Das gebrochene Versprechen
fast
taillenlang. Große, große grüne Augen. Lange, schmale Hände. Sie spielte
ziemlich gut Gitarre, und ich hab ihr gesagt, sie soll doch nach Nashville
gehen, es als Sessionmusikerin versuchen; die haben immer Arbeit und verdienen
gut. Aber nein, das war nichts für sie; sie musste ein Star werden. Warum?, hab
ich sie gefragt. Das habe ihr Daddy sich immer für sie erträumt. Ihre Daddys
erträumen sich immer große Dinge für sie — vor allem, dass sie einen Haufen
Kohle machen und dem guten Dad einen Cadillac kaufen.«
»Außer dem Nashville-Vorschlag
— habt ihr sonst noch über ihre Karrieremöglichkeiten geredet?«
»Sie hat’s versucht; ich habe
mein Bestes getan, sie abzulenken.«
»Und du hast ihr nichts
versprochen?«
»Nein. Ich verspreche
Möchtegernstars nie etwas — egal, ob sie Talent haben oder nicht. Wenn ich auf
Musiker treffe, die wirklich was drauf haben und bereit sind, hart zu arbeiten,
dann sorge ich dafür, dass sie die richtigen Leute kennen lernen. Alles Weitere
liegt dann bei den Betreffenden selbst.«
»Okay, erinnerst du dich an die
Telefonnummer, unter der du diese Terriss angerufen hast, um das Date in dem
Motel zu verabreden — die Nummer, die sie, wie du sagst, immer in ihren Briefen
angegeben hat?«
Er dachte angestrengt nach.
»Nein.«
»Und die Briefe hast du
vermutlich vernichtet?«
»Gott, klar doch.«
»Erinnerst du dich an ihre
Schrift? Hatte sie Ähnlichkeit mit der der jetzigen Briefe?«
»Sie hat immer alles getippt,
außer dem ›P‹, mit dem sie unterzeichnete.«
»Tja, das ist keine Basis für
einen Vergleich. Denk an die Telefonnummer; versuch sie vor dir zu sehen. War
es die Vorwahl von L.A.?«
Er schloss die Augen. »Weiß
nicht, warum, aber ich denke dreihundertzehn. Vielleicht, weil das meine
Vorwahl in Pacific Palisades war.«
»Und deine aufgeschlüsselten
Telefonrechnungen für Pacific Palisades sind verbrannt?«
»Ja, aber ich habe sie nie von
dort aus angerufen. Ich habe immer einen Apparat in einem leer stehenden Büro
bei Transamerica benutzt.«
»Na ja, das erübrigt sich dann
wohl. Keine Chance, deren alte Telefonrechnungen einzusehen, ohne Neugier zu
wecken. Nächste Frage — hattest du vor etwa einem Jahr eine Affäre? Um die
Zeit, als Charlene diese Anwaltsrechnung gefunden hat?«
Er runzelte die Stirn. »Eine
Affäre? Guter Gott, nein. Nach der Terriss-Sache habe ich mich auf gar nichts
mehr eingelassen.«
»Charlene war aber davon
überzeugt.« Ich erklärte ihm, was sie mir über die teilnahmsvollen Blicke und die
Bemerkungen von Bekannten erzählt hatte.
»Jetzt, wo du’s sagst«, sagte
er. »Mir ist in der Richtung auch einiges aufgefallen, aber ich hab’s auf die
blöde Tratscherei von Leuten geschoben, die zu viel Zeit haben. Es muss Gerede
gegeben haben, weil Kurt direkt auf mich zukam und mich fragte, ob ich
irgendwas nebenbei am Laufen hätte. Er wollte mir nicht sagen, wie er darauf
kam. Wieso konnte Charly mich nicht einfach fragen?«
»Sie sagte, sie wollte es nicht
wissen, schon gar nicht nach der Sache mit der Anwaltsrechnung.«
Einen Moment lang machte er ein
wehmütiges Gesicht, dann zuckte er die Achseln. »Na ja, wenn es nur ein
bisschen Klatsch und ein Stück Papier brauchte, um uns auseinander zu bringen,
kann da nicht mehr viel gewesen sein, oder?«
Darauf wusste ich keine
Antwort, also stellte ich meine nächste Frage. »Das Haus in Pacific Palisades
brannte ein halbes Jahr vorher ab. Was hat das Feuer verursacht?«
»Ach, du weißt doch, wie dieser
Canyon war — voll mit Eichen und Manzanita und Eukalyptus. Es war ein trockenes
Jahr gewesen. Als das Zeug in Brand geriet, griff das Feuer so schnell um sich,
dass wir nichts mehr tun konnten, außer schleunigst abzuhauen.«
»Ja, aber was hat es verursacht ?«
»Die Brandermittler meinten, es
könne ein Lagerfeuer gewesen sein; dort draußen hingen jede Menge Obdachlose
herum.«
»Oder es könnte absichtlich
gelegt worden sein.«
Er wurde blass. »Großer Gott,
was sagst du da, Shar?«
Das Szenario würde nur noch
schlimmer werden. Ich trieb es rasch voran. »Benjy starb wann? In Relation zu
dem Brand?«
»Etwa drei Monate vorher.«
»An einer Überdosis?«
»Ja. Benjy war der absolute
Suchttyp — nahm alles, was high macht und koppelte Drogen und Alkohol. Was ihn
erledigt hat, war die Kombination von Downern und Alk. Das war nach einem
Konzert in Denver, dem letzten einer Non-Stop-Serie. Benjy war während der
ganzen Tour auf Koks gewesen,
Weitere Kostenlose Bücher