Das Gastgeschenk der Transsolaren
Observatorien aus der Stille des Forschens und erhoben sie zu Zentren wissenschaftlicher Produktivkraft; so konnten die Vorbereitungen zum Empfang der TRANSSOLAREN lange vor der Heimkehr unserer Raumschiffe auf höchsten Touren anlaufen.
Je mehr der Abstand unserer heranjagenden Flotte zur Erde schrumpfte, um so beständiger floß von ihr der Strom des Wissens zu den Radioteleskopen. Auf den Schiffen setzten sie während der Heimfahrt ihr gesamtes Potential für das Aufarbeiten des Materials ein und bombardierten die Stationen mit komprimierten Signalen, die gespreizt und entschlüsselt Bibliotheken füllten. Man begriff bald, daß in den Speichern der Maschinen pulsierendes Leben eines ganzen Planeten gefangen war, Kunde von Lebensformen, die jenseits unserer Vorstellungskraft lagen! Es wird Jahre angespannter Arbeit bedürfen, um sie menschlichem Verstand erschließen zu können.
Wenige Monate nach der Ankunft unserer Raumschiffe orteten vorgeschobene Radarstationen wie erwartet die ANDEREN. Zögernd und vorsichtig glitten eigenartige Flugkörper in das Gravitationsfeld der Sonne und schwenkten auf eine Parkbahn parallel zur Ekliptik ein.
Das Lotsenschiff unserer zweiten Außenstation flog ihnen als »offe
nes System« entgegen. Nach endlosen Verständigungsversuchen brach der Bann. Die Fremden setzten zur Landung an, und dank der umfassenden Vorbereitungen lief sie präzise ab. Kurz darauf belohnten in unerwartet rascher Folge weitere Anflüge der TRANSSOLAREN den harten Einsatz unserer Kosmosspezialisten.
Wenn der lichtschwache Stern in den größten Instrumenten unserer Observatorien zu einem nur noch photometrisch faßbaren Pünktchen zusammenschrumpfte, traten sie die Reise an.
In regelmäßigen Perioden pendelte die Strahlung ihres Gestirns zwi
schen gewaltigen Energieausbrüchen und erlöschendem Flackern hin und her, und nur im Minimum konnten sie den Start wagen und den Bannkreis ihrer pulsierenden Sonne verlassen. Wenn sich der glühende Gasball wieder aufblähte und die Ozeane seiner Planeten zum Kochen brachte, schwebten sie bereits weit entfernt im All und rasten auf den Schwingen des Lichts unserem dahineilenden Sonnensystem entgegen.
Nachdem es gelungen war, ein beiderseits deutbares Informationssys
tem aufzubauen, zeitigte der Austausch naturwissenschaftlichen Gedankengutes erste Früchte der Verständigung und des unmittelbaren Nutzens. Hauptsächlich auf speziellen Gebieten der Enzymchemie und Wärmetechnik faszinierte der Anstieg der Produktivkraft, der direkt aus dem Kontakt der beiden Welten abzuleiten war. Anders dagegen im Bereich der Geisteswissenschaften. An die Übernahme kultureller Werte, die allen am Herzen lag, oder gar an den Austausch gesellschaftspolitischer Erkenntnisse, von dem man sich Bedeutendes versprach, war in dieser Phase nicht zu denken. Dafür trennte uns mehr als nur der Abgrund von Lichtjahren. Verständlich, daß der WISSENSCHAFTLICHE RAT ungeheure Mittel investierte, um Breschen in scheinbar unentwirrbare Zusammenhänge zu schlagen.
Die Tragweite dieses Geschehens begriff ich damals kaum in allen Konsequenzen. Ich war jung, und da war auch noch Kyta. Die Doppelsonne ihrer grauen Augen überstrahlte meine Welt und nahm dem pflichtvollen Alltag die harten Konturen. Beneidenswert sorglos lebten wir in die Zeit hinein und scheuten nicht davor zurück, ihren schnellen Lauf mit unserer Phantasie zu bremsen. Der »Hundertstundentag« war meine Erfindung. »Und ich«, deklamierte Kyta mit Pathos, »verkünde die Zehntagewoche! Hinfort folge auf den Sonntag der Dein-Tag und der Mein-Tag!« Das leise Lachen ihrer Altstimme mit dem ein wenig hellen Unterton klingt mir heute noch in den Ohren. Voll von überschäumender Lebensfreude kletterten wir in schimmernden Luftschlössern umher und schauten von den höchsten Zinnen auf die sonnige Welt zu unseren Füßen.
Probleme? Kein einziges.
Bis – nun ja, bis zu dem Tag, an dem Kyta ihre Leidenschaft für den Asteroidengürtel entdeckte. Hals über Kopf verpflichtete sie sich auf irgendeinen dieser öden Felsbrocken in der Trojanergruppe. Für einen halben Umlauf! Das war Kyta.
Wenige Tage vor ihrem Abschied – wir hatten uns zu einer Tasse Kaffee getroffen – hielt sie mir beiläufig den operativen Aufruf der Akademie unter die Nase, der jeweils die Endphase einer Kontaktaufnahme mit den ANDEREN einleitete. Scherzhaft meinte sie, daß ich doch der Richtige dafür sei und mich melden solle.
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