Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
Wichtiges vor mir, und er hat
sich absichtlich in Gefahr gebracht, indem er allein davongefahren ist. Es ist
fast, als wollte er sich bestrafen, wofür auch immer. Ich glaube, diese Terriss
könnte dahinter stecken — und auch hinter den Drohungen.«
    »Ich werde es aus ihm
rauskriegen. Er will wirklich reden.« Diesmal konnte ich mir einen
überflüssigen sarkastischen Kommentar verkneifen. Stattdessen sagte ich: »Rae,
bist du sicher, dass du damit klarkommst? Ricky... na ja, er hat sein Leben
lang Herzen gebrochen.«
    »Und mir ist meins immer
gebrochen worden. Manche Dinge ändern sich vielleicht nie. Oder vielleicht
doch.«
     
     
     
     

12
     
    Aus Rae Kellehers Tagebuch:
     
    Manche
Leute hassen die Wüste. Zu groß, zu leer, zu überwältigend. Mein Exfreund
Willie Whelan ist so einer. Seine Idealvorstellung von einem Wüstentrip ist ein
Pauschal-Wochenende in Las Vegas. Aber ich liebe die Wüste. Diese Endlosigkeit
hat etwas ungeheuer Tröstliches. Macht einem klar, wie unwichtig die eigenen
Probleme sind, angesichts des großen Ganzen.
    Vielleicht,
dachte ich, als die Maschine über der rotbraunen Landschaft südlich von Tucson
in den Landeanflug ging, vielleicht flüchtet Ricky sich ja deshalb hierher.
Vielleicht weiß er ja, dass die Weite seinen Zorn und seinen Schmerz
relativieren wird. Bestimmt weiß er’s, wir sind uns ja in vielem so ähnlich.
    Der
Pilot sagte über den Lautsprecher: »Wir sind in fünf Minuten unten, Ms.
Kelleher. Schnallen Sie sich jetzt lieber an.«
    Ich
hatte den Gurt gar nicht gelöst, vergewisserte mich aber, dass er noch richtig
saß. Während des Flugs hatte ich die Berge und Ebenen unter uns betrachtet und
den Knoten in meinem Magen ebenso zu ignorieren versucht wie die Tatsache, dass
ich gar nicht gern fliege. Shar hat mir die Aerodynamik erklärt, aber ich kann
trotzdem keinen vernünftigen Grund sehen, warum ein Flugzeug so einfach in der
Luft bleiben sollte, weshalb ich einen Haufen geistige Energie darauf verwende,
es dort zu halten, solange ich an Bord bin. Und hinzu kamen die Umstände meines
überstürzten Aufbruchs. Und Ricky.
    Gott,
allmählich wünschte ich, ich wäre daheim in San Francisco und säße mit seinem
Sohn und den Resten der Tacos vor der Glotze! Wie Shar am Telefon gesagt hatte:
Vielleicht hatte ich mich diesmal auf etwas eingelassen, was mir über den Kopf
wachsen würde.
    Ich
konnte jetzt Gebäude erkennen — aus rotbraunem Backstein, der mit der
Landschaft verschmolz. Die meisten gruppierten sich um einen Swimmingpool und
Tennisplätze, und ein paar weitere befanden sich am Fuß einer Mesa, ein ganzes
Stück weiter weg. Überall wuchsen knorrige Kandelaberkakteen, die mit den
Fäusten zu drohen schienen, außerdem stachlige Kerzensträucher und Büschel von
Artemisia. Zu unserer Rechten erstreckte sich eine lange Betonlandebahn, deren
frisch aufgemalte MaRKIerungen mich auch nicht beruhigten. Daneben lehnte ein
Mann an einem Jeep. Es war nicht Ricky. Unser Anflug wurde steiler, und ich
holte tief Luft und schloss die Augen, bis ich spürte, wie wir aufsetzten.
    Als
die Maschine ausrollte, schnappte ich mir Reisetasche und Handtasche und ließ
mir von dem Piloten hinaushelfen. Draußen herrschte eine unmenschliche Hitze —
bestimmt über vierzig Grad — , und die Frühabendsonne blendete mich. Von dem
Mann, der jetzt vom Jeep herüberkam, nahm ich zuerst nichts als eine Silhouette
wahr; dann gewöhnten sich meine Augen an das gleißende Licht, und ich erkannte
strubbliges schwarzes Haar und indianische Züge, die mich an Shar erinnerten.
    »Ms.
Kelleher«, sagte er, »ich bin Miguel Taylor, Ricks Tonmeister. Willkommen in
Little Savages.«
    »Danke.«
Ich gab ihm die Hand. »Bitte nennen Sie mich Rae.«
    »Und
Sie mich Mig. Ich hole Sie ab, weil Rick vor etwa einer Stunde von unterwegs
angerufen hat. Er hatte Probleme, der Porsche ist zu heiß geworden, aber das
ist jetzt repariert, und er müsste bald da sein.«
    Vermutlich
war er zu heiß geworden, weil Ricky wie ein Arschloch gefahren war, dachte ich.
Ich weiß nicht, warum, aber man braucht nur einen völlig normalen Menschen ans
Steuer eines solchen Wagens zu setzen, und schon kommen seine finstersten
Seiten zum Vorschein — vor allem, wenn gerade seine Ehe zum Teufel gegangen
ist.
    Mig
nahm meine Tasche und verstaute sie im Jeep. Der war, wie ich mit einiger
Genugtuung zur Kenntnis nahm, genauso heruntergekommen wie die Rumpelkiste,
mein uralter Rambler American. Ich rief dem Piloten

Weitere Kostenlose Bücher