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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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sagen, dass Foley und ich in den letzten vier Monaten eine schweigsame Beziehung gehabt hätten, aber es war auch nicht ein endloses Gespräch. Wir beide mochten es so, wie es war: eine zwanglose, zeitweilige Unterhaltung und häufiges Gelächter, häufiger, als das Gespräch es rechtfertigte. Doch ein guter Kuss löste unsere Zungen. Er gewöhnte es sich an, mich mit seinen Gesprächseröffnungen zu verblüffen, eine Gewohnheit, die vermutlich wohlüberlegt war. Er erwähnte den Kuss mit keiner Silbe, aber er begann hie und da mit ganz schön starkem Tobak.
    Â»Stell dir Alex vor, wie er versucht, sich umzubringen. Ich dachte immer, er sei derjenige, der andere umbringen würde.«
    Ich musste mich ganz schnell neu orientieren – meine Nervenenden, meinen Verstand und mein aufgewühltes Inneres. »Wie bitte?«
    Â»Alex Jerrold. Ich dachte, er würde leistungsstarke Gewehre und Handwaffen bei sich aufbewahren und dann in die Schule stürmen und siebzehn Leute und einen Lehrer niederschießen.«
    Â»Das sind 18 Leute.«
    Â»Richtig, ja, aber du weißt, was ich meine.«
    Ja, das wusste ich. Man konnte sich die verblüfften Leute in der Stadt vorstellen, die vor der Kamera die Augen zukniffen und sagten: »Er war ein Einzelgänger, sehr ruhig. Seltsam, wenn man es bedenkt.«
    Er hätte es getan, um Aufsehen zu erregen. Jedenfalls hätten wir das angenommen. »Alex Jerrold tut es, um aufzufallen«, hieß es immer in der Schule. Ich erkannte Seiten an Alex, die mich sehr an mich erinnerten, was einer der Gründe dafür war, dass ich es genoss, wie man über ihn herzog, und nichts dagegen unternahm.
    Meiner Meinung nach war er eine melodramatische Person – im Übrigen das, was Jinn auch von mir sagte. Eine melodramatische Person ohne Dialog. »Ruby, du bist eine so melodramatische Tussi!« Das sagte sie immer, wenn ich schmollte, was dann der Fall war, wenn mein Schweigen deutlich bösartiger wurde. »Nimm dich nicht so wichtig.«
    Was genau das war, was ich zu tun versuchte. Ich wollte mich nicht so wichtig nehmen. Als ich klein war, war ich nicht gerade liebenswert. Wenn ich wild herumtollte, betrachteten mich die Erwachsenen nachdenklich, entweder mitleidig oder leicht alarmiert. So erfuhr ich, dass es mir an Charisma fehlte. Jinn besaß all das Charisma, das eine Familie brauchen konnte, doch ich war nicht neidisch auf sie. Ich war froh, dass es jemanden in der Familie gab, der eine angenehme Atmosphäre verbreitete. Meine Ausstrahlung war vergleichbar mit Speck, der etwas zu lange im Kühlschrank aufbewahrt wurde und einen seltsam ekligen Nachgeschmack hat. Meine Ausstrahlung war wie Musik, die so unmerklich falsch ist, dass man nicht weiß, warum sie falsch ist. Ich war stolz auf Jinn, weil sie den richtigen Akkord anschlug, und ich war dankbar, dass sie mich übertönte.
    Ich wusste, wenn ich versuchte, laut zu sein und aus mir herauszugehen, würde ich falsche Töne hervorbringen, also blieb ich still und hoffte, dies würde mir eine andere Gabe verleihen, einen Hauch des Geheimnisvollen. Doch es verlieh mir lediglich einen Hauch der Taktlosigkeit, was immer noch besser war, als mich zum Idioten zu machen. Ich behielt Wörter in meinem Kopf, gute, aber nur für mich allein. Alex Jerrold, der blöde Saftsack, sprach seine aus. Er war weder schüchtern noch taktlos oder verlegen. Er war unnahbar. Er war ein nicht sehr gesprächiger Wichser, der glaubte, anders zu sein. Nun, das war er auch.
    Insgeheim – ganz im Geheimen – mochte ich Alex Jerrold ziemlich gern. Nicht auf romantische Art, nein, das ganz sicher nicht, doch als Kumpel. Mir war bewusst, dass ich nach Alex vermutlich die zweitverschrobenste und zweitunbeliebteste Person in der Schule war.
    So konnte ich mich entweder mit dem Knaben anfreunden oder mich der Mehrheit anschließen und mir meinen unangefochtenen zweiten Platz durch die noch extremere Beklopptheit von Alex sichern. Ich entschied mich für die zweite Möglichkeit, was abscheulich war. Ich wusste ganz genau, wenn ich mit ihm befreundet wäre, würde ich mich auf die gleiche Stufe stellen, was nicht infrage kam. Auch wenn ich ihn mochte, verkörperte er alles, was ich an mir hasste. Und Tatsache war, dass er ein unverbesserlicher Arsch war, während ich eine Aura des Geheimnisvollen besaß. Wir gehörten nicht in dieselbe Kategorie.
    Und

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