Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
haben.»
«Schwierigkeiten?» Sie schnaubte. «So kann man es auch nennen, schätze ich. Zuerst hat man mich auf dem Titelbild von Scientific American abgebildet – irgendein Mistkerl von Herausgeber hat mir einen Hexenhut aufgesetzt und mir ein Schild um den Hals gehängt mit der Aufschrift Unscientific American . Als Nächstes haben mich die Arschlöcher an der Universität auf die Straße gesetzt, was meiner Karriere nicht gerade geholfen hat. Sie haben sich nicht mal geschämt, den armen Michel mitzufeuern, meinen Labortechniker. Angeblich hat er Zeit und Mittel verschwendet bei meinem Hokuspokus-Projekt. Er ist der Einzige, der die ganze Zeit auf meiner Seite gestanden hat. Ich zahle ihm, was ich kann, aber es sind schwierige Zeiten für uns beide.» Sie schüttelte den Kopf und seufzte. «Bastarde. Aber ich werde es ihnen zeigen.»
«Haben Sie etwas von dem speziellen Wasser hier, das Sie mit Ihrer Formel erzeugt haben?», fragte Ben. «Ich würde gerne einen Blick darauf werfen.»
«Nein, habe ich nicht», antwortete sie entschieden. «Wir haben den letzten Rest verbraucht und müssen erst neues herstellen.»
Er suchte in ihren Augen nach Zeichen von Unwahrheit. Es erwies sich als ziemlich schwierig. Er zögerte kurz, bevor er weitersprach. «Besteht vielleicht die Chance, dass Sie mir eine Kopie Ihrer Forschungsunterlagen überlassen?», fragte er in der Hoffnung, nicht allzu unverschämt zu erscheinen. Er spielte mit dem Gedanken, ihr Geld anzubieten, doch das hätte augenblicklich ihr Misstrauen erweckt.
Sie wackelte drohend mit dem Zeigefinger. «Haha. Ganz bestimmt nicht, mein Freund. Abgesehen davon, halten Sie mich für dumm genug, dass ich meine Formel schriftlich festgehalten habe?» Sie tippte sich an die Schläfe. «Nein. Es ist alles hier drin. Das ist mein Baby, und niemand bekommt es in die Finger, bevor ich nicht fertig bin.»
Er grinste kläglich. «Okay. Vergessen Sie einfach, dass ich gefragt habe.»
Einige Sekunden schwiegen beide. Roberta sah ihn erwartungsvoll an, dann legte sie die Hände flach auf die Oberschenkel, als wollte sie damit das Ende des Interviews signalisieren. «Sonst noch etwas, womit ich Ihnen helfen könnte, Ben?»
«Nein, nein, ich habe schon genug von Ihrer kostbaren Zeit in Anspruch genommen», erwiderte er voll Sorge, dass er zu weit gegangen war mit seiner Frage nach ihren Aufzeichnungen. «Aber würden Sie mich anrufen, wenn Sie neue Erkenntnisse haben?» Er reichte ihr eine Visitenkarte.
Sie nahm die Karte und lächelte ihn an. «Wenn Sie wollen. Aber erwarten Sie nicht zu viel. Es ist ein langwieriger Prozess. Rufen Sie mich in, sagen wir … drei Jahren wieder an.»
«Abgemacht.»
Kapitel 11
Roberta Ryder sah mit einem Mal gar nicht mehr aus wie die asketische Wissenschaftlerin. Sie hatte den Haarknoten gelöst, und die kastanienroten Locken fielen ihr bis über die Schultern. Der Laborkittel war einer Jeansjacke gewichen. «Michel, ich bin weg. Du kannst den Rest des Tages freimachen, okay?» Sie holte ihre Sporttasche aus dem Zimmer, ergriff die Wagenschlüssel und machte sich auf den Weg zu ihrem wöchentlichen Martial-Arts-Training auf der anderen Seite der Stadt in Montparnasse.
Unterwegs dachte sie über ihr Interview mit dem Reporter Ben Hope nach. Immer musste sie den Eindruck der mutigen, zähen, halsstarrigen Nachwuchswissenschaftlerin erwecken, die es eines Tages allen zeigen würde … Es war das Bild, das sie von sich erschaffen hatte und an das sie sich klammerte. Niemand wusste, wie fragil ihre gegenwärtige Situation in Wirklichkeit war. Niemand wusste von ihren Ängsten und Befürchtungen, den Sorgen, die ihr des Nachts den Schlaf raubten. An dem Tag, an dem sie von der Universität gefeuert worden war, hätte sie ganz einfach ihre Sachen packen und in das nächste Flugzeug zurück in die Staaten steigen können. Doch das hatte sie nicht getan. Sie war geblieben und hatte sich der Situation gestellt. Und jetzt fragte sie sich, ob die Entscheidung wirklich so klug gewesen war. All die Opfer, die sie gebracht hatte – waren sie die Sache wert? Oder jagte sie dem Regenbogen hinterher, machte sich selbst etwas vor, redete sich ein, dass ihre Arbeit etwas bewirken würde?
Nicht mehr lange, und ihre finanziellen Mittel waren aufgebraucht. Sie würde sich irgendwie einen Zusatzverdienst suchen müssen – vielleicht privater Unterricht für Schulkinder. Und vielleicht brachte nicht einmal das genügend Geld ein, um weiterzumachen,
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