Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)
unwillkürlich. Mein Blick flitzte von Fiete und Babyface über Matthias Hesskamp und Alwin Kopelski zu Danner.
Klar. Und ich kannte sie ebenfalls. Mein Vater hatte sie mir eingeprügelt. Aber egal, wie hart er zugeschlagen hatte: Auch ich war nicht zurückgewichen. Im Nachhinein ein ganz gutes Gefühl.
»Was wollen Sie mit den ganzen Hühnern?«, biss Babyface sich weiter fest. »Sie verspeisen wohl kaum jeden Tag eines.«
»Ich versorge meine Kumpel mit Eiern.«
»Umsonst?«
»Natürlich umsonst!«
»Pfffft!«, machte Babyface verächtlich. »Sie haben einen hübschen kleinen Nebenverdienst zu Ihren Hartz-IV-Bezügen am Laufen.« Er richtete seinen erhobenen Zeigefinger auf Fietes Nase. Nur Zentimeter trennten seine Hand von Fietes Gesicht.
»Ich kassiere keine Kohle von meinen Freunden«, zischte der.
Das war nicht mal gelogen, hier zahlte man ja mit Bier.
»Aber ich breche dir deinen Finger, wenn du ihn nicht runternimmst. Dann können wir auf dem Präsidium weiterreden. Sobald du aus dem Krankenhaus raus bist.«
Fiete sah tatsächlich aus, als könnte er jeden Moment eine neue Körperverletzung begehen.
Babyface schluckte. Er vergewisserte sich, dass sein Kollege noch neben ihm stand. Doch Matthias Hesskamp betrachtete gerade nachdenklich den schicken, gelben Sandstein unter seinen Füßen. Die naturbelassenen Platten waren unterschiedlich groß mit unregelmäßigen Kanten.
Etwas zu schnell ließ Babyface seinen Zeigefinger sinken.
»Verzieh dich, solange du noch kannst.« Fiete machte einen raschen Schritt auf den Beamten zu.
Der zuckte zurück und fauchte: »Drohen Sie etwa einem Polizisten?«
»War nur ein gut gemeinter Rat«, grinste der Schrebergärtner.
Matthias Hesskamp scharrte mit den Füßen, als wollte er klebrige Hühnerscheiße an den gelben Steinplatten abstreifen. »So schnell wirst du uns nicht los, Fiete.«
Klick.
Hier versteckt sie sich also. Innenstadt. Ein neues Wohngebäude. Sechsstöckig. Roter Klinker mit Balkonen aus grün lackiertem Metall. Direkt am Bergbaumuseum. Der rechte Balkon ganz oben.
Stockrosen in Keramikkübeln. Ein Blumenmeer. Handtellergroße Blüten. In Violett und Weiß. Ein violett gestrichenes Holztischchen neben einem Liegestuhl.
Ein dickes Buch in ihren Elfenhänden.
Die unendliche Geschichte. Der Zoom macht es möglich. Eine Träumerin. Zu schön, um wahr zu sein. Sie sucht noch immer den einen. Seelenverwandten. Der mit ihr geht. Sie begleitet. Und begehrt.
Keine Angst, du wirst begehrt, meine Elfe.
19.
Die Polizisten staunten nicht schlecht, nachdem sie die dicken, verzinkten Riegel von Fietes Schuppen gelöst und die Flügeltüren geöffnet hatten.
Fiete besaß an die hundert gut sortierte Marmeladengläser, gefüllt mit verschiedensten Schrauben, Nägeln, Dübeln und Muttern, mehrere Kilometer Gartenschlauch samt Duschköpfen und Wasserhähnen, Klappstühle aus Tropenholz und eine Ersatztoilette. Außerdem gut fünfzig angebrochene und noch verschlossene Farbeimer, eine Kinderschaukel aus Plastik, eine rostige Rutsche, Klappstühle aus Metall, Holzbretter in allen Längen, unbenutzte Grillgeräte, einen Stapel Waschbetonplatten, Klappstühle aus Plastik, Pumpen und Filter für Teichanlagen, kartonweise Fischfutter, nagelneue DVD-Player, Folien, Abdeckplanen und Teichschalen. Es gab einen Rasenmäherfuhrpark, ein Arsenal an Sensen, Kettensägen, Baumschneidern, Astkneifern, Heckenscheren mit Motor, mehrere Werkzeugkisten, Akkuschrauber, Bohrmaschinen, einen Dampfreiniger und einen Presslufthammer.
Am meisten bewunderten die Beamten jedoch den in einem hübschen Bogen angelegten Gartenweg aus gelbem Natursandstein.
Der gleiche teure Bodenbelag verbreitete im Vorgarten der Hesskamps sonnige Strandatmosphäre. Welch Zufall, dass während der Pflasterarbeiten vor zwei Jahren eine gute Tonne Material über Nacht aus dem hesskampschen Vorgarten verschwunden war. Dem Polizisten war es damals ein Rätsel gewesen, wie Diebe die schwere Beute, ohne Aufsehen zu erregen, hatten abtransportieren können.
Ich hingegen konnte mir jetzt, nach unseren ersten Erfahrungen als Neuschreber, gut vorstellen, wie Fiete, Bodo, Kröte und Sergej nachts mit Schubkarren angerückt waren. Mit vereinten Kräften war Hesskamps Pflaster garantiert in Minuten aufgeladen und lautlos in den Schrebergärten um die Ecke verschwunden gewesen.
Zusammen mit Fietes aktueller Bewährung reichte das, um ihm eine vorläufige Unterbringung auf Staatskosten zu
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