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Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)

Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Abendbrot vergessen hatte.
    Nummer 68 war das erste Haus des zweiten Komplexes der Reihe ehemaliger Zechenarbeiterhäuschen.
    Ein Mann öffnete der Pizzalieferantin. Das Alter des Typs ließ sich schlecht einschätzen. Dünn und schlaksig war er. Jeans und Turnschuhe, mit Gel in die Höhe gestrubbelte Haare und eine dicke, eckige Hornbrille auf seiner dünnen Nase ließen ihn wie einen Realschüler wirken. Die Ringe und Falten um die Augen hinter der Brille zeugten von fehlendem Schlaf. Er passte ganz gut zu meiner Vorstellung eines Computersüchtigen.
    »Die achtundsechzig«, sagte die Pizzabotin.
    Danner joggte mit ein paar raschen Schritten durch den Vorgarten und legte die Zeitung auf den Karton, der die Teigfladen enthielt.
    Unterdessen machte ich mich auf den Weg zum nächsten Hauseingang. Zu zweit kamen wir mit dem Ausliefern zügig voran.
    Huch! Ein Bewegungsmelder sprang an.
    Erschrocken fuhr ich zusammen, als ich im aufflammenden Licht eine weiße Gestalt im Hauseingang entdeckte.
    Ein Gespenst?
    Beim zweiten Hinsehen verwandelte sich das Gespenst in eine dürre, alte Frau, die im hellen Morgenmantel auf dem Plastiksitz eines Rollators hockte. Weiße Haarsträhnen hingen über knochige Schultern, runzlige Wangen fielen unter hervorquellenden Augen nach innen, blau geäderte Füße standen nackt auf den Fliesen im Windfang.
    Ich meinte, Alkohol zu riechen.
    »Guten Morgen«, grüßte ich, nachdem ich mich vom ersten Schreck erholt hatte.
    Die Alte musterte mich grimmig. »Was glotzt du so blöd?«
    Ich hielt ihr das zusammengerollte Blatt hin: »Ihre Zeitung, Frau …«, ich las das Klingelschild, »Sprack.«
    »Werd bloß nicht frech!« Das Gespenst schnappte mir das Blatt aus der Hand. »Und glotz mich nicht an, hab ich gesagt!«
    Blitzschnell hatte sie die Zeitung zusammengefaltet, ausgeholt und mir um die Ohren geschlagen.
    »Hilfe! Überfall! Hilfe!«, kreischte sie, rutschte mit ihrer Gehhilfe zurück in den Hauseingang und donnerte die Tür zu.
    Verblüfft stand ich da. Das Gespenst war verrückt. Wahrscheinlich hatte es mit seinem Auftritt die gesamte Nachbarschaft hinter den hellhörigen Reihenhauswänden geweckt. Und irgendein hilfsbereiter Nachbar hetzte uns in diesem Augenblick die Polizei auf den Hals.
    Tatsächlich ging jetzt das Licht neben der nächsten Haustür an. Der Mann, der sich unter dem Türrahmen hindurchbückte, war hauptsächlich riesig. Und leicht übergewichtig, doch bei seiner Körpergröße verteilten sich die überflüssigen Pfunde bequem. Volles, graues Haar schmiegte sich an die Schläfen seines quadratischen Gesichts. Seine Haltung war lässig, was nicht recht zu den dünnen, haarigen Beinen passen wollte, die aus seiner fliederfarbenen Pyjamahose ragten und in Badelatschen endeten.
    Suchend sah er sich nach der Ursache des Geschreis um. Er war bestimmt über sechzig, hatte sich aber gut gehalten. Das Gesicht war faltenfrei, das volle Haar gekämmt, das Kinn rasiert.
    Jetzt sah Danner aus, als stünde er vor einem Geist. Ich bemerkte es, weil ich durch den Vorgarten der verrückten Frau auf ihn zulief. Doch Danner fing sich beinahe sofort wieder und brachte dem Riesen seine Zeitung.
    »Guten Morgen, Herr Mattek.«
    Irgendwo ganz hinten in meinem Kopf klickte es. Den Namen hatte ich schon mal gehört.
    Der Riese musterte Danner mit nachdenklichem Gesicht. Interessanterweise bildete sich auch dabei keine einzige Falte auf seiner Stirn.
    »Danner«, begrüßte der Pyjamaträger den Detektiv. »Tragen Sie jetzt die Zeitung aus?«
    »Von irgendwas muss man ja leben«, grinste Danner schulterzuckend. »Die Geschäfte laufen im Moment nicht. Die Wirtschaftskrise lässt uns alle darben.«
    »Sie veräppeln mich. Sie haben doch neulich erst diesen Todesengel-Fall aufgeklärt.«
    »Wer eine Frau hat, braucht sich ums Geldausgeben keine Gedanken zu machen.«
    Wie bitte?
    Doch der Mann in der Haustür lachte, als hätte Danner einen Witz gerissen. Danners Blick wanderte unterdessen an der schmalen Reihenhausfassade hinauf. »Und Sie leben nicht mehr in der Innenstadt?!«
    Der Riese verschluckte sich an seinem Lachen.
    »Zurzeit nicht.« Erst jetzt schien er zu bemerken, dass er im Pyjama vor Danner stand. Er trat einen Schritt ins Haus zurück.
    »Ist die Sprack wieder stramm, dass die hier so rumbrüllt?«, wechselte er unvermittelt das Thema. »Seien Sie vorsichtig, im Suff wird sie schnell aggressiv. Ihre Vorgängerin hat sie mit einem Messer angegriffen.«
    Danner wurde

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