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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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Mini-Markt, doch sie konnte es sich nicht leisten, mir im Augenblick mehr zu geben, da der Sommer vorbei war. Der September war ein nasser, grässlicher Monat und Foley und ich suchten Zuflucht unter den Arkaden einer kleinen Einkaufspassage in unserer Siedlung. (Arkade ist ein ausgezeichnetes, schönes Wort, aber nicht wahrheitsgetreu. Wenn man sagt, »Wir trafen uns unter den Arkaden«, beschwört dies ein lauschiges Plätzchen unter einer mit Liguster bewachsenen Pergola herauf, dahinter eine in Sonnenlicht getauchte Parklandschaft. Doch das meine ich nicht.)
    Die feuchten rauen Mauern waren noch feuchter als gewöhnlich, da sich der Wind gedreht hatte und uns den Regen entgegentrieb. Ich hörte, wie er auf die Metallrollläden des chinesischen Takeaway prasselte, der erst am Spätnachmittag öffnete. Das Fu-Ling-Restaurantschild war erneut mutwillig beschädigt worden. Vorhersehbarerweise geschah dies häufig. Der Eigentümer holte mindestens zweimal im Monat seine Stufenleiter heraus und kletterte geduldig hoch, um die aufgespritzte Farbe abzuwischen. Ich weiß nicht, warum ihm das so wichtig war. Ich fand, er sollte den Namen in Goldener Drache oder dergleichen abändern. Als ich es vorschlug, lächelte er nur, nickte und unternahm absolut nichts. Ich konnte mit ihm reden, denn er war sogar noch schweigsamer als ich. Wahrscheinlich sprach er gar kein Englisch. Wenn wir uns etwas zum Mitnehmen holten, übernahm seine winzige Frau mit der schrillen Stimme das Reden. Sie redete ohne Punkt und Komma. Ich mochte Mr Fu Ling; wir waren Gefährten in der Welt der Einsilbigen.
    Doch Foley und ich lehnten uns gegen die Fu-Ling-Rollläden und warteten darauf, dass der Regen etwas nachließ, damit wir Mallory abholen konnten (wobei ich vermutete, dass sie auch alleine heil nach Hause gekommen wäre; Gnade dem, der versucht hätte, sie zu entführen). Stillvergnügt beobachteten wir schweigend die Passanten: bleichgesichtige alte Männer mit gelben Fingern, die in das Wettbüro mit dem verbarrikadierten Fenster gingen; alte Frauen, die zum Co-op schlurften, inzwischen nur noch halb so groß wie einst, aber immer noch kräftig genug für einen ausgiebigen Plausch mit der Frau an der Ladenkasse, während die Teenager hinter ihnen ungeduldig herumzappelten und aus lauter Langeweile Kaugummi und Süßigkeiten klauten und in ihre Taschen stopften.
    Es sah nicht danach aus, als gönne uns das Wetter eine Pause. Ich glaube, Foley wurde angesichts dieser regennassen menschlichen Vergänglichkeit melancholisch, denn er gab einen unerwarteten abgrundtiefen Seufzer von sich, wandte sich mir zu und küsste mich aufs Ohr. Dieses Mal wurde er nicht verlegen und drehte den Kopf weg, als ich mich ihm zuwandte. Dieses Mal schloss er nicht die Augen. Als ich mich ihm zuwandte, blieb sein Gesicht dort, wo es war, und er starrte mir direkt in die Augen.
    Wir waren ungefähr gleich groß und er besaß unglaublich schöne Augen. Ich lächelte. Er lächelte. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, die Lippen zu schürzen, falls er erröten und sich in letzter Sekunde zurückziehen sollte, denn meine Peinlichkeitsschwelle ist sehr niedrig, und ich hatte das Gefühl, dass unsere Beziehung einen weiteren verpassten Kuss nicht überleben würde. Ich erinnerte mich schließlich an eine ähnliche Situation mit Alex Jerrold. Ich erinnerte mich daran, als sei es gestern gewesen.
    Ich berührte also Foleys Kopf. Sein Haar war recht kurz – besonders im Vergleich zu Nathan Bairds wilder Mähne – und es fühlte sich seidenweich an. Er war so eitel, Conditioner zu benutzen. Ich betrachtete sein Haar näher, jetzt da er mir so nah war, und kam zu dem Schluss, dass es mir gefiel, wie weich es sich zwischen meinen Fingern anfühlte. Und da er wirklich diese traumhaften Filmstaraugen hatte und seine Nase und seine Lippen auch nicht übel waren, gab ich ihm einen scheuen Kuss.
    Er zuckte leicht zusammen, als ob ich ihn durch Stromschlag getötet hätte oder so was, kam aber schnell wieder zu sich und erwiderte meinen Kuss. Interessant. Wieder fühlte ich das Prickeln. Foley konnte gut küssen. Ich gratulierte mir zu meinem Geschmack und wollte gerade auf Jagd nach seiner Zunge gehen, doch er kam mir zuvor.
    Wörter. Wer braucht die schon?
    Dennoch: Nach diesem Zwischenspiel fiel es uns leichter, Worte zu finden. Ich will damit nicht

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