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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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misstrauen, nur weil er begierig war, etwas zu erfahren, das alle ihre Erkenntnisse über den wichtig s ten Fall des Sommers auf den Kopf stellen konnte? Wenn es denn nur darum gegangen wäre.
    Roger hatte nach ihnen Ausschau gehalten, während er die Straßen entlanggebummelt war. Ob irgendwo ein Auto hielt, wo es nicht halten sollte. Ob er einen Mann entdeckte, der an einer Ecke Zeitung las, oder einen schlafenden Penner auf einer Bank. Doch ihm war nichts aufgefallen. Natürlich waren das Profis. Das war es, was ihn am meisten erschreckte. Die Gewissheit, dass sie es ungestraft tun konnten, ohne gefasst zu werden. Einmal hatte ein betrunkener Kollege etwas davon gefaselt. In den letzten Jahren seien Dinge im Polizeipräsidium vorgefallen, die ihm keiner glauben würde, wenn er darüber schriebe. Bisher hätte ihm auch Roger nicht geglaubt.
    Er sah wieder auf die Uhr. Sieben nach.
    Würden sie sofort hereinstürmen, wenn Harry Hole auftauc h te? Sie hatten ihm nichts gesagt, nur dass er zur verabredeten Zeit kommen und sich möglichst normal verhalten sollte. Roger nahm einen großen Schluck, in der Hoffnung, der Alkohol würde seine Nerven beruhigen.
    Zehn nach. Der Barkeeper hatte sich in eine Ecke gesetzt und las in einer Zeitschrift.
    » Entschuldigung «, sagte Roger.
    Der Barkeeper hob den Blick.
    » Es war nicht zufällig gerade ein Mann hier. Sehr groß, blond mit … «
    » Sorry «, erwiderte der Barkeeper, leckte an seinem Daumen und blätterte um. » Meine Schicht hat gerade erst angefangen. Vielleicht fragen Sie besser die Frau da. «
    Roger zögerte. Leerte das Bier bis unter das Ringnes -L ogo und stand auf.
    » Entschuldigung … «
    Die Frau lächelte ihn an. » Ja? «
    Da erkannte er es. Dass es keine Schatten waren, die er auf ihrem Gesicht gesehen hatte. Es waren blaue Flecken. Auf der Stirn, den Wangenknochen, dem Hals.
    » Ich bin hier mit jemandem verabredet, befürchte aber, dass er schon wieder gegangen sein könnte. Er ist über einen Meter neunzig groß und hat kurze, blonde Haare. «
    » Oh? Jung? «
    » Jein. Um die fünfunddreißig, würde ich sagen. Wirkt vie l leicht ein bisschen … mitgenommen. «
    » Rote Nase und blaue Augen, die irgendwie alt und jung zugleich sind? « Sie lächelte noch immer, aber auf eine seltsam introvertierte Art. Er verstand, dass das Lächeln nicht ihm galt. » Könnte stimmen, ja «, sagte Roger unsicher. » War er … «
    » Nein, ich warte selbst hier auf ihn. «
    Roger taxierte sie überrascht. Konnte das wirklich eine von ihnen sein? Eine angetrunkene Frau Mitte dreißig, die jemand geschlagen hatte? Er konnte das nicht glauben. » Meinen Sie, dass er noch kommt? «
    » Nein. « Sie hob ihr Glas. » Die, von denen man will, dass sie kommen, die kommen nie. Es sind immer die anderen, die kommen. «
    Roger ging zurück an die Bar. Sein Bierglas war verschwu n den. Er bestellte ein neues.
    Der Barkeeper machte Musik an. Gluecifer taten ihr Bestes, um das Halbdunkel aufzuhellen.
    » I got a war, baby, I got a war with you! «
    Er kam nicht. Harry Hole kam nicht. Was sollte das bedeuten? Verflucht noch mal, jedenfalls war es nicht seine Schuld.
    Um halb sechs öffnete sich die Tür.
    Roger blickte voller Hoffnung auf.
    Ein Mann in einer Lederjacke erschien in der Tür und sah ihn an.
    Roger schüttelte den Kopf.
    Der Mann ließ seinen Blick durch das Lokal schweifen, fuhr sich mit der flachen Hand über den Hals und war wieder verschwunden.
    Rogers erster Gedanke war, ihm nachzulaufen. Zu fragen, was die Geste bedeuten sollte. Ob die Aktion abgebrochen war? Oder ob Thomas … Sein Handy klingelte. Er nahm das G e spräch entgegen.
    » No-show? « , fragte eine Stimme.
    Das war nicht der Mann mit der Lederjacke, aber definitiv auch nicht Harry. Die Stimme kam ihm trotzdem irgendwie bekannt vor.
    » Was soll ich tun? «, fragte Roger leise.
    » Du bleibst bis acht Uhr da «, sagte die Stimme. » Und wenn er auftaucht, rufst du die Nummer an, die man dir genannt hat. Wir müssen weiter. «
    » Thomas … «
    » Deinem kleinen Bruder passiert nichts, solange du tust, was wir dir sagen. Und nichts von alledem an die Öffentlichkeit kommt. «
    » Natürlich nicht. Ich … «
    » Einen schönen Abend noch, Gjendem. «
    Roger steckte das Handy wieder ein und tauchte ab in sein Bierglas. Als er wieder an die Oberfläche kam, schnappte er nach Luft. Halb sechs. Noch zweieinhalb Stunden.
    » Was hab ich Ihnen gesagt? «
    Roger drehte sich um. Sie stand unmittelbar

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