Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
Vom Netzwerk:
jetzt Joseph dazwischen. „hört auf, alle beide! Ich will jetzt nur noch Leute hören, die heute noch nichts vorgebracht haben.“
    Madrone stand auf. Sie war der ständigen Streitereien so müde. Eins von diesen Meetings war anstrengender als zehn Stunden intensiven Heilens. „Ich habe gute Nachrichten“, sagte sie mit leiser Stimme, die Aufmerksamkeit erzwang. Versuche, optimistisch zu klingen, befahl sie sich selbst. „Wir haben eine Entzugs-Therapie für die Booster entwickelt, die effektiv zu sein scheint. Nun wollen wir diese Botschaft in der Steward-Armee verbreiten.“
    Cress öffnete den Mund und wollte etwas sagen. Doch ein Blick von Joseph brachte ihn zum Schweigen.
    Sachiko stand auf: „Das ist ja wundervoll, Madrone. Nun werden hoffentlich viele Stewards zu uns überlaufen.“
    „Das hoffen wir“, sagte Madrone.
    „Das sind doch nur Vermutungen“, sagte die Frau neben Cress ungehalten, „da kann man nicht sicher sein.“
    „Aber wir können es immerhin versuchen“, wandte Madrone ein. „Für eine Woche oder zwei. Einfach mal sehen, was passiert, bevor wir uns aufspalten und die Ratsversammlung auflösen? Es wäre eine Schande, gerade dann auf die Stewards zu schießen, wenn sie zu uns überlaufen wollen.“
    „Wenn wir eine Offensive starten wollen, müssen wir es tun, solange wir noch die Kraft und die Waffen dazu haben“, bellte Cress dazwischen. Joseph starrte ihn wütend an.
    „Wir werden niemals genügend Kraft und Waffen haben, um sie wirklich zu besiegen. Es sind zu viele, und sie haben viel mehr Waffen“, gab Lily schnell zurück.
    „Ich sagte, ich lasse nur noch Leute sprechen, die heute noch nichts vorgebracht haben“, befahl Joseph.
    Schweigen senkte sich über den Raum. Sachiko blickte auf Joseph. „Ich habe schon einmal gesprochen, aber ich bin nicht fertig geworden“, sagt sie entschuldigend.
    „Dann sprich weiter.“
    „Ich denke, Madrone hat recht. Wir haben so viel für diese Strategie geopfert, sogar Menschenleben. Es macht keinen Sinn, jetzt alles hinzuwerfen, wir sollten uns noch etwas Zeit dafür nehmen. Besonders jetzt, wo wir eine echte Hoffnung haben, die wir den Soldaten anbieten können. Das wäre mein Vorschlag. Aber ich höre schon, wie Cress wieder Einwände hat. Er meint, wir könnten die Leute nicht von gewaltsamen Aktionen abhalten.“
    „Ich habe keine Einwände“, sagte Cress, „ich drohe auch nicht. Ich habe nur vorgetragen, was das Wasser Council und seine Verbündeten denken. Wenn in den nächsten Tagen kein merkbarer Umschwung erfolgt, werden wir selbständig unsere Aktionen durchführen. Wir wollen eure Vorschläge nicht blockieren, aber wir werden uns auch nicht mehr daran gebunden fühlen.“
    „Dann arbeitest du unseren Feinden in die Hand“, sagte Lily.
    „Ruhe!“ schrie Joseph erneut. Aber von Ruhe konnte keine Rede mehr sein.

    ✳✳✳

    Es war stockfinster, doch Bird meinte, eine Bewegung wahrgenommen zu haben. Er versuchte die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen. War er wirklich wach oder kam es ihm nur so vor? Egal. Böse Träume verfolgten ihn im Schlaf, Geister erschreckten ihn im Wachen. Die Dunkelheit um ihn herum vibrierte, summte und brummte. Es war ein Geräusch, das ihm fremd und bekannt vorkam. Er hatte es schon gehört, früher, es erinnerte ihn an Sonnenlicht, Blumen und blauen Himmel – Dinge, die er schon fast vergessen hatte. Dann fiel ihm plötzlich ein, es war – Bienengesumm.
    „Was?“ sagte Bird und erschrak vor dem Geräusch seiner eigenen Stimme. Er hatte laut gesprochen. „Wieso denn?“ wiederholte er halblaut, einfach nur um zu testen, ob er es wirklich selbst war, der diese Töne hervorbrachte. Mit seinem Mund, mit seinen Lippen, mit seiner eigenen Zunge. Er war nicht ganz sicher.
    Es war zu dunkel, sogar für seine inzwischen an die Dunkelheit gewöhnten Augen. Aber vor seinem inneren Auge sah er eine summende, goldbepelzte Biene. Da, etwas landete auf seiner Stirn. Er schloß die Augen, als er spürte, wie dieses Etwas vorsichtig über sein Gesicht wanderte. Die Bewegungen waren langsam, sanft, wie eine Feder von liebender Hand geführt. Wie Madrones Hände, die ihm Stirn, Augen und Wangen streichelten. Beinahe hätte er geweint. Es war so unendlich lange her, seit er auf diese Weise berührt worden war. Schon die Erinnerung daran erschien ihm wie ein Wunder, und er dankte der Göttin, daß sie ihn an das Leben erinnerte. Die Dunkelheit entfaltete unsichtbare Blumen, füllte sich mit

Weitere Kostenlose Bücher