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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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nach.«
    Er führte mich wieder durch die
Diele und dann durch einen Flur, an dessen Wänden abstrakte Gemälde in
knalligen Primärfarben hingen — etwas, wovon ich mir nicht vorstellen konnte,
dass es Charlenes oder Rickys Wahl war. Wie auch die afrikanischen Masken und
die Blumenarrangements. Plötzlich ging mir auf, dass das Feuer, das ihr Haus in
Pacific Palisades zerstört hatte, ihnen mehr geraubt hatte als nur ihre Habe.
Es war, als ob sie auch das Gefühl dafür verloren hätten, wer sie waren, und
sich jetzt — mit Hilfe eines miesen Innendesigners — bemühten, ihre Identität
wieder zu finden. Diese jähe Erkenntnis machte mir noch mehr Angst, was sie
beide anging, was ihre Kinder anging.
    Vom Ende des Flurs kamen
Geräusche: die vertrauten Klänge von »The Broken Promise Land«, überlagert von
einer dröhnenden Männerstimme.
    »Das ist es, was ihn so
großartig macht. Seine Präsenz, seine Power. Guck dir das an!«
    Ich spähte in den Raum, an
dessen einer Wand sich eine Bar befand, flankiert von einem Flipper und einer
Jukebox. An der Stirnwand lief auf einem Großbildfernseher ein Video von einem
von Rickys Konzerten. Während mein Schwager ein kompliziertes Picking spielte,
marschierte ein vierschrötiger, kugelköpfiger Mann in einem schrillen
Hawaii-Hemd laut dozierend vor dem Bildschirm auf und ab.
    »Guck ihn dir an! Dieser ganze
Scheiß, dass seine Karriere ihren Höhepunkt überschritten hat, das ist doch
alles Blödsinn. Ricky Savage wird noch die Charts stürmen, wenn wir beide
längst unter der Erde sind. Er ist und bleibt eine zentrale Größe in dieser
Branche, und keiner kann mir was anderes einreden!«
    Ein zweiter Mann, der, dem
Fernseher zugewandt, in einem Sessel saß, griff nach der Fernbedienung und
stellte den Ton ab. Er war schlank, mit wildem braunem Haar und
Pilotensonnenbrille, und trug Chinos und ein grünweißes Rugbyhemd. Seine Stimme
war leise, mit sanftem Südstaatenakzent, aber eindringlicher als das Gepolter
des anderen Mannes.
    »Mich brauchst du nicht zu
überzeugen, Kurt«, sagte er. »Spar’s dir für Ricky. Der wird’s brauchen, wenn
seine Frau damit fertig ist, ihn durch den Wolf zu drehen.«
    Der Kugelkopf — Kurt Girdwood —
wirbelte zu ihm herum und drohte ihm mit dem Finger. »Ich hab dich gewarnt,
Ethan, red mir nicht so über Charly! Du weißt ja nicht, was bei ihr dahinter
steckt. Du hast sie damals nicht gekannt, in früheren Zeiten, nicht
mitgekriegt, was sie alles durchgemacht hat.«
    Ethan Amory, Rickys Anwalt,
machte eine begütigende Geste mit der langfingrigen Hand. »Kann sein, aber was
ich jetzt mitkriege, ist nicht gut. Was immer dahinter steckt, sie zerreißt ihn
bei lebendigem Leib. Wenn du dem armen Kerl helfen willst, tu was, damit sie’s
lässt.«
    Girdwoods Schultern sackten
vornüber. Er ließ sich schwer in einen zweiten Sessel fallen und griff nach
einem Drink auf dem Tisch zwischen ihnen.
    »Und dann ist da noch das
andere Problem«, fuhr Amory fort. »Diese extremen Sicherheitsmaßnahmen — wieso,
zum Teufel?«
    »Er sagt —«
    »Ich weiß, was er sagt. Aber du
kannst mir nicht weismachen, dass das die ganze Story ist. Dieses RKI ist keine
normale Sicherheitsfirma; die sind internationale Spezialisten für
Terrorismusabwehr, mit Hauptsitz in La Jolla.«
    »Der Freund seiner Schwägerin
ist dort Teilhaber.«
    »Also beschließt Rick aus
reinem Familiensinn, Leute, die so teuer sind wie diese RKI-Typen, für reine
Routineschutzmaßnahmen hier in seinem Haus anzuheuern? Schwachsinn, Kurt.
Irgendwas läuft hier, was Ernstes, und Rick sagt uns nicht die Wahrheit. Ich
finde, wir sollten ihn zur Rede stellen.«
    »Würde ich dir nicht raten.«
    »Herrgott, wovor hast du Angst?
Du tust ja, als hätte er dich irgendwie in der Hand.«
    Girdwood sagte nichts.
    »Na ja«, sagte Amory nach
kurzem Schweigen. »Ich werde dem jedenfalls auf den Grund gehen.«
    Schweigen machte sich breit.
Ich wartete kurz, räusperte mich dann und trat ins Zimmer. »Guten Abend, Sie
sind sicher Mr. Girdwood und Mr. Amory.«
    Sie wandten sichtlich
erschrocken die Köpfe. Amory erhob sich. Ich streckte erst ihm, dann dem
Manager die Hand hin. »Ich bin Sharon McCone, Charlenes Schwester. Und das ist
mein Freund Hy Ripinsky. Oder kennen sich die Herren schon?«
    Hinter mir sagte Hy: »Wir
kennen uns schon.«
    Die beiden Männer wechselten
Blicke, fragten sich vermutlich, ob wir ihr Gespräch mitgehört hatten. Ich
nutzte die Gelegenheit, mich auf einen

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