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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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war, einen Schreibblock und einen Kasten Buntstifte hervorholte. Obgleich Adam mehrere Kästen mit Buntstiften und jede Menge Papier besaß, machte er sich mit Begeisterung über das Geschenk her und überließ Joe großzügig die Handtasche.
    »Wie gut du mit Kindern umgehen kannst«, sagte Iris.
    »Ich mag sie einfach.« Juliet lächelte – ein erstaunlich schüchternes Lächeln für eine so schöne Frau. Man war auf ein fast erdrückendes Selbstbewusstsein gefasst und begegnete stattdessen wohltuender Bescheidenheit. »Und bitte sag jetzt nicht, ich solle mir eigene anschaffen. Das weiß ich und täte es nur zu gern.«
    Iris ist berüchtigt für ihre unverblümte Art, aber sie fragte nicht, wie ich fast befürchtet hatte, was sie denn daran hindere, sondern sagte nur, sie werde jetzt Kaffee machen, und ging hinaus. Die Antwort kannten wir beide: Ivor wollte keine Kinder vor der Ehe. Er war konservativ bis auf die Knochen, war Gutsherr und gehörte zu den wenigen Menschen, die Kinder, deren Eltern nicht verheiratet waren, noch als »illegitim« bezeichneten.
    »Du glaubst also, dass damit die Sache abgetan ist?«
    »Ja, sicher.« Ich war mir durchaus nicht sicher, aber ich wollte sie trösten, obwohl ich selbst Trost gebraucht hätte. »Zumal sie, wie gesagt, über Seans Vergangenheit – seine Vorstrafen und dergleichen – nichts veröffentlichen dürfen.«
    »Ich kann nicht glauben, dass Sean irgendwen umbringen könnte. Weshalb auch?«
    »Dazu kann ich nichts sagen«, meinte ich. »Schließlich kenne ich den Mann so gut wie gar nicht.« Aber ich erinnerte mich von Ivors Party her an sein gewalttätiges Aussehen, das brutale Gesicht, und hätte es nicht ohne weiteres ausschließen wollen.
    »Ivor ist – und das ist unser eigentliches Problem – das Bindeglied zwischen Jane Atherton und Sean Lynch«, sagte ich. »Dass Sean ein Psychopath ist, der eine Frau auf der Straße sieht, sie bis in ihre Wohnung verfolgt, vergewaltigt und umbringt, ist sehr unwahrscheinlich, es wäre ein zu großer Zufall.«
    »Willst du damit sagen, dass Sean sie umgebracht hat, um Ivor zu schützen?«
    »Ich weiß es nicht. Hat sie ihn irgendwie bedroht? Uns hat er davon nie etwas erzählt.«
    »Mir auch nicht«, meinte Juliet. »Und das kann ich mir auch nicht vorstellen. Aber Sean – ich weiß, es klingt übertrieben, aber es stimmt –, Sean liebt Ivor. Damit meine ich nicht nur, dass er ihn gern hat oder zu ihm aufsieht. Er hat es mir einmal ausdrücklich gesagt. ›Ich liebe diesen Mann‹, hat er gesagt. Er liebt ihn, er verehrt ihn, ja ich möchte behaupten, dass er alles für ihn tun würde.«
    »Hoffen wir, dass er es nicht getan hat.«
    »Ivor ist überall beliebt, nicht? Auch Dermot liebt ihn auf seine Weise. Und so wie Ivor über Sandy Caxton spricht, hat auch der ihn wohl geliebt. Und ich – ich liebe ihn über alles.«
    Sie sah mich an, diesmal ohne zu lächeln, der schöne Mund zuckte, und sie brach in Tränen aus.
    Iris war gerade mit dem Kaffee hereingekommen. Sie stellte das Tablett ab, ging zu Juliet und nahm sie in die Arme. »Nicht weinen, Schatz! Das kommt schon wieder in Ordnung, es geht vorbei, du wirst schon sehen.«
    »Aber wie denn?«
    Nicht ausgeschlossen, dass es für jetzt noch einmal vorbeigehen würde, aber wenn es zum Prozess gegen Sean kam – in neun, zehn Monaten, vielleicht in einem Jahr –, würde über das Tatmotiv zu sprechen sein, und so wie es aussah, hatte Sean nur ein Motiv: Ivor vor Jane Athertons Bosheit oder Habgier zu schützen. Oder – auch das muss ich gerechterweise sagen – vor ihrer Not oder Verzweiflung.
    »Ich erwarte ihn gegen sieben«, sagte Juliet. »Bis dahin weiß er es natürlich.« Wir hätten beide nicht danach gefragt, es wäre zu persönlich gewesen, aber sie setzte unaufgefordert hinzu: »Es klingt vielleicht albern, aber für mich war es Liebe auf den ersten Blick. Als ich ihn zum ersten Mal sah, dachte ich: Diesen Mann will ich heiraten. Nein, nicht beim ersten Mal, das war auf einer Party, aber beim zweiten Mal. Ich werde ihn nie verlassen. Wenn er mich loswerden will, muss er mich schon vor die Tür setzen.«
    »Er wird sich hüten«, protestierte ich, obwohl ich mir da gar nicht so sicher war. »Ivor soll uns anrufen, sobald er zu Hause ist.« Wir küssten sie, und Iris umarmte sie und drückte sie fest an sich. Jetzt hatten wir die Antwort auf die Frage, die wir uns so oft gestellt hatten. Warum? Was bringt es ihr? Es war keine unausgesprochene Erpressung,

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