Das geborstene Schwert
zuckten.» Warum auch nicht? Er stammte von guten Leuten ab. «
Sie stand auf und ging schnell nach draußen. Thorkel sah ihr nach und zupfte an seinem Bart.» Was sie da erzählt hat, ist nicht die ganze Wahrheit «, brummte er vor sich hin.» aber ich glaube, das ist alles, was wir jemals zu hören bekommen werden. «
Nicht einmal dem Priester, bei dem sie beichtete, sagte Frida mehr als das. Danach ging sie allein weg, stand auf einem Hügel und blickte zum Himmel auf.
*
Der Winter neigte sich seinem Ende zu. Es war ein heller, nicht besonders kalter Tag. Schnee glitzerte weiß auf der stummen Erde, und der Himmel war von einem wolkenlosen Blau.
Frida sprach leise:» Jetzt habe ich eine Todsünde begangen, weil ich verschwieg, bei wem ich unverheiratet gelegen habe. Ich habe die Last auf meine eigene Seele genommen und werde sie bis ins Grab tragen. Vater im Himmel, du weißt, ich kann das, was war, nicht mit den häßlichsten Namen beschmutzen lassen. Bestrafe mich, wie du willst, aber verschone ihn, denn er wußte es nicht besser. «Sie errötete.» Auch glaube ich, unter meinem Herzen trage ich etwas, an das du, Maria, dich erinnern mußt – und er soll nicht der Taten seiner Eltern wegen einen schlechten Namen tragen. Vater und Mutter und Sohn, tut mit mir, was ihr wollt. Aber verschont das unschuldige Kind. «
Als sie wieder hinabstieg, fühlte sie sich etwas erleichtert. Die kühle Luft trieb ihr das Blut in die Wangen, das Sonnenlicht spielte auf ihrem bronzefarbenen Haar, und ihre grauen Augen waren hell. Da kam Audun Thorkelssohn ihr entgegen. Sie lächelte.
Obwohl er kaum älter war als sie, war er groß und stark, ein guter Landwirt und vielversprechend im Waffenspiel. Helle Locken umgaben ein Gesicht, das scheu lächelte und wie das eines Mädchens leicht errötete. Er lief auf sie zu.
» Ich habe … nach dir Ausschau gehalten, Frida. «
» Hat man mich gesucht? «fragte sie.
» Nein, nur – ja, weißt du, ich – ich wollte mit dir sprechen «, stotterte er. An ihrer Seite kehrte er zurück, und ab und zu streifte er sie mit einem Blick.
» Was wirst du tun? «platzte er auf einmal heraus.
Ihre Fröhlichkeit erlosch. Sie sah zum Himmel auf und dann über die Felder. Das Meer war von hier aus nicht sichtbar, aber der Wind brachte heute seine Grüße.
» Ich weiß nicht «, sagte sie.» Ich habe niemanden mehr – «
» Doch, das hast du! «rief er. Die Zunge versagte ihm, er konnte nicht weitersprechen. In seinen Gedanken verfluchte er sich dafür.
*
Die Waffen des Frühlings besiegten den Winter. Immer noch war Frida in Thorkels Haus. Niemand hielt es ihr vor, daß sie einen Bastard trug. Ganz im Gegenteil, es hätte ja etwas nicht mit ihr gestimmt, wenn es nach diesen Erlebnissen anders gewesen wäre! Unter Morgenübelkeit hatte sie nur wenig zu leiden. Das mochte an ihrer Gesundheit und Kraft liegen, aber vielleicht hing auch noch ein wenig Elfenzauber an ihr. Daher konnte sie schwer arbeiten, und wenn es nichts mehr zu tun gab, machte sie lange Spaziergänge. Am liebsten ging sie allein, doch Audun schloß sich ihr oft an. Asa war froh über die Hilfe und über die Anwesenheit einer Frau, mit der sie plaudern konnte. Sie hatte keine Töchter und nur wenige Mägde; dieser Haushalt war nicht so groß, wie der Orms gewesen war. Aber das Sprechen besorgte Asa fast ganz allein. Frida antwortete nur in wohlerzogener Weise, wenn das Wort an sie gerichtet wurde.
Anfangs war ihr jeder Tag eine Qual. Die Last ihrer Sünde und den Verlust ihrer Angehörigen konnte sie ertragen, und das neue Leben, das in ihr wuchs, gab ihr sogar Trost. Aber sie kam nicht darüber hinweg, daß sie Skafloc verloren hatte.
Das Letzte, was sie von ihm gesehen hatte, war sein entsetztes Gesicht, als sie sich an jenem Wintermorgen an Orms Grabhügel von ihm trennte. Er war gegangen. Mitten durch seine Feinde war er unterwegs in ein schreckliches Land und zu einem Ziel, das seinen Untergang bedeutete. Wo mochte er heute sein, fragte sie sich ständig. Lebte er noch, oder lag er schon lange still und steif auf der Erde? Pickten die Raben nach den Augen, die für sie geleuchtet hatten? Verlangte er nach dem Tod, wie er einstmals nach Frida verlangt hatte? Oder hatte er die Erinnerung an sie verbannt und seine Menschlichkeit für das kühle Vergessen hingegeben, das ihm Lias Küsse brachten? Nein, das war unmöglich. Solange er lebte, würde er seine Liebe nicht verraten.
Ab und zu träumte
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