Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
bärbeißigen Glasgower Ausbilders in den Sinn kam. Wenn im Zweifel, Junge – benutze Gewalt. Vielleicht war es kein schlechter Wahlspruch, zumindest unter den richtigen Umständen.
Dann fiel sein Blick auf das Gemälde, das er von der Wand genommen hatte. Er beugte sich nach unten, um es genauer in Augenschein zu nehmen.
Was bin ich doch für ein Idiot! Der Schlüssel!
Der große silberne Schlüssel, den der Mann umklammerte, hatte eine winzige Inschrift auf dem Schaft. Ben bückte sich ganz tief, um sie zu lesen.
LE CHERCHEUR TROUVERA
Der Sucher wird finden , übersetzte Ben in Gedanken und nahm seinen Bleistift. Fieberhaft verschlüsselte er den Satz und notierte sich die Buchstaben- und Zahlenkombinationen:
Sein Herz klopfte wild, als er am Safe die letzte Nummer einstellte. Tief im Innern des Tresors ertönte ein metallischer Klang. Dann nichts mehr. Ben packte den Handgriff der Safetür und zog daran. Sie rührte sich nicht. Er stieß einen Fluch aus. Entweder war es doch die falsche Kombination, oder nach all den Jahren stimmte irgendetwas nicht mehr mit dem Verschlussmechanismus. Die Tür jedenfalls saß bombenfest.
Hinter ihm ertönte ein Geräusch, und er zuckte zusammen. Er wirbelte herum und riss seinen Browning aus dem Halfter.
Der Kamin war in Bewegung. Ruß rieselte aus dem Schornstein, als schmutzverkrustete Paneele langsam zur Seite schwangen und eine Öffnung bildeten, die gerade groß genug war, um Ben passieren zu lassen.
Er atmete einmal tief durch, schaltete seine LED-Lampe ein und trat durch den kalten Kamin in die Dunkelheit dahinter. Er leuchtete mit der Lampe um sich und blinzelte ungläubig angesichts dessen, was er sah.
Er befand sich in einem schmalen Raum von vielleicht drei Metern Breite und sechs Metern Länge. An einem Ende stand ein großer antiker Eichentisch, der von einer dicken Staubschicht bedeckt war. Auf dem Tisch stand ein schwerer Metallkelch, der einem Weinpokal ähnelte und am Rand mit eisernen Nieten besetzt war. In dem Kelch lag ein menschlicher Schädel und starrte aus leeren Augenhöhlen auf Ben. Zu beiden Seiten dieses makabren Arrangements standen zwei eiserne Kerzenständer, die einen halben Meter hoch waren und breite, runde Sockel besaßen. In jedem Ständer steckte eine dicke Kerze, wie sie in Kirchen Verwendung fand.
Die Lampe wurde schwächer. Ben zog sein Feuerzeug hervor und zündete die Kerzen an. Er nahm einen der schweren Leuchter hoch, und das flackernde Licht warf tanzende Schatten auf die Umgebung. Der zahnlose Schädel grinste ihn an. Entlang der Wände standen Regale voller verstaubter Bücher. Er zog eins hervor und blies Spinnweben und Staub herunter. Dann hielt er das Kerzenlicht so, dass er die alte goldene Schrift auf dem Buchrücken lesen konnte: Necronomicon . Das Buch der Toten . Er stellte es zurück und nahm das nächste hervor. De Occulta Philosophia . Geheimnisse der Philosophie .
Es sah aus, als wäre er in einer privaten, lange verlassenen Bibliothek gelandet. Er stellte die Bücher vorsichtig zurück und leuchtete mit der Kerze um sich. Die Wände des Raums waren mit Fresken verziert, die alchemistische Vorgänge zeigten. Er näherte sich einem Bild und betrachtete die Darstellung einer Hand, die aus einer Wolke zu kommen schien. Die Hand Gottes? Aus der Hand tropfte eine Flüssigkeit in ein fremdartiges Gefäß, das von winzigen geflügelten Nymphen gehalten wurde. Aus einer Öffnung am Boden des Gefäßes floss eine ätherische, trübe Substanz, die von alchemistischen Symbolen durchsetzt war. Die Unterschrift lautete Elixir Vitae .
Ben wandte sich ab und hob die Kerze, um andere Ecken des Raums zu erhellen. Über dem Eingang, durch den er gekommen war, blickte ein Gesicht auf ihn herab. Es war ein Ölgemälde in einem breiten, vergoldeten Rahmen und zeigte einen massigen Mann mit einem grauen Bart und einer dichten Mähne silberner Haare. Die Augen unter den buschigen grauen Brauen glitzerten und verrieten einen Humor, der seine strenge Miene Lügen strafte. Auf einer goldenen Plakette unter dem Porträt stand in schlichter gotischer Schrift:
FULCANELLI
«Endlich begegnen wir uns», murmelte Ben. Er wandte sich von dem Porträt ab und schritt von einer Ecke des Raums zur anderen, um den Boden absuchen. Ein alter Teppich bedeckte den größten Teil des Fliesenbodens. Unter dem Teppichrand bemerkte Ben die äußeren Ränder eines Mosaiks. Er kniete nieder und stellte den Kerzenleuchter auf dem Boden ab.
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