Das fuenfte Maedchen
aus seiner kleinen Gruppe und wandte sich uns zu. Oder genauer: Er wandte sich nicht uns zu, er wandte sich mir zu.
Und Annette Norton war nirgendwo zu sehen. Halleluja.
»Hi!«, sagte ich. Ich lächelte. Lächeln konnte ich.
Ich erinnere mich nicht mehr daran, worüber wir redeten (oder um ehrlich zu sein: an das, worüber er redete). Ich erinnere mich, dass Foley lustig war; er sagte nichts weltbewegend Philosophisches, aber irgendwie war alles, was er sagte, interessant. Die Hälfte von dem, was er sagte, brachte mich zum Lächeln, und insgesamt hatte ich das Gefühl, mich seit einer Ewigkeit nicht mehr so amüsiert zu haben.
Ich dachte, Alex sei mit von der Partie. Ich dachte, wir hätten ihn mit einbezogen. Aber rückblickend taten wir das wohl gar nicht. Vielleicht war das der Grund, warum er, als ich mich ihm schlieÃlich zuwandte und die Stirn runzelte, ein paar Schritte zurücktrat und den Kreis des Lachens durchbrach.
»Komm schon«, sagte er.
»Komm schon was?«
Ich war echt verwirrt. Ich hatte keine Ahnung, was er wollte.
»Starbucks. Wir gehen zu Starbucks.«
»Ich dachte, du wolltest keinen Kaffee?«
»Ja, aber wir waren in die Richtung unterwegs.«
Ich sah ihn missbilligend an, spürte, wie der Ãrger in mir hochstieg. »Ja, also, immer mit der Ruhe. Okay?«
»Immer mit der Ruhe«, sagte er. »Okay.«
Ich wollte vor Ungeduld mit dem Fuà aufstampfen. Foley hatte sich wieder zu seiner kleinen Gruppe gesellt, zu der zwar auch ein paar Mädchen gehörten, aber nicht Annette Norton. Und ich wollte mich an seine Seite heften, solange ich die Chance dazu hatte. Er war interessiert, das fiel selbst mir auf. Wenn Alex nicht da gewesen wäre, hätte ich freie Bahn bei Foley gehabt, und das Schlimmste war, es war mein eigener dummer Fehler. Wenn ich nicht Mitleid mit Alex gehabt hätte, dort unter der Brücke â¦
»Nun komm schon«, sagte er.
»Einen Moment noch.« Ich erwiderte seinen finsteren Blick.
»Nicht einen Moment noch. Lass uns jetzt gehen.«
Ich starrte ihn an, verblüfft. Ich war selbst nicht sonderlich durchsetzungsfähig, aber dass mir dann ausgerechnet Alex Jerrold sagte, woâs langging ⦠Verdammt, ich hatte nur aus Mitleid mit ihm geredet.
»Also«, sagte er. »Gehen wir jetzt?«
»Nein, tun wir nicht«, erwiderte ich.
»Oh?« Er klang ein wenig verletzt, und das war etwas, was ich nicht ausstehen konnte.
»Oh, Alex«, sagte ich. Ganz erwachsen und vernichtend. »Verpiss dich!«
Zwanzig
»Also«, sagte Bertha. »Das ist jetzt der Moment: Du könntest mich fragen, ob ich am Wochenende etwas Schönes unternehme.«
Ich grinste und rollte die Augen. Ich schaute auf Berthas Hinterkopf, während sie sich Coronation Street ansah. Irgendwie hatte ich gehofft, ich würde darum herumkommen. Leider passierte heute Abend nicht viel in Coronation Street.
»Ach, lass sie doch in Ruhe«, sagte Mr Bertha.
Das war natürlich nicht sein Name. Ich nehme an, er war Mr Turnbull, aber für mich war er immer Mr Bertha, vor allem da er nie das Haus verlieÃ. Wir waren in ihrem warmen kleinen Wohnzimmer, und der Fernseher war zu laut, auf seinen Wunsch hin. Mr Berthas Theorie war die, dass er krank war, sodass alles sehr laut sein musste â obwohl er nicht im Entferntesten taub war â und sehr warm. Ich glaube, deswegen liebte Bertha die frische Luft so sehr. Deswegen war sie in der Mittagspause so gern drauÃen, selbst mitten im Winter, oder oben auf den Klippen, ohne Jacke an den kältesten Tagen, und lieà sich den Wind durch das hoffnungslose Haar wehen, sodass es sich noch mehr verhedderte. (Und es war schön und privat oben auf den Klippen, wenn der Aufblasbare George in der Stadt war, weshalb also sollte eine leichte Brise sie stören?) Ich hatte sie im Januar auf der Mauer am Fluss sitzen sehen in einem T-Shirt und Sandalen. Sie paffte eine Zigarette nach der anderen. Zwischen den einzelnen Zügen atmete sie tief die frostige Seeluft ein, quasi als Ausgleich für das Nikotin. Kein Wunder, dass sie gern im Freien war. Kein Wunder, dass sie den Aufblasbaren George und sein Leben im Freien und ihre heimlichen Spaziergänge in den Klippen liebte.
»Du musst dich ein bisschen um dich selbst kümmern«, sagte George immer. »Du brauchst jemanden, der sich um dich kümmert, Bertha.«
Der Dicken Bertha
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