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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Piepsen wurde zu einer Melodie. Einer bekannten. » Purple Rain «. Prince. Es waren die digitalen Töne eines Handys.
    » Ja, was ist los? «, fragte die Stimme hinter ihm.
    Øystein wagte es nicht, die Augen zu öffnen.
    » Im Underwater? Um fünf? Okay, treib sofort alle Leute zusammen, ich komme. «
    Øystein hörte es auf dem Rücksitz rascheln. Sein letztes Stündlein hatte geschlagen. Draußen sang ein Vogel. Ein schö nes, hohes Trillern. Er wusste nicht, was für ein Vogel das war. Und warum. Er hätte es wissen sollen. Er hätte sich dafür interessieren sollen, warum sie sangen. Jetzt würde er es nie mehr erfahren.
    Dann spürte er eine Hand auf seiner Schulter.
    Vorsichtig öffnete Øystein die Augen und blinzelte in den Spiegel.
    Weiße Zähne blitzten auf, und dann sagte die Stimme mit dem gleichen amüsierten Unterton: » Ins Zentrum, Chauffeur. Es eilt. «

 
    KAPITEL 38
Montag. Wolken
    R akel riss die Augen auf. Ihr Herz schlug schnell und hart. Sie war eingeschlafen. Sie lauschte dem gleichmäßigen Lärm der badenden Kinder im Frognerbad. Ein leichter, bitterer G e schmack nach Gras klebte ihr auf den Schleimhäuten, und die Hitze lag wie eine warme Decke auf ihrem Rücken. Hatte sie geträumt, war es das, was sie geweckt hatte?
    Ein plötzlicher kühler Windhauch blies die Decke weg und hinterließ eine Gänsehaut.
    Seltsam, dass manche Träume einfach wie ein Stück nasse Seife entschlüpfen, dachte sie und drehte sich um. Oleg war verschwunden. Sie stemmte sich auf die Ellenbogen und sah sich um.
    Im nächsten Augenblick war sie auf den Beinen. » Oleg! «
    Sie fand ihn am Sprungbecken. Er saß am Rand und redete mit einem Jungen, den sie schon einmal gesehen zu haben glaubte. Ein Klassenkamerad vielleicht.
    » Hallo, Mama. « Er blinzelte lächelnd zu ihr auf.
    Rakel packte seinen Arm, härter, als sie es beabsichtigt hatte. » Ich habe gesagt, du sollst nicht gehen, ohne mir Bescheid zu geben. «
    » Aber du hast doch geschlafen, Mama. Ich wollte dich nicht wecken. «
    Oleg wirkte überrascht, betroffen. Der Klassenkamerad rutsc h te ein Stück weg.
    Sie ließ ihn los. Seufzte und blickte zum Horizont. Der Hi m mel war blau, abgesehen von ein paar einfachen, weißen Wolken, die nach oben zu deuten schienen. So als sei gerade eine Rakete gestartet.
    » Es ist gleich fünf, lass uns nach Hause gehen «, sagte sie abwesend. » Es ist bald Essenszeit. «
    Auf dem Rückweg im Auto fragte Oleg, ob Harry komme.
    Rakel schüttelte den Kopf.
    Während sie am Smestadkrysset auf Grün warteten, beugte sie sich vor, um nach der Wolke zu sehen. Sie hatte sich nicht bewegt, war aber höher geworden, mit einem grauen Schimmer am unteren Ende.
    Sie ermahnte sich, daran zu denken, die Tür abzuschließen, sobald sie heimkamen.

 
    KAPITEL 39
Montag. Begegnungen
    R oger Gjendem blieb stehen und starrte auf das blubbernde Wasser des Aquariums im Fenster des Underwater. Ein Bild flackerte auf. Ein Siebenjähriger, der auf ihn zuschwamm. Mit raschen, stakkatoartigen Zügen und deutlicher Panik im Gesicht. Als sei er, Roger, sein großer Bruder, der Einzige auf der Welt, der ihn noch retten konnte. Roger hatte lachend gerufen, doch Thomas hatte nicht erkannt, dass er längst im Flachen war und nur die Füße auf den Boden zu stellen brauchte. Roger gefiel der Gedanke, dass es ihm zwar gelungen war, seinem Bruder das Schwimmen im Wasser beizubringen, dass dieser jedoch an Land untergegangen war.
    Hinter der Tür des Underwater verharrte er für ein paar S e kunden, damit sich die Augen an das Dunkel gewöhnten. Außer dem Barkeeper war nur eine einzige Person im Lokal, eine rothaarige Frau, die ihm halb den Rücken zudrehte. Vor ihr stand ein nicht mehr ganz volles Glas Bier. Sie rauchte. Roger ging die Treppe hinunter und sah sich um. Dort war niemand. Er entschloss sich, oben an der Bar zu warten. Die Dielen knarrten unter seinen Schuhen, und die Rothaarige blickte ihn an. Schatten fielen auf ihr Gesicht, aber etwas an der Art, wie sie dasaß, wie sie sich hielt, vermittelte den Eindruck, dass sie eine schöne Frau war. Oder schön gewesen war. Er bemerkte neben ihr am Boden eine große Tasche. Vielleicht wartete auch sie auf jemanden.
    Er bestellte ein Bier und sah auf die Uhr. Kurz vor fünf.
    Um nicht vor der verabredeten Zeit da zu sein, hatte er ei n p aar Runden um den Block gedreht. Er wollte nicht übereifrig wirken, das hätte Misstrauen erwecken können. Obwohl –wer würde einem Journalisten

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