Das Geflecht
der sich grotesk von der bleichen Haut abhob. Es sah aus, als wäre ihm ein dichter Bart bis zu den Augen hochgewachsen.
«Mein Gott, das sieht ja tatsächlich wie ein Pilz aus», murmelte der Notarzt, während er sich an der Seite des Verunglückten niederließ und eine Spritze aus seinem Instrumentenkoffer zog. «Keine Sorge, mein Junge!», fügte er mit erhobener Stimme hinzu, als Finn ihm blinzelnd das Gesicht zuwandte. «Sie kommen schon wieder in Ordnung. Ich gebe Ihnen erst einmal etwas gegen die Schmerzen.»
Finn stöhnte und schloss die Augen, als die Nadel in seine Armbeuge drang.
«Wie kriegen wir ihn nach oben?», fragte der Notarzt in die Runde.
«Darum haben wir uns gekümmert», antwortete Havermann. «Auf der obersten Plattform des Hauptschachts gibt es einen alten Kran. Meine Leute haben die Winde wieder in Gang gebracht, und das Kabel scheint in Ordnung zu sein. Wirbringen den Jungen in den Hauptschacht und ziehen ihn in liegender Stellung hinauf.»
«Bestens», sagte der Notarzt. «Können Sie mir tragen helfen?»
«Schon gut, ich mache das!» Rasch sprang Böttcher ein und drängte den Einsatzleiter beiseite, der sich anschickte, das hintere Ende der Trage aufzunehmen. Dabei warf er Bringshaus einen vielsagenden Blick zu. «Jörn, hilfst du auch mit?»
Bringshaus, der den Wink verstand, nickte.
«Kommen Sie aber bitte schnell wieder zurück!», bat Leon. «Sicher hat Tia das Mädchen in wenigen Minuten befreit, und dann brauche ich Sie zum Ziehen.»
Sie trugen Finn durch den schmalen Verbindungsstollen zum Hauptschacht, wo bereits mehrere Helfer warteten. Die Trage mit dem Verletzten wurde vertäut, dann gab einer der Männer per Sprechfunk ein Signal, und die Feuerwehrleute auf der sechzig Meter höher gelegenen Balustrade setzten den Kran in Gang.
«Ich muss mit nach oben», entschuldigte sich der Notarzt, als die Rettungshelfer die Leiter hinaufkletterten. «Sobald der Junge auf dem Weg ins Krankenhaus ist, komme ich zurück.»
«Alles klar», nickte Bringshaus, dem das nur recht war. Dann zog er sich zusammen mit Böttcher in den Schatten des Stollens zurück.
«So weit, so gut», sagte Böttcher. «Der Junge ist draußen, und bei der Freundin deines Sohnes kann es sich nur noch um Minuten handeln.»
«Aber diese Frau hat gesagt, dass sie sich da unten umsehen will!», flüsterte Bringshaus erregt. «Womöglich wird sie sich noch stundenlang in der Höhle aufhalten und alles genau untersuchen – und sie hat keine Ahnung, in welcher Gefahr sie schwebt.»
«Verlier mir jetzt bloß nicht die Nerven! Hast du irgendeine Idee, was es mit diesem Pilz auf sich hat?»
«Nicht die geringste», gab Bringshaus zu. «Du weißt doch, ich war nie da unten. Vielleicht hängt es mit der Feuchtigkeit zusammen. Die Decke über dem Müllschacht ist undicht. Hast du das Wasser bemerkt, das dort heruntertropft?»
«Ja. Ich schätze, das hängt mit deinem verpatzten Sprengungsversuch zusammen – ohnehin eine blöde Idee, wenn du mich fragst.»
«Ich habe nur versucht, das Problem ein für allemal zu beseitigen!», fuhr Bringshaus auf.
«Hat nur nicht besonders gut geklappt», konterte Böttcher ungerührt. «Jetzt müssen wir uns jedenfalls etwas anderes einfallen lassen.»
Bringshaus schwieg und atmete tief, um sich zu beruhigen. Die trockene Bemerkung seines Freundes ärgerte ihn, doch es brachte ihn keinen Schritt weiter, wenn er jetzt Streit anfing. Die Situation war kritisch genug.
«Das Wasser …» Ein Einfall streifte ihn.
«Irgendeine Idee?», mutmaßte Böttcher.
«Vielleicht.»
Bringshaus zwang sich, in Ruhe nachzudenken. «Die Sprengung hat damals einen Riss im Gestein verursacht, der sich bis zur Ebene C hinaufzieht. Dort steht ein alter Löschwassertank, der mit den Jahren durchgerostet ist. Vermutlich sickert das Wasser von dort herab.»
«Worauf willst du hinaus?»
«Wenn man diesen Tank öffnen würde, ohne einen Schlauch anzuschließen, dann würde das Wasser sich über den Boden verteilen, in die Abbaukammer hinunterrinnen und durch den Müllschacht in die Höhle fließen. Jeder erfahrene Höhlenkletterer weiß, dass er bei einem Wassereinbruch sofort umkehrenund sich in Sicherheit bringen muss. Die Traveen wird ihre Erkundung abbrechen, wenn sie es bemerkt.»
«Keine schlechte Idee», meinte Böttcher, dem der Plan einzuleuchten schien. «Am besten erledige ich das. Es ist besser, wenn du vor Ort bleibst. Wo ist dieser Wassertank?»
«In einer Wartungskammer,
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