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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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im
John-Wayne-Flughafen von Orange County einbalsamiert sind, begegne ich allen
Bäumen in geschlossenen Räumen mit Argwohn. Die Palmenkontemplation lieferte
mir einen Vorwand, mich nicht mit Hy zu befassen, der sich im Flugzeug noch
distanzierter verhalten hatte.
    Ricky kam vom Empfangstresen
und schien halbwegs erleichtert. »Die sagen, ich habe eine ganze Reihe
Voice-mail-Botschaften; ich hoffe, von Red ist eine dabei.«
    »Ich komme noch mit in deine
Suite, während du sie abhörst.«
    Hy kam zu uns und reichte mir
meine Schließkarte. »Ich komme besser auch mit und prüfe erst mal, ob das
Zimmer sicher ist.« Wir gingen zu den Aufzügen und fuhren schweigend hinauf,
zusammen mit Forrest Curtin, Pete Sherman und Kurt Girdwood. Die Party war
schon lange vorbei; alle waren müde und freuten sich auf ein paar Stunden
Schlaf. Wir trennten uns im Mittelflur; die drei gingen nach links, wir drei
nach rechts. Leute vom nächstgelegenen RKI-Büro in Phoenix hatten bereits am
Durchgang zu jedem der beiden Flügel Posten bezogen.
    Ricky ging direkt zum Telefon
in seinem Wohnzimmer, während ich in einen Sessel fiel und Hy das angrenzende
Schlafzimmer inspizierte. Mein Schwager hörte seine Voice-mail ab und begann,
irgendwelche Dinge auf einem Notizblock festzuhalten. Er verzog ein paar Mal
das Gesicht und schüttelte den Kopf, dann wurden seine Züge weich und sein
Ausdruck bekam etwas Sehnsüchtiges. Er spielte die letzte Botschaft noch einmal
ab und legte dann auf. »Also, sie hat angerufen, kurz nach sechs — also fünf,
nach kalifornischer Zeit. Sie sagt, sie ist okay, hat ihre Pläne geändert und
meldet sich wieder.«
    »Nicht sehr mitteilsam.«
    »Nein, aber wenigstens ist
alles in Ordnung.«
    »Irgendwas vom Limousinenservice?«
    »Die Privatnummer des Fahrers;
er ist jederzeit bereit, mit uns zu reden. Willst du ihn anrufen?«
    Ich nickte und nahm einen
Nebenapparat auf dem Tisch neben mir ab. Als ich die Nummer wählte, die Ricky
auf dem Notizblock umkringelt hatte, kam Hy aus dem Schlafzimmer, gab uns ein
Okay-Zeichen mit erhobenem Daumen und setzte sich aufs Sofa. Ricky ging auf und
ab, während ich mit dem Fahrer sprach.
    »Die Lady hat mich gebeten,
ihren Flug nach sfo zu
stornieren«, sagte er. »Ich habe sie beim Tower des Century Plaza abgesetzt, so
um eins.«
    »Hat sie vom Wagen aus
telefoniert?«
    »Nein.«
    »Wie kam sie Ihnen vor?«
    »Sie meinen, ob sie okay war?
Doch, ich glaube schon. Als wir von Union Station losfuhren, war sie irgendwie
aufgewühlt, hat ein bisschen geweint. Dann wurde sie ganz still. Aber als ich
sie beim Hotel abgesetzt habe, wirkte sie schon munterer.«
    Ich dankte ihm und rief Mick
an.
    »Yeah«, sagte seine schläfrige
Stimme, »Sie ist hier aufgetaucht und hat gefragt, ob sie meine Dateien zu den
Ermittlungen einsehen kann.«
    »Gib sie mir mal.«
    »Sie ist nicht mehr da.«
    »Wann ist sie wieder gegangen?«
    »Weiß der Teufel. Ich bin
wieder ins Bett gegangen und wusste bis eben nicht mal, dass sie weg ist.«
    »Hat sie gesagt, was sie
gesucht hat?«
    »Nein. Sie sagte, sie wolle
alle Dateien durchgucken. Ich hab sie gefragt, warum, wo du sie doch von dem
Fall abgezogen hattest, und sie hat mich so angeguckt. Du weißt doch, mit
diesem Blick.« Ich wusste es wohl. Wer sich Rae in den Weg stellen wollte,
wurde von einem grimmigen Blick durchbohrt.
    Als Nächstes rief ich die
Rezeption des Century Plaza an. Dort sagte man mir, Rae habe so etwa um vier
Uhr dreißig ein Taxi nach lax geordert
    »Wo, zum Teufel, kann sie
hingeflogen sein?«, fragte Ricky, als ich die Information weitergab.
    »Keine Ahnung.«
    Er setzte sich aufs Sofa und
begann, seine Stiefel auszuziehen. »Was glaubst du, was in Dreiteufelsnamen sie
vorhat?«
    »Ich vermute, sie geht einer
Spur nach.«
    »Verdammt! Du hast sie doch von
der Sache abgezogen.«
    »Ich glaube, du solltest dich
dran gewöhnen, dass niemand Rae von irgendwas abhalten kann, was sie tun will —
auch du nicht.«
    »Das werden wir ja sehen.« Aber
er schien nicht allzu optimistisch, was seine diesbezüglichen Chancen betraf.
    Ich sah zu Hy hinüber. Er
betrachtete mich kühl und analytisch. Diesen Blick hatte ich kürzlich bei ihm
gesehen, als wir in einer gemieteten Beechcraft saßen und er die Ursache eines
Leistungsabfalls des Backbordmotors abzuschätzen versuchte; es gefiel mir gar
nicht, damit bedacht zu werden.
    Ricky sagte: »Und wo sollte sie
überhaupt eine Spur herhaben? Der Fahrer sagt doch, sie hat nicht

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