Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)
der Zugehörigkeit. Meist drei Punkte am Daumen, die sind unauffälliger.«
Ich nickte. »Die hab ich schon mal gesehen.«
Nur wo?
»Fiete zeigt, wer er ist«, fuhr Danner fort. »Das lässt vermuten, dass er zumindest eine Zeit lang eher für das Leben hinter Gittern geplant hat als für draußen. Denn den Alltag macht das Ding ja nicht unbedingt leichter. Aber es zählt richtig was, wenn er das nächste Mal einwandert. Dann wissen alle sofort, dass er schon mal lange gesessen hat, und haben Respekt.«
Ich betrachtete nachdenklich das Polizeifoto. Auf dem Bild war Fiete jünger und guckte mit Gangsterblick in die Kamera. Heute machte er einen deutlich fröhlicheren Eindruck.
Danner pfiff durch die Zähne, als er sich die Vorstrafen unseres neuen Freundes ansah. Die Liste erreichte die Länge des Aldibons einer fünfköpfigen Familie.
»Respekt.«
Pünktlich zur Strafmündigkeit mit vierzehn war Fiete der Polizei zum ersten Mal aufgefallen, das war vor vierzig Jahren gewesen. Hauptsächlich durch Ladendiebstahl machte er sich bei den Gesetzeshütern bekannt: Zigaretten und Spirituosen. Fünf Mal hatte er sich beim Klauen einer Flasche Wodka erwischen lassen, was nicht gerade auf ein gottgegebenes Talent für diese Tätigkeit schließen ließ. Eine leichte Körperverletzung sowie Fahren ohne Führerschein standen ebenfalls auf der Liste. Die Quittung waren mehrere Jugendstrafen auf Bewährung. Bis Fiete – endlich volljährig – wegen Körperverletzung das erste Mal für ein Jahr im Gefängnis verschwand.
Mit zwei Komplizen zusammen folgte eine Serie bewaffneter Raubüberfälle auf Kioske, für die er mit Ende zwanzig fünf Jahre hinter Gitter ging. Der lange Knastaufenthalt schien endlich Wirkung gezeigt zu haben, denn danach geriet Fiete nicht mehr nennenswert mit dem Gesetz in Konflikt. Eine Beamtenbeleidigung war noch im letzten Jahr vermerkt worden. Dank der vielen Vorstrafen hatte man ihm eine stramme Bewährung verpasst.
Diese Bewährung lief noch.
Staschek kehrte mit Kaffee zurück. Er stellte die Becher auf den Schreibtisch und beugte sich über Danners andere Schulter.
»Da habt ihr ja einen fetten Fisch an der Angel«, bemerkte er.
Ich sah Jagdfieber in Stascheks sonst so sanften Kastanienaugen aufleuchten, als er sich auf den Schreibtisch stützte und sich in die Liste mit Fietes Vorstrafen vertiefte.
»Vergiss es, Lenny.« Danner ließ die Daten mit einem Klick verschwinden. »Das ist unser Fall, du wolltest ihn nicht. Glaub nicht, dass du mitschnüffeln kannst, wenn es spannend wird.«
»Sabine! Guck mal, was ich hier habe!«
Fietes Schrebergarten befand sich neben Ullis Garage. Es war das Eckgrundstück, das eine akkurat gestutzte Buchsbaumwand vor neugierigen Blicken abschirmte.
Eine Tatsache, die nicht nur Danner und mich, sondern auch Obergärtner Bengel zu wurmen schien. Denn der blieb bei seiner täglichen Gartenbegehung jedes Mal vor der Holztür stehen, die Fiete in einen Rahmen aus Buchsbaum eingepasst hatte.
Hinter der Hecke krähte ein Hahn.
»Fiete hat bei der Vereinssitzung die Hühnerhaltung für den Eigenbedarf angemeldet«, erklärte Bengel Danner und mir, wohl um jeder Idee, Federvieh auf unserer Parzelle zu beherbergen, vorzubeugen. Der erste Vorsitzende schlenderte davon.
Doch Fietes Hahn interessierte uns wenig.
»Sabinchen«, säuselte Fiete hinter der Buchsbaumwand.
Konnte es sein, dass sich Bine Kopelski die ganze Zeit hinter dieser grünen Wand versteckte? Keine hundert Meter von ihrem Mann und uns entfernt?
»Fiete?« Danner klopfte polternd an die hölzerne Tür. »Biste schon wach?«
»Momentchen!« Hinter der Tür rasselte es, als würden mehrere Sicherheitsketten entfernt. Dann schwang die Gartenpforte auf. Fiete hielt in der einen Hand einen Hafereimer, unter dem anderen Arm ein braunes Huhn.
»Nachbarn«, begrüßte uns der ehemalige Kioskräuber jovial. »Was gibt’s?«
»Wegen dem Teich.« Ich bedachte Fiete mit einem hilflosen, himmelblauen Augenaufschlag. »Ich hab mir was mit Wasserlauf vorgestellt. Und Seerosen. Hast du zufällig noch eine Folie da? Ungefähr dreißig Quadratmeter?«
Fiete zwirbelte an seinem Bart. »Zwei Euro pro Quadratmeter.«
Danner kramte sein Portemonnaie hervor.
»Und kannst du uns auch einen Minibagger besorgen?«
»Ich kann dir alles besorgen, Schätzken«, zwinkerte Fiete mir zu. Weil er sich wie magnetisch angezogen auf die Geldscheine in Danners Hand zubewegte und dabei die Tür freigab, konnte ich an ihm
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