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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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gesagt.«
    »Mein Gott. Dann habe ich das
alles durchlitten — und er auch — , nur weil ich falsche Schlüsse gezogen
habe.«
    »Ich verstehe dich nicht.«
    »Vor etwa einem Jahr bat Ricky
mich, auf Little Savages einige alte Dateien durchzusehen; er wollte mit den
anderen das neue Label gründen und brauchte Zahlen über die Studiokosten. Na
ja, manche Zahlen waren nicht im Computer; also ging ich an den Aktenschrank,
um dort zu schauen. Und da fand ich eine Anwaltsrechnung.«
    »Wofür?«
    »Es stand nichts drauf, außer
›Betr. Patricia Terriss‹. Die Rechnung war zwei Jahre alt. Sie kam nicht von
Ethan, der nur für das Musikgeschäft zuständig ist, und auch nicht von dem
Mann, den wir sonst konsultieren. Aber ich kannte den Namen. Es war jemand mit
einem erstklassigen Ruf, Spezialist für Scheidungen, Vaterschaftsklagen und so
was. Also habe ich mir einen Termin geben lassen und bin hingegangen.«
    »Warum hast du nicht einfach
Ricky gefragt?«
    »Es lief schon nicht mehr
besonders gut zwischen uns. Das Haus hier war gerade im Bau, und wir wohnten in
einem gemieteten Haus in Pacific Palisades. Es war zu klein, und wir hatten bei
dem Brand alles verloren, und die Kinder wollten nicht hierher ziehen, weil sie
nicht von ihren Schulen und Freunden wegwollten. Sie stellten die schlimmsten
Dinge an — es war kurz nach der Sache mit Mick und dem Computer der
Schulaufsicht, du weißt doch? Und außerdem... hörte ich alles Mögliche.«
    »Was?«
    »Nichts Konkretes. Nur so ein
Raunen im Freundes- und Bekanntenkreis. Kennst du das, diese teilnahmsvollen
Blicke von Leuten, mehr neugierig als wirklich mitfühlend, weil sie glauben,
dass bei dir irgendwas nicht in Ordnung ist? Das ist mir in der Zeit oft so
gegangen. Und die Leute sagten Dinge wie ›Wenn du jemanden zum Reden brauchst,
ich bin immer für dich da‹, und wenn ich fragte, wieso, wechselten sie das
Thema. Nach einer Weile war ich mir sicher, dass da irgendwas mit Ricky war,
wovon alle wussten, nur ich nicht. Deshalb konnte ich ihn nicht fragen, was das
sollte — eine Anwaltsrechnung, bei der es um eine Frau ging und die er
absichtlich vor mir versteckt hatte.«
    »Hast du von dem Anwalt etwas
erfahren?«
    »Nein. Er hat sich auf das
Anwaltsgeheimnis berufen und mir erklärt, wenn ich wissen wolle, warum mein
Mann bei ihm gewesen sei, solle ich ihn selbst fragen. Aber er hat mir
wenigstens versprochen, Ricky nicht zu sagen, dass ich da war.«
    »Und was hast du dann gemacht?«
    »Nur endlos vor mich
hingebrütet. Natürlich wusste ich, dass Ricky auf Tour kein Unschuldsengel war.
Ich habe ihn ja das eine Mal sogar überrascht. Aber diese Frauen waren ihm nie
wichtig, und er ist immer zu mir nach Hause gekommen. Das hier war anders. Wenn
er wegen ihr einen Anwalt dieses Kalibers aufgesucht hatte, musste sie mehr
sein als nur jemand fürs Bett nach dem Konzert. Vielleicht war sie ihm ja
wirklich wichtig. Ich glaube, ich wollte es einfach nicht wissen. Mit der Zeit
wurde ich so depressiv, dass ich mich kaum noch aufraffen konnte, an die Uni zu
gehen.«
    »Hat Ricky es gemerkt?«
    »Ja, aber er dachte, es läge an
unserer Wohnsituation und an den Problemen mit den Kindern. Und er war sowieso
nicht viel zu Hause; zu der Zeit war gerade die Broken Promise Land- Tour.«
Sie lachte bitter. »Ganz schön passender Titel, was?«
    »Und du hast niemandem davon
erzählt?«
    »Nur Vic. Vic Christiansen, ein
Gastdozent, der bei uns ein Fortgeschrittenenseminar über Internationale
Finanzen hielt. Eines Tages hat er mich nach der Veranstaltung angesprochen und
auf einen Drink eingeladen. Ich bin mitgegangen, und wir haben geredet, und
schließlich hat er mir gesagt, dass er mich beobachtet hatte und sich Sorgen um
meine seelische Verfassung machte. Also hab ich ihm alles erzählt.«
    »Und du hast dich in ihn
verliebt.«
    »Nicht gleich, aber in den
Monaten danach, ja.« Sie zögerte. »Shar, weißt du, wie das ist, wenn man immer
den Traum eines anderen lebt und nie einen eigenen hat?«
    »Nicht so recht.«
    »Ich schon. So war mein Leben,
seit ich sechzehn war. Unsere ganze Ehe drehte sich um Ricky und seinen Traum.
Mit seiner Energie und seinem Talent hat er mich einfach überrollt, und ich
habe meine Bedürfnisse und Wünsche völlig zurückgestellt. Dass ich mich an der
Uni einschrieb, war das Erste, was ich jemals für mich getan habe. Mich in Vic
zu verlieben, war das Zweite. Er hat mich überredet, tatsächlich mein Diplom zu
machen. Endlich habe ich meinen

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