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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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wohl kaum gerade jetzt zu ihnen hinlaufen. Ich musste angestrengter darüber nachdenken.
    Vielleicht ist sie mit Leuten zusammen, die sie mag.
    Oder vielleicht waren es gar keine Leute.
    Ich nahm einen Bus nach Glassford und zerriss mein Ticket in so viele Fetzen, dass man mir eine Geldstrafe aufgebrummt hätte, wenn ein Kontrolleur eingestiegen wäre. Ich hielt jedes Mal den Atem an, wenn der Bus hielt, jedes Mal, wenn eine kleine alte Dame sich bemühte, ihren Einkaufstrolley die Stufen hinunterzuhieven, jedes Mal, wenn eine Mutter sich mit ihrem Kinderwagen abmühte. Wir ließen keine einzige Haltestelle aus. An jeder wartete jemand, und der Bus musste anhalten, als ob ich unter einem bösen Busbann stünde und nie den Provost Reid Park erreichen würde.
    Ein winziger Mann stieg in den Bus, gerade als wir den Stadtrand von Glassford erreicht hatten. Er nahm mir gegenüber Platz und holte sein Handy heraus. Ich dachte schon, er würde den Bericht über seinen tollen Abend am Vortag nie beenden. Nach einer Weile hob er eine Pobacke an und furzte laut. Ich erstarrte. Er lächelte und nickte mir freundlich zu.
    Die Jungen vor ihm fingen an zu kichern. Normalerweise hätte ich es auch getan, aber er hatte mich so abgelenkt, dass ich die Haltestelle am Park verpasst hatte. Ich hätte gern ein Streichholz angezündet und ihn mit seinem eigenen Gas verbrannt, aber ich hatte nicht die Zeit dazu. Ich flog zur Tür, als diese sich gerade automatisch schloss, rief nach dem Fahrer und drückte wiederholt auf den Knopf, damit er zehn Meter weiter nochmals hielt. Hinter mir mokierte sich jemand, und der winzige Mann sagte: »Nicht so schnell, Mädchen, nicht so schnell, es war nur ein Furz«, und der Fahrer rief mir etwas zu, doch ich verstand nicht, was er sagte. Zumindest öffnete er die Tür. Ich sprang hinaus, raste die Straße hinunter und durch die Parktore.
    Im Streichelzoo ging es jetzt ruhiger zu als im Sommer, aber es war Wochenende und einige Besucher waren noch da. Ich musste Eintritt zahlen; seit Jinn nicht mehr bei Bertha arbeitete, konnte ich nicht mehr umsonst reingehen und brachte auch kein Futter für die Tiere mit.
    Es herrschte ein geschäftiges Treiben – offensichtlich war etwas geschehen, also rannte ich schnell an den Meerschweinchen vorbei und direkt zu den Ziegen – und dort, innerhalb des Geheges, fand ich Jinn. Sie hatte das Gatter weit geöffnet und die Zicke hatte sich herausgewagt und knabberte an dem Gras am Rand des asphaltierten Pfads. Ein paar Kinder lachten und neckten das Tier, andere wichen ängstlich zurück, als es auf sie zutrottete.
    Jinn befand sich noch immer im Gehege, hatte die Arme um den Nacken des Ziegenbocks gelegt und versuchte, ihn in die Freiheit zu ziehen. Er schien keine Lust zu haben, sich zu bewegen, doch er genoss es offensichtlich, dass sie die Arme um ihn gelegt hatte. Ein Parkwächter in grünem Hemd hatte wiederum Jinn um die Schultern gefasst und versuchte, sie von dem Ziegenbock zu trennen. Eine Gruppe von Jungen auf der anderen Seite des Zauns hatte hysterische Anfälle; mir wäre es genauso gegangen. Da Jinn jedoch meine Schwester war, füllten sich meine Augen mit Tränen, und ich rannte ins Gehege und zerrte am Arm des Rangers (ja, auch wenn sie nur ein paar Meerschweinchen in Schach hielten, nannte man sie Ranger, genau wie jene in der afrikanischen Savanne, die die Löwen beruhigten). Wir sahen jetzt aus wie Figuren aus dem Märchen von der Rübe: Jinn hielt nach wie vor den Ziegenbock fest, der Ranger zerrte an Jinn und ich am Ranger. Die Jungs am Zaun bogen sich vor Lachen.
    Schließlich kam der Ranger wieder zur Vernunft und ließ Jinn los, dann wandte er sich mir zu und schüttelte mich ab.
    Â»Schaff sie hier raus!«, brüllte er mich an.
    Â»Ich versuche es.« Ich war wütend. Wenn ich wütend war, musste ich zumindest nicht heulen.
    Dem Ranger und mir gelang es schließlich, Jinn von dem Ziegenbock wegzuzerren und sie aus dem Gehege zu scheuchen, genau in dem Augenblick, in dem der Junge am Eingangskiosk das Tor schloss. Das war Zeitverschwendung, denn der Ziegenbock versuchte ja nicht zu entkommen, und die Ziege befand sich immer noch außerhalb des Geheges und sorgte durch ihre bloße Anwesenheit dafür, dass der Pfad menschenleer war. Ich versuchte zögernd, mich ihr zu nähern, doch der Ranger ergriff meinen Arm und schob mich zum

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