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Das Geflecht

Das Geflecht

Titel: Das Geflecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Laudan
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jedenfalls diese Frau Traveen.»
    Ludmila Novak schluchzte auf, während Danas Onkel einen Arm um ihre Schulter legte.
    «Warum ist sie dann noch nicht draußen?», fragte die unbekannte Frau – eine Reporterin, wie Justin sich plötzlich erinnerte.
    «Sie ist in einer Felsspalte eingeklemmt.» Der Notarzt seufzte. «Wir werden noch ein paar Minuten Geduld haben müssen.»
    «Eingeklemmt?»
    «Mehr kann ich Ihnen im Moment auch nicht sagen. Jedenfalls tun alle Beteiligten ihr Möglichstes. Sie entschuldigen – ich muss wieder hinunter.»
    Der Notarzt wandte sich um und verschwand im Eingangsstollen.
    «Das klingt gar nicht gut», sagte Laura beklommen zu Justin.
    Beide schwiegen eine Weile, dann blickte Laura ihn unsicher von der Seite an. «Ich möchte eigentlich gern ins Krankenhaus zu Finnie. Die Leute vom Rettungsdienst haben gesagt, dass ich nicht im Notarztwagen mitfahren darf, aber bestimmt würde mich meine Mutter hinbringen.»
    «Schon okay», nickte Justin. «Mach ruhig.»
    «Kann ich dein Handy haben? Meins liegt ja immer noch unten in dieser verdammten Kammer.»
    «Na klar.»
     
    Seufzend ließ sich Justin an die Böschung neben dem Gittertor sinken und blickte in den Nachthimmel hinauf. Er bedauerte nicht, dass Laura gegangen war, denn eigentlich wollte er ohnehin am liebsten allein sein. Für Minuten zog er sich ganz in sich selbst zurück und bemerkte daher nicht, dass die Reporterin sich von der Gruppe um Danas Mutter gelöst hatte und auf ihn zu kam. Als sie ihn ansprach, schreckte er hoch.
    «Sind Sie Justin Bringshaus?»
    Er wollte bereits etwas Heftiges erwidern, etwa in der Art: «Was wollen Sie von mir?» oder: «Lassen Sie mich doch in Ruhe.» Womöglich hatte er mit einer Anzeige zu rechnen, und es fehlte gerade noch, dass er sich vor der Presse um Kopf und Kragen redete. Als er jedoch aufblickte und in das Gesicht der Frau sah, wankte sein Widerwille. Sie war um die vierzig, wirkte sympathisch und zugleich recht mitgenommen. Kein Wunder: Offenbar hatte sie die meiste Zeit bei den Novaks verbracht und sich die Klagen von Danas Mutter angehört.
    «Ich möchte nicht mit Ihnen reden», sagte Justin, wobei er sich bemühte, nicht unhöflich zu klingen.
    «Sie sehen elend aus», erwiderte die Frau, nachdem sie ihn eine Weile stumm gemustert hatte. «Wollen Sie nicht zu uns herüberkommen? Die Feuerwehrleute schenken Kaffee aus.»
    Justin schüttelte stumm den Kopf. Falls das eine Masche war, um seinen Widerstand zu brechen, würde er standhaft bleiben.
    «Ich bin übrigens Carolin Frey.» Die Frau lehnte sich neben ihm an die Böschung. «Vom Lindener Anzeiger. Aber keine Sorge, ich habe kein verstecktes Mikrophon in der Tasche.»
    «Was wollen Sie dann von mir?»
    «Gar nichts. Ich bin überhaupt nur durch Zufall hier, weil ich die Sirenen hörte – aber dann kam ich mit den Novaks ins Gespräch und bin geblieben. Irgendwie hat mich die Sache gepackt.»
    «Werden Sie einen Artikel darüber schreiben?», fragte Justin misstrauisch.
    «Das werde ich wohl müssen», seufzte Carolin, «auch wenn es mir widerstrebt. Es ist nicht angenehm, Menschen auf die Nerven zu fallen, die ohnehin krank vor Sorge sind.»
    Diese Worte durchbrachen Justins Abwehr, und er blickte zu Danas Mutter hinüber.
    «Ist sie   … sehr sauer?», fragte er bedrückt.
    «Sie wird sich schon wieder beruhigen, wenn Dana draußen ist», meinte Carolin. «Und das kann sich ja offenbar nur noch um Minuten handeln.»
    «Sie glauben, dass diese Frau, die mein Vater engagiert hat, das hinkriegt?»
    «Das traue ich ihr zu», nickte Carolin. «Zufällig habe ich heute Abend einen Vortrag von ihr gehört – eine bemerkenswerte Person. Und falls sie es nicht schafft, ist ja noch das Grubenrettungsteam unterwegs.»
    «Sie wollen mir Mut machen», argwöhnte Justin. «Wahrscheinlich, damit ich gesprächig werde, oder?»
    «Ganz ehrlich, Justin: Ich bin nur zu Ihnen gekommen, weil man auf zehn Meter Entfernung sieht, wie dreckig es Ihnen geht. Sicher machen Sie sich schreckliche Sorgen um Ihre Freundin. Von Frau Novak weiß ich, dass Sie schon einige Monate zusammen sind.»
    Von wegen einige Monate, dachte Justin. Mehr als ein Jahr. Doch er war entschlossen, keine Auskünfte zu geben, schon gar nicht über seine Beziehung zu Dana.
    «Frau Novak scheint allerdings zu glauben, dass Sie es mitDana nicht besonders ernst meinen», fuhr Carolin fort. «Sie hält Sie für einen ziemlich leichtfertigen jungen Mann – einen Checker, wie man

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