Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)

Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
Vom Netzwerk:
der Aufdruck den Unterschied zwischen Krawallbürste und Pole-Dance-Sportlerin.
    »Was anderes«, wechselte ich erneut das Thema. »Schlachten Kröte und Sergej eigentlich auch selbst?«
    »Braucht ihr Fleisch?«
    »Äh – ja«, entschied ich spontan.
    »Ich hab noch ein halbes Schaf in der Kühltruhe. Sergej macht euch bestimmt einen Freundschaftspreis. Ich frag ihn gleich.« Sie zückte ein glitzerndes Handy und tippte eine SMS.
    »Ist es denn erlaubt, im Kleingarten Tiere zu schlachten?«, erkundigte ich mich.
    Babsis Lachen klang, als hätte sie es geübt. »Erzähl es bloß nicht dem Vereinsvorstand, die schmeißen uns raus. Und die Tierschützerin am Eingang zündet uns die Gartenlaube an.«
    »Und wie macht ihr das dann?«
    Babsi legte ihr mit Strass verziertes Handy neben ihre Kaffeetasse und zuckte die Schultern: »Letztes Mal hat Sergej das Vieh bei Bodo im Garten gekillt. Da kann man ja nicht reingucken. Dann kommt es gleich in einen Sack.«
    »Und dann?«
    »Zerlegt haben sie es bei Alwin in der Küche.«
    »Echt?« Ich stellte mir das frisch geschlachtete Schaf auf dem winzigen Küchentisch der Kopelskis vor, mit herunterhängendem Kopf und Füßen und aufgeschnittenem Bauch. Während die Männer lachten und Bier tranken.
    Ich schüttelte mich.
    »Ich guck da auch nicht zu«, schaffte Babsi es, meine Miene richtig zu deuten.
    »Und die Frau vom Alwin hilft mit?«, wunderte ich mich.
    »Im Leben nicht!« Babsi schüttelte den Kopf. »Vorher hatten die ja Zoff gehabt und Bine war nicht da. Sonst hätte Alwin bestimmt nicht vorgeschlagen, das Schaf zu ihm zu bringen. Wenn Bine die Sauerei gesehen hätte, wäre sie ausgerastet.«
    Das bedeutete, Alwin Kopelski hatte kurz nach Bines Verschwinden die Schreber zum Schlachtfest in seine Küche eingeladen. Absichtlich? Um die schlampig weggeputzten Blutspuren seiner Frau mit Schafsblut zu überdecken? Bine Kopelskis Bild drängte sich in meine Gedanken. Auf dem winzigen Küchentisch. Nackt, bis auf die altmodische Kette aus ungewöhnlich dunkel schimmernden Perlen. Mit herunterhängendem Kopf und aufgeschlitztem Bauch.
    Babsis Glitzerhandy piepte. Sie warf einen Blick aufs Display. »Sergej lässt euch probieren, bevor ihr kauft«, informierte sie mich. »Er schmeißt den Grill an.«
    »Na, hast du ein neues Auto gefunden?«, erkundigte ich mich bei Danner, als wir uns am späten Nachmittag im Kleingarten von Kröte und Sergej einfanden. Babsi schleppte zwei Plastiktüten voll mit neuen Klamotten. Ich nicht.
    Danner winkte ab.
    Sergej stand bereits am Grill, Danner und Kröte deponierten ihr Bier auf dem Tisch und Chantal stellte Pappteller und eine Schüssel Krautsalat daneben.
    Wenn die Krise den Euro verschlang und die Inflation über den Kontinent rollte, würden zumindest die Schrebergärtner auf ihrer grünen Insel in Bochum-Gerthe nicht hungern müssen. Mit ihrem ganz eigenen Währungssystem aus Nachbarschaftshilfe, Bier und ökologisch angebauten Schrebergartenprodukten konnten sie sich mitten im Ruhrgebiet fast so autonom versorgen wie eine Veganer-Sekte im kolumbianischen Busch. Durch selbst geerntete Äpfel und gemeinschaftliches Bäumefällen vermittelte so eine Parzelle in Zeiten von Zeitarbeit und Hartz IV eine gewisse Sicherheit.
    Mein Blick wanderte durch den Garten von Kröte und Sergej, als ich mich neben Danner setzte. Die Erinnerung an meinen alkoholbedingten Albtraum der letzten Nacht holte mich ein. Dabei hatte der Kleingarten bei Tageslicht keine Ähnlichkeit mit einer düsteren, verzerrten Traumlandschaft. Im Gegenteil. Kröte und Sergej besaßen den vielleicht beeindruckendsten der über hundertfünfzig Kleingärten der Kolonie. Die beiden Männer und Krötes Freundin Chantal hatten je eine Parzelle gepachtet, die Zäune entfernt und verfügten so über ein Areal von über tausend Quadratmetern, wie Kröte stolz berichtete.
    Mit viel Geduld, gärtnerischem Geschick und Liebe zum Detail hatten sie die kühnsten Schreberfantasien ausgelebt. Es gab japanischen Ahorn und knorrige Bonsais. Die obligatorische Gartenlaube stand in der Mitte der Anlage: eine schmucke Holzhütte mit überdachter Veranda.
    Die Teichanlage aus meinem Traum allerdings existierte wirklich. Genauer gesagt, verherrlichten sogar zwei weitläufige Biotope die Aussicht. Im Wasser des einen Teiches deuteten große, orangerote Flecken auf eine vermehrungsfreudige Population an Koikarpfen hin.
    Der zweite Teich war nicht einsehbar. Trozdem wusste ich, dass es ihn gab, eine

Weitere Kostenlose Bücher