Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
überflog den Inhalt. Ihr Herzschlag ging plötzlich schneller. Sie setzte sich auf Michels Schreibtischstuhl und las den Bericht ein zweites Mal, sorgfältiger nun. Sie vermochte kaum zu glauben, was sie dort sah.
Es war ein Bericht über ihre jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse, ihren Durchbruch bei der gestiegenen Lebenserwartung von Stubenfliegen der Gruppe A. Es stand alles dort, bis hin zum kleinsten Detail. Ihr Herz raste.
Sie öffnete die letzte E-Mail. Sie stammte von heute und war erst eine Stunde zuvor abgeschickt worden. Die Mail hatte einen Anhang, doch sie las zuerst den Haupttext. Heute , 20 . September , Treffen mit dem englischen Journalisten Ben Hope. Sie schüttelte verwirrt den Kopf, bevor sie auf das Büroklammersymbol in der Ecke der Adresszeile klickte. Der Anhang öffnete sich, und sie erkannte, dass es sich um eine Reihe von JPEG-Dateien handelte, digitale Fotos also. Sie klickte die Fotografien der Reihe nach an, und ihr Stirnrunzeln vertiefte sich mit jedem neuen Bild.
Es waren Schnappschüsse von ihr und Ben Hope in ihrem Labor. Sie waren erst diesen Morgen aufgenommen worden, und es gab nur eine Person, die sie hatte machen können: Michel. Er hatte sie mit seinem Mobiltelefon geschossen, während er ins Labor gekommen war und getan hatte, als suchte er eine Akte.
«BH wird heute Nacht erledigt», hatte der fremde Anrufer auf dem Anrufbeantworter gesagt. Jetzt wusste sie auch, wer damit gemeint war.
Sie versteifte sich und blickte vom Bildschirm auf – sie hatte etwas gehört. Jemand näherte sich von draußen der Eingangstür. Sie erkannte die vertraute Melodie, die Michel bei der Arbeit im Labor regelmäßig leise vor sich hin pfiff. Schlüssel klimperten, und die Tür öffnete sich knarrend. Schritte kamen durch die Diele. Roberta ging hinter einem Sofa in Deckung und wagte kaum zu atmen.
Michel betrat den Raum. Er trug eine Einkaufstüte und machte sich immer noch leise pfeifend daran, seine Einkäufe auszupacken. Er streckte die Hand nach dem Anrufbeantworter aus und startete die Wiedergabe. Roberta hob den Kopf und beobachtete über die Rückenlehne des Sofas hinweg Michels Miene, während er die Nachricht von Saul hörte. Sein Gesicht verriet keinerlei Emotion, nichts. Nur ein Nicken.
Robertas Verstand raste. Sie war völlig benommen angesichts der Erkenntnis, dass dieser Mann der gleiche Michel war, von dem sie geglaubt hatte, er wäre ein Freund. Sie sollte ihn zur Rede stellen, es gleich hier an Ort und Stelle ausdiskutieren. Noch während ihr dieser Gedanke durch den Kopf ging, wurde ihr immer deutlicher bewusst, dass sie Michel längst nicht so gut kannte, wie sie immer geglaubt hatte. Was, wenn er eine Waffe hatte? Vielleicht war Konfrontation keine so gute Idee.
Er löschte die Nachricht auf dem Anrufbeantworter. «Meine Güte, ist das warm hier drin!», murmelte er und durchquerte das Zimmer zur anderen Seite, um ein Fenster zu öffnen. Dann nahm er einen Schokoriegel und eine Flasche Bier aus der Einkaufstüte, warf sich in einen Sessel und schaltete den Fernseher ein. Er kicherte immer wieder vor sich hin, während er einen Zeichentrickfilm verfolgte und sein Bier trank.
Das war ihre Chance. Sie ging wieder in Deckung und begann, hinter dem Sofa Richtung Tür zu kriechen. Sie hatte die Absicht, hinter seinem Rücken quer durch den Raum zum offenen Fenster zu robben, solange er vom Fernseher abgelenkt war.
Doch sie war noch nicht ganz hinter dem Sofa hervor, als er einen überraschten Ruf ausstieß. «He! Was machst du denn da?»
Er erhob sich aus seinem Sessel.
Sie wagte nicht aufzublicken. Scheiße . Ich bin in der Falle.
«Du kommst jetzt sofort da herunter!», sagte er mit freundlicherer Stimme. Verwirrt blickte sie auf.
Er war auf der anderen Seite des Zimmers, direkt vor dem Esstisch. «Los, komm schon, mein Kleines. Das sollst du nicht, das weißt du doch.»
Eine flauschige weiße Katze saß auf dem Tisch und leckte den Teller sauber, den er von seiner früheren Mahlzeit hatte stehenlassen. Er nahm das Tier in die Arme und streichelte es liebevoll. Die Katze miaute protestierend und wand sich aus seinem Griff, um mit einem Satz zu Boden zu springen und aus dem Zimmer zu rennen. Er rannte hinter ihr her, während er an einem Finger saugte. Offenkundig hatte sie ihn dort gekratzt.
«Lutin!», rief er. «Komm zurück, du kleines Mistvieh!» Er verschwand außer Sicht, und Roberta hörte ihn im Nebenzimmer schimpfen. «Lutin! Hörst du, du
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