Das gebrochene Versprechen
wir
über einige Dinge reden. Und Hy muss dir ein paar grundlegende
Sicherheitsmaßnahmen erklären.« Er nickte.
Ich stand auf und umarmte ihn
ausgiebig. Wünschte, ich könnte meine Schwester ebenfalls umarmen. Aber
Charlenes und mein Verhältnis war, wie das zwischen Schwestern so oft der Fall
ist, immer schon kompliziert gewesen, und mir war nicht danach, mir eine
weitere Abfuhr einzuhandeln. Bis sie irgendwann auf mich zukam, würde ich meine
Unterstützung und meinen Trost auf ihren Mann beschränken müssen.
Als ich, nach einem kurzen
Zwischenstopp in der Küche, in den Gästebungalow kam, fand ich im Schlafzimmer
Licht, aber keinen Hy. Vermutlich bei seinem Team, dachte ich und hoffte, dass
nicht noch irgendeine Krisensituation eingetreten war. Ich ging durchs Zimmer
in Richtung Bad und entledigte mich unterwegs meiner Kleidung, blieb dann aber
verdutzt an der Badtür stehen, weil von drinnen ein schwacher, flackernder
Lichtschein kam. Ich lugte um den Türpfosten und sah Hy in der großen
Massagewanne liegen. Auf einem Hocker standen eine Kerze und eine Flasche Wein
mit zwei Gläsern.
»McCone, wird auch Zeit. Komm
zu mir.«
Ich lächelte und testete die
Wassertemperatur mit den Zehen. »Nette Überraschung.«
»Ich dachte, du würdest genau
jetzt ein entspannendes Bad gebrauchen können.« Er goss ein und hielt mir ein
Glas hin, während ich mich in die Wanne gleiten ließ. Das Wasser brannte zuerst
in den kleinen Schnitten, die ich mir in dem Wirrwar nach dem Schuss zugezogen
hatte, und wirkte dann lindernd. Ich nahm Hy das Glas aus der Hand und trank.
»Und?«, fragte er. »Hast du
irgendwas erreicht, seit wir uns zuletzt gesehen haben?«
»Nichts.« Ich brachte ihn auf
den neuesten Stand und schloss: »Und jetzt habe ich Angst, dass Ricky sich mit
Rae tröstet.«
»Wäre das so schlimm?«
Ich starrte ihn verblüfft an:
»Das wäre schrecklich! Rae ist meine Freundin, Charlene meine Schwester. Wie
sollte ich mich ihnen gegenüber verhalten?«
»Na ja, nach dem, was du
erzählst, scheint deine Schwester Ricky doch nicht mehr zu wollen.«
»Nein, aber sie hat ihren
Stolz. Wenn er sofort was mit einer anderen anfangen würde... weiß der Himmel,
wie sie reagieren würde. Und ich will mir gar nicht vorstellen, was sie mit mir
machen würde, wenn sie rausfände, dass es Rae ist und dass ich die beiden
miteinander bekannt gemacht habe.«
»Ihr würdet schon drüber
wegkommen.«
»Aber die Kinder? Schlimm
genug, dass sie damit zurechtkommen müssen, dass ihre Mutter einen anderen Mann
hat.«
»Ich bin sicher, Ricky wäre
sehr diskret, was die Beziehung angeht. Er hat seine Privatsphäre immer schon gehütet.«
»Aber Mick würde mit Sicherheit
dahinter kommen. Wie würde er sich dabei fühlen, mit der Geliebten seines
Vaters in einem Büro zu arbeiten? Er ist erst achtzehn, selbst wenn er, wie
Keim behauptet, auf älter macht.«
Hy überlegte kurz. »Ich schätze,
Mick würde zuerst lostoben, aber mit der Zeit würde er’s akzeptieren. Außerdem
sind Burschen in diesem Alter viel mehr an ihrem eigenen Liebesleben
interessiert als an dem ihrer Eltern.«
»Mag sein, aber Mick sieht Rae
als Freundin. Ich glaube nicht, dass ihm je der Gedanke gekommen ist, dass sie
altersmäßig seinem Vater näher ist als ihm.« Ich schüttelte den Kopf und
fühlte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. »O Gott, das wäre einfach
schrecklich! Es könnte so vielen Menschen wehtun, so viele Leben ruinieren.«
»Charlenes und Rickys Leben
kann es ruinieren, wenn sie zusammenbleiben. Das Leben der Kinder kann es
ruinieren, wenn sie weiter der Art erbitterter Streiterei ausgesetzt sind, die
ich heute mitgekriegt habe. Ich habe das Gefühl, dass das schon länger so geht;
es klingt irgendwie nach einem fixen Drehbuch.«
Ich rutschte in die Wanne, bis
meine Haarspitzen schwammen und ließ dann den Tränen freien Lauf. »Herrgott,
ich will doch nur, dass alles wieder so wird, wie es war.«
Hy sagte sanft: »Vielleicht war
es ja nur in deinem Kopf so.«
Ich rutschte noch tiefer.
Er fasste meine Hände und
versuchte, mich zu sich herüberzuziehen. Ich sträubte mich.
»Ach, McCone, lass mal ein
Weilchen los. Komm her, ich helf dir dabei.«
Ich ließ mich von ihm
manövrieren, bis ich rittlings auf seinen Schenkeln saß, legte dann die Arme um
seinen Hals und presste meine nasse Wange an seine.
»Lass los«, flüsterte er und
strich mit der Hand meine Wirbelsäule hinunter. »Lass es für den Moment einfach
mal
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