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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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vielleicht aufbrausen oder jeden Kommentar ablehnen würde, aber da hatten sie sich geirrt.
    Die Rednerpulte im Unterhaus sind aus poliertem Holz mit matten Messingbeschlägen. Rechts davon auf dem Tisch liegt der Amtsstab, Symbol der königlichen Macht. Am Rednerpult stehend sagte Ivor: »Es ist das gute Recht des ehrenwerten Abgeordneten, diese Frage zu stellen. Die Behauptungen treffen zu. Gewisse Einzelheiten sind unrichtig, aber im Wesentlichen entspricht die Darstellung den Tatsachen. Hebe Furnal war meine Geliebte. Ich habe ihre Entführung in die Wege geleitet, allerdings nicht gegen ihren Willen. Ich zahle eine Unterstützung an den Fahrer des Wagens, Dermot Lynch, den Bruder von Sean Lynch, der zurzeit wegen des Mordes an Jane Atherton in Untersuchungshaft sitzt.«
    Da Parlamentarier Immunität genießen, konnte Ivor Sean Lynch ungestraft erwähnen. Von allen Seiten hörte man (so stand es später in der Zeitung) die Abgeordneten tief Luft holen und danach wildes Gegeifer, als verbellten Hunde ein gehetztes Wild. Ivor aber war kein Fuchs und kein Hase und mag die Szene auf seine Art sogar genossen haben. Vielleicht begriff er in diesem Moment, warum die Christen dem Kaiser mit diesem Satz entgegengetreten waren, voller Stolz und zugleich Demut, und ich kann mir gut vorstellen, dass er seinen Blick ähnlich herausfordernd über die Bänke und die Gesichter mit den aufgerissenen Mündern gehen ließ. Dann setzte er sich. Es mag eine Diskussion, mag Fragen gegeben haben, doch als der Sprecher den nächsten Tagesordnungspunkt aufrief, verließ Ivor unter eisigem Schweigen den Saal.
    Er ging zu Fuß nach Hause. Es war nicht sehr weit. Nach Aussage seiner Putzfrau, die eine Stunde zuvor gegangen war, hatte sich, seit Ivor gegen Mittag das Haus verlassen hatte, kein einziger Reporter oder Fotograf sehen lassen. Sie würden natürlich wiederkommen, in noch größerer Zahl als zuvor, aber als Ivor sein Haus betrat, war keiner da. Alles Aufregende passierte jetzt im Palace of Westminster.
    Ich war auch nicht da, ich saß in meinem Büro in der City und konnte mich auf nichts so recht konzentrieren, weil ich mir ständig überlegte, ob die Frage, die Ivor vorausgesagt hatte, gestellt werden und wie er sie beantworten würde. Iris war zu Hause bei den Kindern oder war vielmehr dabei, Nadine von der Vorschule abzuholen, mit einem kleinen Jungen an der Hand und dem zweiten im Kinderwagen. Juliet leistete in Ramburgh House meiner Schwiegermutter Gesellschaft.
    Weil wir nicht dabei waren, weiß ich nicht, was passiert ist, aber einiges lässt sich folgern. Ich vermute, dass Ivor zuallererst das Testament, das er in der vergangenen Woche gemacht hatte, aus der Schublade nahm. Juliet erzählte mir später, dass er am Freitag, dem Tag, als sie nach Ramburgh gefahren waren, vormittags einen Termin bei seinem Anwalt gehabt hatte. Dieses Testament, ordnungsgemäß unterschrieben und beglaubigt, legte er auf die Schreibtischplatte, von der er alle anderen Papiere entfernt hatte. Danach trank er einen Schluck Whisky aus einer Jack-Daniels-Flasche. Warum er Jack Daniels trank, weiß ich nicht, er hatte mir mal erzählt, Scotch sei ihm lieber, aber vielleicht gehörte das alles zu seiner Inszenierung. Seine Vorlieben waren in diesem Augenblick relativ unwichtig, nur Whisky musste es sein, denn mit dem betäubt sich der Mann von Welt, um das auszuhalten, was er auf sich zukommen sieht.
    Er ging in eins der Gästezimmer, wo er am Sonntagabend die aus Norfolk mitgebrachte Zwölferflinte versteckt hatte. Sie war nicht geladen. Ivor wäre nie mit geladener Waffe unterwegs gewesen, auch nicht auf der Jagd. Die Munition war in einem anderen Schreibtischfach. Er lud die Flinte.
    Nach Aussage einer Nachbarin war inzwischen die Medienmeute zurück. Aus einem der vorderen Fenster war sie zu sehen. Ohne sie hätte Ivor wohl die Flinte wieder in den Kofferraum gelegt und wäre an eine entlegene Stelle gefahren. Sollte er sich einmal umbringen wollen, hatte er Vorjahren zu mir gesagt, würde er es nicht zu Hause tun, denn damit sei das Haus für künftige Bewohner besudelt. Aber er kam nicht an seinen Wagen heran. Auf der Schwelle saß ein Reporter. Es half nichts, er musste die Tat in seinem Haus begehen, und ich denke mir, die Angst, es zu »besudeln«, war der Grund dafür, dass er dazu ins Souterrain ging. Dort gab es eine für eine Hausangestellte gedachte Einliegerwohnung, bestehend aus Schlafzimmer, Wohnzimmer und Bad, die er und Juliet

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