Deutschland zu sein, jedenfalls angelte er den halblangen Stummel mit Daumen und Zeigefinger seiner Linken aus dem Mund, streckte

Weitere Kostenlose Bücher