Das fuenfte Maedchen
überrumpelt, um zu reagieren, und abgesehen davon würde ich keinen Schritt zurückweichen.
Er legte eine Hand auf den Türrahmen und beugte sich über mich. Hätte ich Lust verspürt, hätte ich mit dem Finger über seine schweiÃnasse Brust streichen können. Stattdessen verschränkte ich die Hände auf dem Rücken und starrte wütend zu ihm hoch.
»Ich bin nur einfach nicht scharf auf dich, Rubes.«
»Wie bitte?« Ich musste unbedingt etwas gegen mein loses Kiefergelenk unternehmen.
»Ich meine, ich mag dich, bin einfach nur nicht scharf auf dich. Du brauchst dich also nicht bedroht zu fühlen.«
Am liebsten hätte ich meine Hand gegen seinen Brustkorb gedrückt und ihn durch den Raum geschubst. Doch dadurch hätte ich seine Haut berührt, seine Wärme gefühlt, seine Muskeln. Sein SchweiÃgeruch war in meine Nasenflügel gedrungen und ich hasste ihn dafür und wegen seiner Worte.
»Verpiss dich«, blaffte ich.
»Dein Wunsch«, sagte er, »ist mir Befehl.« Ganz langsam löste er sich von der Wand, schob sich an mir vorbei, hinterlieà Spuren auf meiner Kleidung. Ich bekam eine Gänsehaut, was mich noch wütender machte. Er schlug die Tür zur Dusche hinter sich zu und ich hörte Wasser rauschen. Ich zog mich in mein Zimmer zurück und lieà die Tür ins Schloss fallen. Wenn er zu dieser Tageszeit heiÃes Wasser erwartete, hatte er Pech gehabt.
Und überhaupt, warum suchte er sich eigentlich keinen Job? Dann würde er sich nicht um halb zwölf mittags duschen und müsste Jinn nicht darum bitten, Alkopop-Sixpacks zu klauen. Ich warf der Flaschenbatterie in der Ecke einen finsteren Blick zu. Die Flaschen leuchteten im Halogenlicht so blau wie matte Schmuckstücke. Am liebsten hätte ich eine dieser Flaschen gegen die Wand geworfen und ihn mit den Scherben verletzt. Und das ich, eine friedliche Person.
Ich zweifelte daran, dass Jinn begeistert wäre, wenn ich ihren Freund mit einer Glasscherbe verletzte. Stattdessen schrieb ich Foley eine SMS .
M ist bei mir, simste er zurück.
Na und? Er schien Mallory ständig um sich zu haben. Sie schien eine Art Anstandsdame für ihn zu sein. Ich war nicht unglücklich darüber, denn ich war mir nicht sicher, ob ich im Augenblick die Beziehung zu Foley vertiefen wollte, und auÃerdem war sie ein Maskottchen. Mit einem kleinen Kind um mich herum fühlte ich mich wie ein Mensch, der für einen anderen verantwortlich sein konnte.
Doch bevor ich ihm zurücksimsen konnte, um ihm mitzuteilen, dass mich die Göre nicht störte, blinkte das Handy wieder auf.
Ent fütt?
Keine schlechte Idee, war zudem kostenlos. Ich ging in die Küche zurück auf der Jagd nach etwas Essbarem, wühlte in den Schränken herum. Plötzlich stieÃen meine Finger gegen etwas Kaltes, Nachgiebiges.
Ich schrie angeekelt auf. Als ich das Ding herauszog, merkte ich, dass es eine Kartoffel war. Immer noch eine Kartoffel. Doch sie war verschimmelt und matschig und die grünen und gelben Triebe wirkten wie Pusteln. Sie hätten angepflanzt werden sollen, doch Jinn hatte die Kartoffeln vergessen, sie hatte die Ziegen vergessen.
Nathans Wasser kochte. Ich hob den Kocher hoch und goss das Wasser in die Spüle. Belanglos, aber befriedigend.
Doch was sollte ich mit der verfaulten Kartoffel anstellen? Ich zupfte die Fetzen von Zeitungspapier ab, die an ihr klebten, entschuldigte mich in Gedanken für die Sinnlosigkeit ihrer Existenz. Ich erwog kurz, sie an die Enten zu verfüttern, aber vielleicht vergiftete ich sie damit.
Eine Sekunde lang überlegte ich, ob ich sie Nathan Baird anbieten sollte.
Ich hatte keine Lust, mich mit der Kartoffel zu beschäftigen, also schob ich sie in den Schrank zurück, zu den anderen. Irgendwann, überlegte ich. Eines Tages würde sie sich an die vergammelten Kartoffeln und die Reifen erinnern und dann wären wir wieder glücklich. Eines Tages, wenn wir wieder wir selbst waren.
Die Enten im Provost Reid Park in Glassford waren fett, überfüttert und träge. Heutzutage waren die Enten maÃlos verwöhnt. Das war anders, als ich noch klein war. Ich erinnerte mich, wie ich Enten fütterte, die echt dankbar für die verschimmelten Brotreste waren und die harten Kekse. Die Undankbarkeit der heutigen Enten schlug mir aufs Gemüt. Sie achteten nicht einmal darauf, dass die kreischenden Möwen einen
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