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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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diese Höhlenmenschen sie mit Blutopfern bestochen hatten.
    Ich dachte, ich wäre schon wieder zu spät, doch als ich vom Wohnzimmer in die Küche kam, roch es dort nicht nach Essen, und es spielte auch keine Musik. Das bedeutete neuerdings normalerweise, dass Jinn sauer auf mich war. Sie wirkte aber gar nicht so sauer. Sie schaute angestrengt in den Toaster und schob immer wieder den Hebel runter. Ich griff nach dem Stecker und schob ihn in die Steckdose, und sie drehte sich zu mir und lächelte, so als habe sie gerade erst bemerkt, dass ich da war.
    Jinn sprach immer als Erste. Das war eine Tradition. Deswegen war es unglaublich beunruhigend, als sie es nicht tat.
    Ich hatte Angst und musste mich mit Wut schützen.
    Â»Wo ist er?«
    Sie kaute an einem Fingernagel herum. »Wer?«
    Â»Nathan.«
    Sie kaute weiter an ihrem Fingernagel herum, seufzte aber gleichzeitig. Sie wirkte eher geistesabwesend als verärgert.
    Â»Er ist weg«, sagte sie.
    Sie schaute mich nicht an, was gut war, weil sie so mein Lächeln nicht sah. Ich legte die Hand auf den Mund und hörte auf zu lächeln, aber das wäre nicht nötig gewesen, weil sie es sowieso nicht bemerkte.
    Â»Warum?«, fragte ich. Was eine sinnlose Frage war, weil es mir egal war, warum. Ich wollte das Thema fallen lassen; ich wollte ihn nie wieder erwähnen, und es würde so sein, als habe er nie existiert. Da wären wieder nur Jinn und ich. Nur wir beide.
    Jinn drehte sich zu mir um. Ihr Gesichtsausdruck machte mir Angst, denn sie sah nicht glücklich aus, andererseits aber auch nicht sonderlich mitgenommen. Wenn Nathan sie abserviert hätte, wäre sie am Boden zerstört, also stimmte irgendetwas nicht. Die Sonne strömte durchs Fenster hinein, ließ ihr Haar leuchten und umgab es mit einem silbernen Heiligenschein, sodass ich genau hinsehen musste, um ihren Gesichtsausdruck zu erkennen. Sie hatte die Lippen aufeinandergepresst, aber sie lächelte. Ihr Gesichtsausdruck war ein bisschen ablehnend. Sie war nicht böse auf Nathan, wurde mir klar: Sie war böse auf mich.
    Â»Er wohnt irgendwo anders. Bei Freunden.«
    Die Bedeutung war unmissverständlich.
    Â»Wie ist es dazu gekommen?«
    Â»Er hat gesagt, dass es nicht richtig funktioniert. Er hat gesagt, wir wären alle glücklicher. Er hat auch gesagt, du würdest ihn nicht irgendwann umbringen oder ihm die Augen ausstechen, wenn er sich einfach verpisst.«
    Das musste ich erst mal verdauen, und Jinn hatte offensichtlich nicht vor, mir beizuspringen. Sie riss ein Stück Küchenrolle ab und rieb einen Butterfleck vom Wasserkessel.
    Â»Er kommt also nicht wieder«, sagte ich schließlich voller Hoffnung.
    Sie prüfte ihr Spiegelbild in dem glänzenden Wasserkessel. »Er kommt nicht mehr her.« Sie betonte es auf eine Weise, die mir nicht gefiel.
    Wieder unangenehmes Schweigen. Ich wollte sie fragen, ob sie ihn noch treffen würde, aber ich wollte die unvermeidliche Antwort nicht laut ausgesprochen hören, also ließ ich es.
    Ich brauchte nicht noch einmal zu fragen. Jetzt tat es mir leid, dass ich ihn vertrieben hatte, denn vorher hatte ich wenigstens gewusst, wo Jinn war und was sie tat. Ich war es nicht gewohnt, mir Sorgen um sie zu machen; sich wie eine Mutter zu beunruhigen, war Jinns Job. Ich sah sie nicht mehr so oft, aber ich wollte nicht meckern. Sie kam jetzt viel später nach Hause, manchmal, wenn ich schon im Bett war, und es gab Zeiten, da war ich ganz nah dran, sie anzublaffen: Wo bist du gewesen? , oder sogar: Was hast du dir dabei gedacht, so spät nach Hause zu kommen?
    Ich war schlimmer als der Aufblasbare George, der Theater um Bertha machte wie ein Sperling um sein Junges. Es irritierte sie, gefiel ihr aber gleichzeitig. Er gluckte auch über Jinn, was mich sehr ärgerte. Jinn ging ihn nichts an. Ich meine, genau genommen ging auch Bertha ihn nichts an, wenn man bedachte, dass sie mit jemand anderem verheiratet war. Aber das war Berthas Angelegenheit. Jinn war meine Angelegenheit.
    Bei der Arbeit lief es super. Ich liebte meinen Job, liebte den Salon, und die Ausbildung war gut: einen Tag Schule pro Woche und vier Tage Arbeit. Die Bezahlung war ziemlich mies, weil ich nichts anderes tat als Haare zu waschen und zu fegen, aber sie ließen mich oft den Friseuren zusehen. Ich mochte es, wie ihre Finger Locken nassen Haars glätteten wie Wasserrinnsale, ich mochte die scharfe, schnelle Bewegung

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