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Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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mich um. Ganz hinten stand eine Ansammlung von Umzugskartons, ein paar Kisten und diverse Möbel. Eine Werkbank voller Werkzeuge. Unter anderem eine Axt, mit der wir das Kaminholz hackten.
    Ich ergriff die Axt und wollte gerade zum hinteren Ende der Garage laufen, als ich hörte, wie hinter mir die Tür zum Hauswirtschaftsraum eingetreten wurde. Ich bahnte mir einen Weg zwischen den Kartons und Kisten hindurch, duckte mich und hielt den Atem an. Sie kam die Stufen herab.
    Ich war bloß zehn oder zwölf Meter von ihr entfernt und musste mich zusammenreißen, um bei ihrem Anblick im hellen Licht der Neonröhren nicht laut aufzuschreien. Das Blut. Sie war in Blut getränkt . Suchend schaute sie sich in der Garage um und wetzte dabei das Messer am Lauf des Revolvers, als wollte sie es schärfen. Ich hielt die Axt an meine Brust. Sie kam näher. Noch sechs Meter.
    » William … William. « Der Singsang in ihrer Stimme war furchterregend. Drei Meter. »Vielleicht sollte ich einfach Walt suchen und es hinter mich bringen. Ich nehme an, du hast ihn weggeschickt, damit er sich im Hubschrauber versteckt …« Sie drehte sich von mir weg.
    Ich holte aus. Als sie mit ausgestreckter Waffe herumwirbelte, traf ich sie mit dem Schaft am Arm. Der ohrenbetäubende Knall eines Schusses erschütterte die Betonsteinmauern.
    Glühende Hitze.
    Die Wucht des Geschosses zerfetzte mir den linken Oberschenkel. Auf seinem Weg durch die Messerwunde atomisierte es Gewebe und Knochen, mit einem gellenden Schrei stürzte ich auf den ölbefleckten Boden. Mir wurde kurz schwarz vor Augen, als sie sich auf mich schwang. Blut tropfte von ihrem Gesicht auf meins. Ich konnte spüren, wie sie mit dem Messer hantierte, an mir herumsäbelte und irgendetwas abschnitt.
    Das war’s also.
    Als mein Blick wieder klar wurde, hielt sie einen langen Streifen meines Hemdes in der Hand. Sie band ihn oberhalb der Schusswunde um mein Bein und zog ihn fest. »Ich brauche dich lebend, William. Lebend.«
    O Sam. O Walt. Es tut mir so leid. Ich konnte ihre Gesichter vor meinen Augen sehen.
    »Also gut.« Sie hockte auf meinem Brustkorb. »Ich gehe jetzt und töte Walt. Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, also werde ich ihn einfach abstechen. Eine Gnade, die ich dir nicht gewähre. Du sollst die Leiche deines Sohnes sehen. Danach stecke ich mir den Revolver in den Mund, und das war’s dann.«
    Der Revolver. Er lag neben ihrem Knie, nur Zentimeter von meiner rechten Hand entfernt. Ich schlug dagegen, und er schlitterte etwa einen Meter über den Boden. Sie hielt mir das Messer drohend vors Gesicht. »Sei nicht dumm.« Mit geöffneter Handfläche rammte ich meine Linke direkt in die Messerspitze und drückte mit Macht nach unten. Die Zwanzig-Zentimeter-Klinge bog sich und hebelte die Wunde weiter auf – zwei Zentimeter, fünf Zentimeter –, während die Spitze sich allmählich aus dem Handrücken schob. Ich spürte keinen Schmerz. Sie wirkte verdutzt, als ich mein gesundes Bein um ihre Taille schlang und sie fest umklammerte. Mit der Rechten ergriff ich ihr Handgelenk und drehte die Klinge zu ihr hin. Sie zerrte an dem Messer und versuchte, es herauszuziehen, doch ich ließ nicht nach, zog sie mit dem Bein an mich heran und drückte ihr das Messer mit beiden Händen entgegen. Der kalte Stahl schabte über die Knochen meiner linken Hand, ein schrecklicher, fremdartiger Schmerz. Blut lief den geriffelten Metallgriff hinab. Sie krallte sich mit der freien Hand in mein Gesicht, schlitzte mir mit den Nägeln die Wange auf. Als sie es wieder probierte, riss ich den Kopf hoch und bekam ihren Daumen zwischen die Zähne. Wie rasend biss ich zu, hörte sie schreien, schmeckte den Kupfergeschmack ihres Bluts in meinem Mund, und wir verknoteten uns wie zwei wahnsinnige Wrestler immer fester in einem absurd verschlungenen Kampf auf Leben und Tod. Der Schweiß lief mir in Strömen übers Gesicht. Ich drückte immer noch gegen das Messer, zog sie weiter an mich heran, wobei das rechte Bein höllisch schmerzte, während ich das linke überhaupt nicht mehr fühlte. Ich spürte, wie meine Zähne über Knochen schabten, als sie versuchte, ihren Daumen aus meinem Mund zu ziehen – die Spitze der Klinge war jetzt nur noch Zentimeter von ihrer Kehle entfernt. In einem Akt der Verzweiflung ließ sie plötzlich den Messergriff los und griff nach dem Revolver. Ich umfasste mit meiner Rechten ihren Hinterkopf, stemmte mich mit der Brust so fest wie möglich gegen den Griff des Messers, das

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