Das gebrochene Versprechen
macht’s euch gemütlich, nehmt
euch was zu essen.« Er und Hy gingen zu dem jeweiligen Trailer, aber ich blieb
stehen und musterte das umliegende Terrain. Die Bäume des Windschutzes ragten
vor mir empor, die zerfurchten Stämme und silbrigen Blätter scharf umrissen vor
dem Licht der Bühnenscheinwerfer. Hinter den Hügeln verlosch jetzt der
Sonnenuntergangshimmel, und die Show war in vollem Gang. Musik dröhnte aus der
Mulde herauf, aber ich konnte nicht sagen, ob sie gut oder schlecht war, nur,
dass sie laut genug war, um eventuelle Geräusche in meiner Umgebung zu
übertönen.
Hey, McCone, dachte ich. Was
befürchtest du? Dass jemand zwischen hier und den Trailern dort drüben auf
Ricky losgeht? Dennoch wartete ich, bis er in Trailer Nummer drei war, ehe ich
mich umdrehte und Hy folgte.
Der Trailer war ziemlich groß,
mit einem Sitzbereich für vier bis fünf Personen. Auf der Frühstückstheke waren
kalte Platten aufgebaut, und Hy hatte sich schon bedient. Ich stellte meine
Tasche ab, nahm mir etwas Salami, Käse und Baguette und setzte mich zu ihm auf
die Sitzbank.
»Sind die Sicherheitsmaßnahmen
wirklich so gut, wie du gesagt hast?«, fragte ich.
»So lala, aber ich habe ihm
gesagt, was er hören wollte.«
»Die Bühne liegt ganz günstig.
Dahinter ist der Teich, also brauchen wir nicht zu befürchten, dass jemand von
dort kommt. Die Zuschauer sind angenehm weit weg.«
Hy machte eine Flasche Bier
auf. »Also ist alles, was wir zu befürchten haben, dass jemand die Bühne stürmt
und an den Sicherheitsleuten vorbeikommt. Oder dass ein Irrer im Taucheranzug
aus dem Teich steigt wie das Ungeheuer der Schwarzen Lagune.«
»Trotzdem ist das
Gefahrenpotenzial nicht zu unterschätzen. Was ist, wenn ihm einer seiner
eigenen Leute etwas antun will? Oder jemand am Hang, mit einem
Hochleistungsgewehr?«
Hy schwieg einen Moment. »Bist
du bewaffnet?«
»Nein. Das sollte schließlich
ein netter Abend werden. Ich habe meine Pistole heute gar nicht erst ins Büro
mitgenommen.« Ich schob meinen Teller weg, obwohl ich das Essen kaum angerührt hatte.
»Gott, ich hasse solche Situationen!«
»Ich muss zugeben, mir wäre es
auch lieber, er würde erst wieder auftreten, wenn meine Leute dabei sind.«
»Ich meine nicht nur heute
Abend. Das Problem solcher Situationen ist, dass es zu viele Ecken gibt, aus
denen die Gefahr kommen kann, zu viele Möglichkeiten. Hinter diesen Briefen
könnte jeder stecken. Der- oder diejenige könnte von jeder Seite kommen,
jederzeit. Könnte jedes Motiv haben. Könnte jemand aus seiner nächsten Umgebung
sein oder jemand völlig Fremdes. Könnte zu immer bedrohlicheren Mitteln
greifen, sich ein Weilchen ruhig verhalten oder ganz von der Bildfläche
verschwinden. Und ich darf nichts übersehen, nicht wenn es um die Sicherheit,
um das Leben von Leuten geht, die ich liebe.«
»Du willst doch nicht sagen,
dass du Angst hast, McCone?«
»Doch. Ich wäre nicht ganz bei
Trost, wenn ich keine hätte. Ich mag keine Fälle, wo ich so persönlich
involviert bin, wo so viel auf dem Spiel steht.«
Er flocht die Finger seiner
rechten Hand in die meiner linken und beugte sich vor, bis sein Gesicht dicht
an meinem war. »Lass die Angst nicht zum Handicap werden«, sagte er. »Und denk
dran — du und ich, wir sind ein unschlagbares Team.«
Kurz vor zehn war die Nacht
schwarz und sternenfunkelnd, aber die reglose Luft hatte immer noch nichts von
der samtigen Weichheit, die ich mit warmen Sommerabenden assoziierte. Diese
Hitze war unangenehm und schabte über meine Haut wie eine stumpfe Messerklinge.
Sie machte mich gereizt, und ich merkte, dass sie auf Hy dieselbe Wirkung
hatte.
Wir bestiegen vor dem Trailer
einen Golf-Cart — Hy und ich hinten, Ricky vor uns, mit dem Reporter des
Lokalblatts plaudernd — und rumpelten zum Bühnenbereich hinunter. Der Maxima-Auftritt
war beendet; eine Armee von Roadies war auf dem Bandpodium und drumherum
zugange. Mittendrin entdeckte ich Virgil Rattray, das Klemmbrett in der Hand,
Befehle brüllend. Die Scheinwerfer blendeten, machten es schwer; mehr zu
erkennen als Bewegung an den Hügelhängen. Ganz links standen lange Schlangen
vor den Türen einer Reihe von Mobilklos.
»Das ist eine unmögliche
Situation«, erklärte ich Hy angesichts des weiträumigen Chaos.
»Na ja, mir ist klar, dass ich
ganz schön schnell lernen muss. Aber was heute Abend angeht... bin ich nicht so
besorgt.«
Offenbar hatte ihn, während wir
im Trailer gewartet hatten, eine
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