Das gebrochene Versprechen
Presseparty steckte. Und später war mir dann eingefallen,
dass er das Handy ja Shar geliehen hatte, sodass ich ihn sowieso nicht hätte
erreichen können. Shar war wirklich die Letzte, die ich sprechen wollte, weil
sie mich nur zur Schnecke machen würde, wenn ich weiter ermittelte, obwohl sie
mich doch von dem Fall abgezogen hatte. Aber ich konnte jetzt nicht aufhören,
nicht, ehe ich nicht die Wahrheit wusste. Die Wahrheit. Shar und ich, wir
teilen diese an Wahnsinn grenzende Obsession. Das war schon öfter beinahe ihr
Tod, und so, wie mein Leben läuft, wird es vermutlich irgendwann meiner sein.
Aber ich kann nichts dagegen machen; das ist mir angeboren wie die
Sommersprossen und die Neigung zu Dellen in den Oberschenkeln.
Aber
während ich im Century Plaza gewesen war, hätte ich versuchen sollen, jemanden
zu erreichen — Hy oder vielleicht auch Kurt Girdwood — und Ricky etwas bestellen zu lassen.
Aber ich war so von der Sucherei in Micks Dateien absorbiert gewesen, dass ich
es schlicht vergessen hatte. Und dann, als ich dort nichts gefunden hatte, war
ich nur darauf fixiert gewesen, so schnell wie möglich loszukommen. Jetzt
brauchte der Computer am Mietwagenschalter eine Ewigkeit, um sein Werk zu
verrichten, also konnte ich die Zeit auch nutzen.
Ich
entschuldigte mich und ging zu den Telefonkabinen hinüber. Ich hatte die Nummer
des Hyatt Regency in mein Notizbuch geschrieben und fand die Seite, während ich
mit der anderen Hand die Telefonkarte in den Schlitz steckte.
Die
Midnight-Tour sei noch nicht eingetroffen, erklärte mir die Rezeption.
Verdammt!
Ich hinterließ eine Voice-Mail für Ricky, die einfach nur lautete, dass ich
okay sei, kurzfristig meine Pläne geändert hätte und mich später nochmal melden
würde. Dann eilte ich wieder zum Mietwagenschalter, Unterzeichnete die
Mietvereinbarung und ging hinaus auf den Bürgersteig, um auf den Shuttle-Bus zu
warten.
Als
Ich dort stand, kreuzte ich die Finger und versuchte, auch die Zehen zu
kreuzen. Die Information in Jenny Gordons Fax konnte den Durchbruch bedeuten,
den wir brauchten, um diesen ganzen Mist abzuschließen — und den Ricky und ich
brauchten, um uns unserem gemeinsamen Leben zuwenden zu können.
Ich
schloss die Augen und vergegenwärtigte mir sein Gesicht, als er vor Union
Station auf mich herabgeguckt und gesagt hatte: »Ich liebe dich, Red.« Öffnete
die Augen wieder und sah, dass der Bus da war.
23
7 Uhr 03, Sommerzeit der
Rocky Mountains-Staaten
»Die Stadt Albuquerque und
Country-Radio krst heißen die Midnight
Train to Nowhere -Tour willkommen... Kein Radioboykott in Neu-Mexiko!«
Die Worte zogen über einen
Monitor in der Mitte der nahezu verlassenen Ticketschalterhalle des Flughafens.
Zwei, drei Bandmitglieder johlten, und ein paar Leute klatschten, aber Ricky
schien es kaum mitzukriegen. Unser Flug war verspätet von Barstow gestartet,
und Ricky war sowohl erschöpft als auch in Sorge um Rae.
Er hatte um drei versucht, sie
in meinem Haus anzurufen, aber dort hatte niemand abgenommen. Daraufhin hatte
er bei dem Limousinen-Service nachgefragt, der sie in sfo hatte abholen sollen, und erfahren, dass ihr Flug nie
angekommen war. Nachdem er mich geweckt hatte, rief ich die Chartergesellschaft
an; dort sagte man mir, der Limousinenfahrer in L.A. habe den Flug auf Raes
Anweisung storniert. Der Limousinenservice hatte keine Unterlagen darüber, wo
der Fahrer sie abgesetzt hatte, und weigerte sich, mir dessen Privatnummer zu
geben. Ich fragte, ob sie sich bei dem Mann erkundigen und mich dann
zurückrufen könnten. Sie stellten sich quer, also gab ich den Hörer an Ricky
weiter. Er erklärte ihnen, dass sein Label ein Großkunde sei und sich leider
gezwungen sehen werde, einen anderen Service zu finden, wenn sie sich nicht
kooperationsbereiter zeigten. Inzwischen waren wir in Barstow angekommen, und
da man in der Luft kein Handy benutzen darf, hatte er sie gebeten, eine
Botschaft im Hotel in Albuquerque zu hinterlassen. Jetzt hatte er es eilig,
dorthin zu kommen und seine Voice-Mail zu checken. Zum Glück klappte die
Abholerei an diesem Ende, und bald waren wir im Hyatt Regency — einem
zwanzigstöckigen Kasten aus Kieselgranit und Marmor, mit einem Lichthof voller
Palmen in der Mitte der Halle. Während wir auf unsere Zimmerschlüssel warteten,
musterte ich die Palmen und fragte mich, ob sie wirklich lebendig waren; seit
mir jemand erzählt hatte, dass die überaus lebensechten Palmen
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