Das gefallene Imperium 1: Die letzte Bastion (German Edition)
Großspurigkeit entgegen, was nun wirklich keine große Überraschung war. Carlo bezweifelte, dass der Mann in einer fairen Wahl eine Erfolg versprechende Aussicht hatte, an die Macht zu kommen.
Das gewichtigste Argument gegen einen Anspruch Cavanaughs war sein eigenes: Das Imperium war Geschichte, also war theoretisch auch das imperiale Gesetz Geschichte und es mussten neue Gesetze und Regeln her. Und das machte eine Wahl fast schon unumgänglich. Wenigstens hätten dann die Soldaten der Legion und Flotte ebenfalls eine Möglichkeit, auf den politischen Entscheidungsprozess mit einzuwirken.
Er hörte Schritte hinter sich die Treppe heraufkommen, doch er musste sich gar nicht umsehen, um zu erkennen, wer ihm Gesellschaft leisten wollte.
»Na? Auch etwas frische Luft schnappen?«, fragte er mit dem Anflug eines Lächelns auf den Lippen.
»Bei diesen ganzen Politikern ist es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen, was?«, erwiderte René Castellano halb im Scherz.
»Wem sagst du das?«
»Streiten sie mal wieder?«
»Was sonst! Tun sie doch immer. Wir sollten eigentlich schon längst auf dem Weg nach Vector Prime sein, um in ein paar Drizilärsche zu treten.«
Carlo lachte bellend auf. »Wenn es nach Cavanaugh geht, wird die Legion Perseus nicht verlassen.«
»Zum Glück ist das nicht seine Entscheidung.«
»Noch nicht.«
René warf ihm bedrückt einen schrägen Seitenblick zu. »Du glaubst, er könnte sich durchsetzen?«
»Du nicht?«
»Ich hoffe es.«
»Wir müssen uns aber mit der Möglichkeit auseinandersetzen. Es könnte so weit kommen, dass wir am Ende seine Befehle ausführen müssen.«
René zögerte. »Es gäbe da noch eine andere Möglichkeit.«
»Nämlich?«
»Wir könnten seine Befehle außer Acht lassen.«
Carlo wirbelte auf dem Absatz zu seinem Freund herum. »Das käme einer Kriegserklärung gleich. Cavanaugh hat die Miliz hinter sich. Falls er sie einsetzt, um Herr der Lage zu bleiben – und ich glaube, das würde er, ohne zu zögern, tun –, stünden wir vor einem Bürgerkrieg. Als ob die Drizil nicht schon gefährlich genug wären.«
»Mit der Miliz würden wir fertig«, erwiderte René leichthin.
Carlo musterte seinen Freund und Stellvertreter abwägend. »Und das würdest du tun? Einen Bürgerkrieg vom Zaun brechen?«
René zögerte erneut, schließlich ließ er die Schultern sacken. »Nein. Nein, natürlich nicht. Es ist nur so verdammt …«
»Frustrierend?«
»Ja, genau. Wir sitzen hier herum und drehen Däumchen, während die Drizil bereits so tun, als gehöre die Liga ihnen.«
Carlo lächelte. »Wir sitzen keineswegs herum und drehen Däumchen, alter Freund. Wir nutzen die Zeit sogar sehr sinnvoll. Lestrade schickt nach und nach seine beschädigten Schiffe nach Worgan, um sie auf Vordermann zu bringen, Sergeant Flynn rekrutiert aus der Bevölkerung, um die Legion endlich wieder auf volle Stärke zu bringen, und bildet die neuen Rekruten auch aus, und Lestrade hat für die Jägerpiloten und Schiffsbesatzungen mehrere Kampfübungen angesetzt, damit sie keinen Rost ansetzen.« Sein Lächeln wurde breiter. »Oh nein, wir sitzen keineswegs herum. Wir warten lediglich. Wir warten und bereiten uns auf den Tag vor, an dem wir uns den Drizil stellen werden.«
In diesem Moment hatte Carlo noch keine Ahnung, wie prophetisch seine Worte waren, denn der Zeitpunkt der Konfrontation näherte sich rasend schnell.
Sozusagen mit Lichtgeschwindigkeit.
Lestrade saß in seinem Kommandosessel und studierte die Auswertungen der letzten Kampfübungen. Die Jägerpiloten schlugen sich nicht schlecht – das Pilotenprogramm des Imperiums suchte seinesgleichen –, doch einige der Schiffsbesatzungen machten ihm Sorgen. Vor allem die Kommandeure der Träger verließen sich zu oft auf den Schutz größerer Einheiten und standen dann mit heruntergelassenen Hosen da, sobald sie von ihren Begleiteinheiten abgedrängt wurden. Denselben Fehler hatten die feindlichen Träger über Vector Prime begangen, und falls er diese Flotte je gegen die Drizil führen würde, wollte er sichergehen, dass ihnen diese taktische Fehleinschätzung im Ernstfall nicht passierte.
Von den einunddreißig Schiffen, die sein Geschwader inzwischen zählte, hielten sich im Moment lediglich zweiundzwanzig im Perseussystem auf. Die übrigen neun waren noch immer für letzte Reparaturen im Worgansystem und würden nicht vor einem Monat zurückerwartet. Außerdem verfügte er über knapp zweihundertfünfzig
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