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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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hatte, Geld von Mr. Mason zu erhalten.
    Nach zweimaligem Lesen war ich zu dem Schluss gekommen, dass der Artikel nicht viel hergab und eigentlich nur etwas für die Skandalblätter war. Ein seriöser Leser würde schnell erkennen, dass Ivor möglicherweise Lloyd Freeman nur als Schauspieler gekannt hatte und ihm zum ersten Mal in Juliets Gesellschaft begegnet war. Auch Ivor machte sich zunächst keine Sorgen.
    Er flüchtete sich in eine Floskel, wie immer, wenn er verunsichert war. »All das ist längst Allgemeingut.«
    Am nächsten Tag aber hatten wir dann jeden Grund, uns Sorgen zu machen. Menhellions Story, Aufmacher in einer Boulevardzeitung, las sich zunächst wie eine Fortsetzung des Artikels vom Vortag, der sich mit Juliets Vergangenheit beschäftigte. Die ersten drei Absätze brachten nichts Neues. Dann stellte Menhellion seine erste rhetorische Frage: Was hatte Ivor Tesham, Staatsminister im Verteidigungsministerium, zu der Zeit getrieben, als seine derzeitige Verlobte mit ihrem Lebensgefährten Lloyd Freeman in ihrer Wohnung in Queens Park zusammengelebt hatte? Er habe, schrieb Menhellion, eine »heiße« Affäre mit keiner anderen als Hebe Furnal, 28, gehabt, ebenjener Frau, die bei dem Unfall zusammen mit Lloyd Freeman ums Leben gekommen war.
    Zehn Minuten später hatte ich Ivor am Telefon. Er klang gefasst, aber verhalten.
    »Sie sind im Anmarsch«, sagte er.
    »Die Journalisten?«
    »Einer stand auf der Schwelle. Ich habe ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen.«
    »Gehst du hin?«
    »Ins Amt? Ja, natürlich. Ich muss. Kann Juliet zu euch kommen? Ich möchte sie hier nicht allein lassen. Die Meute lauert bestimmt schon. Ich kann Juliet durch die Hintertür hinausschmuggeln.«
    Ich hatte wieder einen Termin bei meinem Mandanten in der Blomfield Road, Maida Vale. Bei meinem letzten Besuch dort hatte ich Ivor und Juliet zum U-Bahnhof Warwick Avenue gehen sehen, die bei den Lynchs in William Cross Court gewesen waren. Sie hätten sich nie mit den Lynchs einlassen dürfen, aber hinterher ist man bekanntlich immer klüger.
    Juliet verbrachte den Tag bei Iris und den Kindern und war noch da, als ich nach Hause kam. Sie hatte mehrmals mit Ivor telefoniert, aber bei ihrem letzten Versuch, ihn zu erreichen, war er im Unterhaus gewesen und hatte sein Handy abgeschaltet. Ich hatte die Abendzeitung mitgebracht, in der erwartungsgemäß ein Porträtfoto von Hebe war und das windverwehte Bild von ihr und Justin, daneben eins von Juliet in einem opulenten Regency-Kostüm, auf dem sie aussah wie zwanzig.
    Woher sie das hätten, wollte ich wissen.
    »Ich hatte mal eine Rolle in der ›Lästerschule‹. Ganz passend, nicht? Ich vermute, dass Aaron es ihnen gegeben hat.«
    »Das würdest du ihm zutrauen? Ich denke, ihr versteht euch gut.«
    »Er hasst die Regierung, es geht nicht direkt gegen Ivor. Er würde sich auch bei allen anderen Regierungsmitgliedern so verhalten. Das gehört zu seiner Kampagne gegen Korruption und Schmuddelsex.«
    Die Morgenzeitungen hatten nichts über Juliets Ehe mit Hunter gebracht, aber die Abendzeitungen stiegen voll auf das Thema ein. Offenbar sehr bereitwillig hatte Hunter ihnen nicht nur das Foto, sondern auch ein Interview gegeben. Ja, er sei mit Ivor Tesham bekannt, sei ihm und auch Lloyd Freeman mehrmals begegnet. Er wolle nicht behaupten, dass er und Juliet sich wegen Freeman hätten scheiden lassen, bei der Trennung hätte vielerlei eine Rolle gespielt, aber in der Tat sei Freeman sehr bald nach dem endgültigen Scheidungsurteil »auf der Bildfläche erschienen« und zu Juliet in deren Haus in Queen’s Park gezogen. Ob sie noch zusammen waren, als es im Mai 1990 zu dem Entführungsversuch kam, entziehe sich seiner Kenntnis.
    Eine mit Fotos garnierte Doppelseite widmete sich Hebe. Sie war, wie alle schönen Frauen, häufig fotografiert worden, die Leser konnten Hebe als Braut an Gerry Furnals Seite bewundern, in Wolken von weißem Tüll gehüllt, im Wochenbett mit dem Baby im Arm, Hebe in Schwarz mit einer Perlenkette.
    »Die berüchtigten Perlen vermutlich«, sagte Iris. »Sie werden diese Fotos doch nicht von Gerry haben? Das glaube ich nicht, er war schließlich ihr Mann.«
    »Woher haben sie dann aber die Story? Wie sind sie an all das Material gekommen?«
    Gegen sechs brachte ich Juliet nach Hause. Als ich im Schritttempo durch Westminster fuhr, sah ich schon von weitem die Menschenmenge, die in die Marsham Street überschwappte und dadurch den Stau verursachte. Wir fuhren

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