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Das Gastgeschenk der Transsolaren

Das Gastgeschenk der Transsolaren

Titel: Das Gastgeschenk der Transsolaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman , Hans Taubert
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»Dann gebe ich denen einen Kuß für dich mit, wenn sie bei mir da draußen vorbeikommen«, spottete sie hinter ihrer Tasse hervor, die sie noch am Mund hielt.
      Wenn Kyta etwas sagte, lohnte es sich, darüber nachzudenken.

    Meine Bewerbung kam durch! Im Labor schlug die Zusage wie eine Bombe ein. Und nun schnell, schnell, schnell: Arbeiten abschließen, Nachfolger einweisen, Geräte übergeben, mit einem Packen Laufzettel von Pontius zu Pilatius. Ein Glück, daß es freundliche Chefs und hilfsbereite Kollegen gibt. Bei aller Vorfreude auf das Außergewöhnliche schied ich ungern aus meinem Kollektiv. Den Abschied feierten wir im Labor. Je turbulenter es dabei herging, um so skurrilere Fabelwesen entsprangen unserer Phantasie und bevölkerten ferne Planeten. Fast ein wenig beklommen verließ ich in fortgeschrittener Stunde die ausgelassene Gesellschaft. Als ob ich geahnt hätte, daß alle Einbildungskraft blaß ist gegen die Farben lebendiger Wirklichkeit.

    Während des Intensivtrainings verlor ich einige Kilogramm an Gewicht. Den anderen erging es nicht besser. Vor dem Einsatz wurden wir für sechs Monate ins Sanatorium zu einer Spezialkur geschickt. Erst lachten wir darüber, aber als es soweit war, zählten wir jeden Tag doppelt.
      Man hatte uns gut im Griff. Aber mit dem autogenen Training trieben es einzelne unter uns entschieden zu weit. Auf »Maximale Verlangsamung des Herzschlags« schlossen sie Wetten ab! Am schwersten fiel es, »Bewußtes Vergessen« zu üben, und nicht wenige stolperten an dieser Ecke. Diejenigen aber, die es vollkommen beherrschten, waren zu be neiden. Sie entrümpelten von Zeit zu Zeit ihr Gehirn und schufen sich freie Kapazität. Ich blieb trotz redlichen Mühens ein Stümper.
      Endlich war es soweit. Kyta schwebte währenddessen mit ihrem Asteroiden schon jenseits der Sonne in Konjunktion. Mit dem Kuß wurde es also nichts.

    Wie von Anfang an, so trafen SIE auch diesmal während eines Maximums ihrer Veränderlichen im erdnahen Raum ein, und als die Lichtkurve ihres Fixsterns den Gipfel überschritt, durchschlug fünfhundert Kilometer nordwestlich von Nowaja Semlja einer ihrer Flugkörper den Packeisgürtel und tauchte ins Polarmeer.
      Wir lagen im Halbrund der großen, fensterlosen Halle, mit den Köpfen zur schmalen Stirnseite ausgerichtet, und das Schweigen banger Erwartung lastete auf uns. Nur das temperierte Wasser, das an den Wänden und von der Decke herabrieselte, plätscherte leise, und der laminare Strom des Argon-Sauerstoff-Gasgemisches, der den für sie tödlich giftigen Stickstoff aus der Halle verdrängte, umfächelte mit lauem Atem unsere Körper.
      Hinter uns, in der Dunkelheit verborgen, füllte ein technisches Arsenal mit erregender Leistung den weiten Raum. Tief gestaffelt reihten sich die Gerätesysteme aneinander, bereit, während der kostbaren Minuten des direkten Kontaktes ein Maximum an Informationen zu speichern.
      Die gespenstisch blaue Beleuchtung bedrückte uns, während für SIE das Gemisch der Wellenlängen um vierhundertsiebzig Nanometer Leben bedeutete. Dichte Dunstschleier, aus der feuchtegeschwängerten Atmosphäre ständig neu geboren, verwischten alle Konturen und verliehen der Stunde den Hauch kosmischer Unendlichkeit.
      Das Warten zerrte an den Nerven. In unseren kleinen Fernsehern sahen wir, wie vor der einsamen Küste des Nordkaps der düstere Rumpf aus dem Meer auftauchte und auf die gewaltige Schleusenanlage zutrieb, mit deren Hilfe allein es möglich war, den Fremden für wenige Stunden das Leben auf der Erde zu erhalten.
      Manchem wäre in diesen Minuten der Abschied leichtgefallen. Aber die gesamte Anlage war nunmehr hermetisch abgeriegelt. Mit dem Einblasen des Gasgemisches hatte die Zeremonie des Einschleusens begonnen.
      Draußen saugte sich die Wulst des Schleusenmundes unter der Wasserlinie an einer beliebigen Stelle des Flugkörpers fest, an dem niemals irgendwelche Öffnungen oder Sichtfenster entdeckt werden konnten. Dann durchbohrten sie von innen her die Wandung ihres Schiffes und zwängten ihre massigen Leiber in den engen Kanal, der zur Halle führte. Von peristaltischen Wellen ihres Hautmuskelschlauches vorwärts gepreßt, krochen sie langsam dem irdischen Leben entgegen.
      Alle Blicke hingen an der schwarzen Mündung des Schleusenschachtes, die an der Stirnwand der Halle gähnte. Die einen, die Unwissenden, vermochten zitternde Erwartung nicht zu verbergen; den anderen, Wissenden, grub schon

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