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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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Eppich geerntet hatte, der überall üppig wucherte. Diese Liebstöckel-Art schmeckte leicht bitter, man konnte ihn aber essen, ähnlich wie Sellerie.
    „Er sieht immer noch gut aus“, sagte Sam und machte eine Kinnbewegung in Rivers Richtung. „Wie fühlst du dich? Irgendwelche Schmerzen?“
    „Ich fühle mich prima“, sagte River, „alles okay! Sie hat mich stabilisiert. Wann sagen wir's dem Rest der Armee?“
    „Wie lange ist das her?“ fragte Sam.
    „Bei ihm hat es jetzt zehn Tage gedauert“, sagte Madrone.
    „Ich denke, wir sollten weiter abwarten und seinen Zustand beobachten. Zwei volle Wochen wenigstens. Sechs wären noch besser, um sicher zu sein, daß es keinen Rückfall gibt.“
    „Wir haben keine sechs Wochen Zeit, Sam“, wandte Madrone ein.
    „Ich weiß. Vierzehn Tage sind schon ein Kompromiß.“
    „Im Moment zählt jeder Tag für uns“, warf Lily ein. „Unsere Leute verzweifeln langsam. So viele Tote, so viele Verluste. Bis jetzt haben alle durchgehalten, aber wer weiß, was sie in ihrer Verzweiflung noch anstellen, vielleicht greifen sie dann doch noch zur Gewalt.“
    „Aber wenn wir bekannt machen, daß wir eine Therapie für den Booster-Entzug haben, müssen wir verdammt sicher sein, daß das wirklich klappt“, gab Sam zu bedenken. „Ansonsten haben wir womöglich eine ganze Armee am Hals, die hungrig, krank und verzweifelt ist, die bald glaubt, wir wollen sie betrügen.“
    „Bird ist schon lange nicht mehr auf der Plaza gesehen worden“, sagte Madrone gedankenvoll. „Rosa kann nicht aufgespürt werden. Die Göttin weiß, was mit ihnen geschehen ist. Und Maya...“
    Sam legte seinen Arm um ihre Schultern. „Ich weiß, ich weiß, wir alle wissen es. Nur noch ein paar Tage Geduld. Alles sieht gut aus. Laß uns jetzt nichts durch Ungeduld verderben, Madrone.“
    „Und die Ratsversammlung?“ fragte Lily, „letzte Nacht wollten sie im Council schon eine Killertruppe aufstellen. Einige von uns haben das verhindert. Aber wie lange können wir das noch?“
    „Kannst du ihnen nicht sagen, daß wir kurz vor dem Durchbruch sind?“ meinte Sam, „daß sie nur noch etwas länger durchhalten.“
    „Das habe ich denen schon vor Wochen gesagt, als noch keiner von uns wirklich wußte, ob es klappen würde. Ich weiß nicht, wie lange sie mir das noch abnehmen.“
    „Du hast sicher Recht, Sam“, sagte Madrone, und sie war plötzlich den Tränen nahe. „Ich weiß nur nicht, wie lange ich das noch durchhalte. Ich träume jede Nacht schreckliche Dinge über Bird. Aber wenn ich aufwache, kann ich mich an nichts mehr erinnern.“
    Sam drückte sie an sich. „Vier Tage noch, okay? Kannst du nicht deinen Bienenzauber einsetzen, um Rosa zu finden? Du fühlst dich sicher besser, wenn du weißt, was mit ihr los ist.“
    „Oder noch schlimmer“, sagte Lou.
    „Träume von ihr“, schlug Lily vor.
    „Aber ich kann nichts klar erkennen. Es sind nur Alpträume. Ich erkenne nichts, wache auf und kann nicht wieder einschlafen.“
    „Erzähl' mir lieber etwas Neues“, sagt Lou.
    „Drei Tage, Sam?“ sagte Lily, „ist das ein Kompromiß? Aber nicht länger. Auf die eine oder andere Weise muß dann etwas geschehen. So kann es jedenfalls nicht weitergehen.“
    „Da, wo ich herkomme, ging es immer so weiter“, sagte Mary Ellen vom Herd her.
    „Nein“, sagte Lily entschlossen, „sogar dort kann es nicht ewig so weitergehen!“

    ✳✳✳

    Die Bienen schwärmten suchend aus. Madrone lag im Garten in der warmen Sonne und verfolgte ihren Flug. Die Bienen schwirrten durch alle Ritzen, flogen durch die kalten Hallen der Häuser, durch Schlüssellöcher, durch die Spalten angelehnter Fenster und Eingangstüren. Dann kamen sie zurück und trugen mit sich den Geruch von Chemikalien, toter, abgestandener Luft, von Angst und Schmerz. Aber sie fanden Rosa nicht. Nicht einmal einen leisen Hauch von Angst oder Hoffnung eines jungen Mädchens. Gar nichts. Nur eine Andeutung von Bird, es war etwas im Bienengesumm, etwas von Verzweiflung und Verfall. Findet Bird, betete Madrone, findet ihn und füttert ihn mit dem Geruch von blütenübersäten Wiesen, macht ihm Hoffnung, kleine Schwestern. Ihm und mir.

    ✳✳✳

    Ganz ohne Meetings, ohne Konsens und ohne ausgearbeite Strategien strömten die Menschen auf die Straßen. Bei Tag saßen sie in Gruppen auf den Hauptstraßen und behinderten die Truppenbewegungen der Stewards. Wenn die eine Gruppe mit Schüssen oder brutalen Stockhieben vertrieben worden war,

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