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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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sie die Geister tatsächlich sehen. Draußen glänzte die Nacht im Licht des Vollmondes. Für einen Moment war die Luft gefüllt mit der Anwesenheit der Ahnen. Dann als die Tür langsam zurückschwang, schlüpften die Schatten wieder hinaus in die mondhelle Nacht.
    Weit im Süden, sammelten sich die Armeen des Feindes.

    ✳✳✳

    In dieser Nacht träumte Maya vom Propheten Elijah. Er kam zu ihr und setzte sich ans Fußende ihres Bettes. Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, daß er rothaarig war.
    »Was willst du von mir, du alter Betbruder?« fragte sie ihn, »ich kenne dich, und ich kenne deine Geschichte. Du bist nichts anderes als ein Mörder mit einem aufgeblasenen Ruf.«
    »Ich möchte dich«, sagte er.
    »Vergiß' es.«
    »Ich möchte dir helfen.«
    »Und was für eine Hilfe bist du jemals gewesen? Hast du den vierhundert Priestern von Baal geholfen, die du zu Jezebels Zeiten abgeschlachtet hast? Hast du den Hunderten von Generationen geholfen, die hungerten und schwitzten und litten und, statt eine Hand zu erheben, um ihr eigenes Los zu verbessern, auf dich warteten, der du den Messias ankündigtes? Hast du je einen Finger deiner heiligen und prophetischen Hand erhoben, um einer einzigen jüdischen Frau zu helfen, aus einer unglücklichen Ehe zu entkommen, oder die heiligen Bücher lesen zu lernen, oder ihre eigenen Gedanken auszudrücken, damit sie von der Gemeinde gehört werden könnten? Seit hunderten von Generationen haben jüdische Frauen dich jedes Jahr eingeladen, die heiligen Speisen zu essen, bereitet durch ihre eigenen Hände, das Ei und das Gemüse, das Salzwasser der Tränen, den Charoset, das ungesäuerte Matzebrot der Betrübnis, so nennen wir es - und doch, wann hast du jemals auch nur eine Krume dazugetan, um unsere Betrübnis zu erleichtern? Und ich sage dir noch etwas - diese Speisen sind die wahren Träger der Tradition, die heiligen Mysterien. Nicht das, was aus den Mündern der Männer kommt, die Wörter und Geschichten und die endlosen Streitereien und Erklärungen, sondern das, was die Frauen dazu beitragen, um deinen Mund damit zu füllen, den Geschmack von Schmerz, den Geschmack von Frühling, den Geschmack der Hoffnung und des Neubeginns.«
    Maya saß jetzt aufrecht im Bett. Der Raum war erhellt von einem matten Licht, das aus dem Körper des Propheten strahlte, und das machte sie noch wütender. »Was in aller Welt tust du hier in meinem Schlafzimmer, du alter Betrüger? Raus mit dir! Ich öffne keine Türen für dich oder gebe dir Opfergaben. In meinem Buch bist du der Feind.«
    Elijah nahm seine weiße Robe auf seine linke Schulter und setzte sich etwas bequemer auf das Bett.
    »Bist du fertig? Kann ich auch mal ein Wort sagen?«
    »Ich sage dir, was meine Großmutter sagen würde – ich glaube dir nichts!«
    »Maya, laß mich folgendes fragen. Was passiert mit dem Feind, der eingeladen wurde, ein Fest mitzuerleben? Wird dieser Feind nicht transformiert?«
    »Was versuchst du mir zu erzählen? Daß du auf die Seite der Göttin übergewechselt bist?«
    »Du wirst es nie wissen, wenn du nicht aufhörst, mich anzuschreien.«
    »Ich schreie nicht! Aber du platzt uneingeladen in mein Schlafzimmer herein, weigerst dich zu gehen, sei also nicht überrascht, wenn ich ein wenig gereizt bin.«
    »Ich bin der Verkünder des Messias. Ich bin der Vorbote der Erlösung.«
    »Habe ich nach dem Messias geschickt? Es tut mir leid, ich kann mich nicht daran erinnern. Sieh mal, Elijah, das ist alles schon einmal getan worden und nicht sehr gut. Der letzte Messias hat uns zweitausend Jahre Kummer gebracht. Kreuzzüge, Judenverfolgung, Missionare, heilige Kriege. Jetzt sind die Millennialisten am Werk. Brauchen wir wirklich noch einen Erlöser?«
    »Maya, du bist eine alte Frau, aber ich bin noch älter. Kannst du dir vorstellen, daß auch die Erlösung ihre Form verändert hat in den letzten Jahrtausenden? Ist Gott nicht Veränderung?«
    »Jehovah? Hört sich nicht nach ihm an.«
    »Göttin dann. Macht der Name so viel aus oder die Form der mystischen, göttlichen Genitalien? Maya, Jahr für Jahr, Generation nach Generation wurde ich in jedem Frühjahr durch Frauen genährt. Ich habe den Frühling gekostet und die Tränen und das Blut, bis etwas in mir aufspringen wollte, um zu tanzen. Ich habe mich verändert, Maya. Kannst du das nicht erkennen? Der Messias, den ich verkünde, ist die Erlösung der Erde geworden.«
    Er sah sie eindringlich an. Darauf falle ich immer wieder herein, dachte

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