Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
gehen. Und wenn keine Tür da war, dann musste er sich eben eine machen. Verdammter Mist .
In einem Werkzeugschuppen draußen fand er eine Axt. Die Klinge steckte in einem Hackklotz, und rechts und links lagen zerkleinerte Holzscheite. Er packte den langen Holzgriff und hebelte die Axt aus dem Klotz.
Wieder im Haus, hob er die Axt hoch über die Schultern und zielte auf jenen Teil der Wand, der beim Abklopfen hohl geklungen hatte. Wenn seine Vermutung richtig war, konnte er ein Loch in die Wand schlagen und hindurchsteigen.
Und was, wenn ich mich irre? ,sinnierte er und senkte von plötzlichen Zweifeln geplagt die Axt. Er warf einen schuldbewussten Blick zu dem Raben, und dessen glitzerndes rotes Auge sah wissend zurück.
Nachdenklich starrte er auf den leblosen Kopf des Vogels. Er wirkte so lebensecht, dass Ben fast erwartete, er würde die Schwingen ausbreiten und hochflattern. Ben stellte die Axt zur Seite und strich mit der Hand über die glatten Linien von Hals und Nacken bis hinauf zu dem Glasauge. Plötzlich kam ihm eine verrückte Idee, und er drückte mit dem Daumen fest auf das Auge.
Nichts geschah. Vermutlich wäre es auch zu offensichtlich gewesen. Er holte seine Pistole hervor und leuchtete mit der LED-Lampe die Konturen des metallenen Kunstwerks ab, wobei er es sorgfältig Zentimeter für Zentimeter untersuchte. Der Lichtstrahl passierte das Auge des Raben, und mit einem Mal wurde er geblendet von einem starken reflektierten Lichtstrahl. Im Innern des Auges schien sich ein komplexes System winziger Spiegel zu befinden, die den Strahl seiner Lampe konzentrierten und zurückwarfen.
Ihm kam eine neue Idee. Er ging zur Wand und schaltete das Licht aus. Der Raum lag in Dunkelheit. Dann leuchtete er wieder in das Auge des Raben und hielt den Kopf ein wenig zur Seite, um nicht geblendet zu werden.
Das reflektierte Licht aus dem Auge des Raben fiel auf die gegenüberliegende Wand und erzeugte dort einen kreisrunden roten Fleck von vielleicht acht Zentimetern Durchmesser – exakt auf dem Bild, das ihm bei seinem Besuch aufgefallen war. Er landete genau auf dem eigenartig leeren runden Schild, den der alte Mann in die Höhe hielt.
Ben hielt den Lichtstrahl seiner LED-Lampe auf das Auge gerichtet, während er näher zu dem Gemälde trat. Voller Erstaunen bemerkte er, dass der rote Lichtfleck eine Miniatur des Doppelkreismotivs von der Dolchklinge und aus Rheinfelds Notizbuch enthielt. Es war eine beinahe unglaubliche Leistung, die reflektierenden Spiegel mit einer winzigen und zugleich perfekten Replik dieses Musters zu versehen. Doch was bedeutete es?
Er nahm das Bild von der Wand, und sein Herzschlag beschleunigte sich. Hinter dem Bild war ein Safe verborgen. Er schaltete die Beleuchtung wieder ein und untersuchte den Safe eingehend. Was verbarg sich wohl in seinem Innern?
Der Safe stammte aus der gleichen Epoche wie das Haus. Die Stahltür war verziert mit emaillierten Mustern im Art-déco-Stil. In der Mitte der Tür befand sich ein geriffeltes Kombinationsschloss mit zwei ungewöhnlichen konzentrischen Nummernscheiben – eine mit dem lateinischen Alphabet, die andere mit den Ziffern von Null bis Neun.
«Lieber Gott, nicht schon wieder Codes!», stöhnte er und zog das Notizbuch aus der Tasche. Zwischen den Seiten gefaltet lag das Blatt, auf dem er die Schlüssel zum Dechiffrieren niedergeschrieben hatte. Gut möglich, dass die Kombination, um den Safe zu öffnen, verschlüsselt im Notizbuch zu finden war. Aber was mochte sie sein? Er blätterte die Seiten durch. Sie konnte alles sein oder auch nichts. Er setzte sich mit dem Notizbuch auf den Knien und begann draufloszuraten und die verschlüsselten Versionen in Zahlen und Buchstaben zu kombinieren. Zuerst versuchte er es mit dem «Haus des Raben» auf Französisch. Es war weit hergeholt, doch er war verzweifelt.
LA MAISON DU CORBEAU
Er stellte die Kombination mit Hilfe der beiden Drehscheiben ein: E/4, I/26, R/2, I/26 … Es dauerte fast eine Minute, bis er alles eingegeben hatte. Dann lehnte er sich zurück und wartete geduldig darauf, dass etwas geschah.
Vergeblich. Er seufzte ungeduldig und bemühte eine neue Kombination: «Der Schatz der Katharer».
LE TRÉSOR DES CATHERES
Auch nichts. Das konnte noch ewig dauern. Er starrte zu der Axt am Boden und fragte sich müßig, ob er nicht das verdammte Ding einfach aus der Wand hacken und dann von hinten aufschießen sollte. Er musste grinsen, als ihm der Wahlspruch eines
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