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Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)

Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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standen auf einem dafür vorgesehenen Brett unter der Garderobe. Zwei Jacken hingen am Haken. Am Stoffverlauf der Willkommensaufschrift der Fußmatte konnte ich noch die Streifen erkennen, die der Staubsauger hinterlassen hatte. Kein Staub auf den Bilderrahmen, keine Fingerabdrücke am Spiegel. Trotz Enkelkind.
    Die Raumaufteilung war bekannt. Neben dem Flur eine kleine Küche, dahinter das Wohnzimmer mit Sofagarnitur und zweiflügeliger Terrassentür. Draußen stand eine wetterfeste Sitzgruppe, umringt von Plastikrehkitzen.
    »Die Sprack ist wieder auf die Zeitungsleute losgegangen«, verkündete die Fromm in der Küche, noch bevor sie mit einem mit Rosen bedruckten Tablett auftauchte.
    »Ach, wirklich?«, wunderte sich Danner.
    Weder Katrin Hesskamp noch Silvia Fromm wussten, dass Danner und ich Bine Kopelskis Zustellerjob übernommen hatten. Wie hatte unsere Auftraggeberin so schnell vom Gespensterangriff erfahren?
    »Der Herr Präsident hat es erzählt«, zögerte sie nicht, uns aufzuklären. »Und Lorenz Wiesinger aus dem Eckhaus soll es auch gesehen haben. Vielleicht wollen die Zeitungsleute Anzeige erstatten.«
    Da wusste sie sogar mehr, als die Zeitungsleute selbst.
    »Der Polizeipräsident? Herr Mattek?«, hakte Danner nach. Womit wir wieder beim Thema waren.
    »Schön, so jemanden in der Nähe zu haben.« Silvia Fromms rote Wangen röteten sich noch ein wenig mehr vor Stolz über die Beinahe-Prominenz in der Nachbarschaft. »Der sorgt, wenn nötig, auch mal für Ruhe. Er wohnt ja links neben der Sprack. Als sie auf Bine losgegangen ist, war er sofort zur Stelle und hat die Sprack in die Psychiatrie bringen lassen. Seitdem lässt sie ihn in Ruhe. Und Lorenz Wiesinger im Eckhaus, das ist ein ganz Ruhiger. Er macht wohl irgendwas mit Computern, jedenfalls sieht man ihn nie. Ist einer von den jungen Kreativen, die neuerdings die Wirtschaft ankurbeln sollen. Mit dem kann sich nicht mal die Sprack anlegen.«
    »Und wie kommt Matteks Frau mit der schlecht gelaunten Nachbarin zurecht?«, erkundigte sich Danner.
    »Eine Frau hat der nicht.« Silvia Fromm dämpfte verschwörerisch die Stimme. »Drei Exfrauen kassieren ihn ab, hab ich gehört. Aber die Finger von den Weibern kann er noch immer nicht lassen.«
    Jetzt erinnerte ich mich dunkel an meine Begegnung mit dem Polizeipräsidenten.
    Sie tanzen nicht, Sie schweben, Lila.
    Matteks riesige Hand liegt nicht auf meinem Rücken, sondern auf meinem Hintern, wo ich sie mit Sicherheit nicht haben will. Ich brauche besorgniserregende drei Anläufe, bis ich seine Pranke in die richtige Position geschubst habe.
    Matteks Schwäche für das andere Geschlecht war kein Geheimnis.
    »Ist ja auch ein schmucker Mann, für sein Alter.« Silvia Fromm wiegte den Kopf hin und her, während sie an ihrer Kaffeetasse nippte. »Und sicher kein Kostverächter. Ich will ja keine Gerüchte in die Welt setzen …«
    Nein, so etwas lag Silvia Fromm vollkommen fern.
    »… aber ich glaube, er hat was für die Hausschulz übrig.«
    Jetzt horchte ich auf: »Für wen?«
    »Jeanette Hausschulz, die Nachbarin aus der Nummer 78. Verheiratet, drei Kinder.« Der Busen der Fromm schien anzuschwellen, weil sie sogar echten Privatdetektiven Neuigkeiten erzählen konnte.
    »Eigentlich sind wir hier, weil wir gehofft haben, Sie könnten uns einen Überblick über die Siedlung und ihre Bewohner verschaffen«, schmeichelte ich noch ein wenig mehr. »Sie scheinen sich ja besonders gut auszukennen.«
    »Natürlich.« Silvia Fromm holte Luft, wie vor einem langen Tauchgang. Der Kaffee und der Arbeitseifer ließen ihre Wangen leuchten. »Ich bin hier aufgewachsen, komme ursprünglich aus einer der großen Bauernfamilien in Gerthe. Sie wissen sicher, dass der Bochumer Norden bis Ende des neunzehnten Jahrhunderts hauptsächlich von der Landwirtschaft lebte?«
    Danner nickte rasch.
    Bauern? Einen Rückblick bis in die Steinzeit hatte ich nicht gemeint. Ich bemerkte, dass Silvia Fromm auf eine Antwort von mir wartete. In dem halben Jahr, seit ich im Ruhrgebiet gestrandet war, hatte ich noch nichts von den Bochumer Bauern gehört.
    »Du weißt schon, die Sache mit dem Kuhhirten.« Danner boxte mir einen Ellenbogen in die Rippen. Den Kuhhirten kannte ich natürlich. Der grüßte als Wahrzeichen Besucher in der Innenstadt. Doch als ich halbherzig nickte, war es schon zu spät.
    »Noch Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war die Gegend hier ländlich geprägt: Es gab Felder, Wiesen und Bauernhöfe. Bis der berühmten

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