Das gefrorene Lachen
mein Lehrling?«
»Mäuse!«, rief der König. »Hört ihr sie nicht rascheln?«
»Ferdinand, du gehst mir auf die Nerven«, fuhr die Königin ihn an.
»Mein Lehrling«, wiederholte Laurentio gereizt und schnippte zweimal mit dem Daumen gegen seine Nase. Etwas quiekte.
»Jetzt habe ich es auch gehört«, sagte die Königin verblüfft. »Aber es klang nicht wie eine Maus, sondern …« Sie erhob sich und ging mit schnellen Schritten zu dem Vorhang, der das rechte Fenster verhüllte. Während sie danach griff, sagte Laurentio laut: »Lehrling!«, schnippte dreimal, die Königin zog an dem dicken Samt, und im gleichen Augenblick stürzte eine schmale Gestalt durch den Vorhangspalt, deren wilder safrangelber Haarschopf grau gepudert war vor Staub, und rief atemlos: »Hier bin ich, Papa.«
»Philippa Saffronia!«, rief der Hofzauberer. »Wo ist meine Tasche?«
»Was treibt ihr beide hier?« Die Königin riss den Vorhang zur Gänze auf und das klare Frühlingslicht fiel auf einen verlegen dreinblickenden jungen Mann.
»Augustin«, sagte der König. »Du verbirgst dich hinter Vorhängen, schleichst und schnüffelst herum wie ein gemeiner Lakai?«
Der dunkelhaarige Jüngling nieste zweimal kurz undheftig und sagte: »Pardon, mein Vater. Wir haben nicht damit gerechnet, dass jemand hereinkommt und uns stört.«
»Hier kommt ja auch sonst nie jemand her«, mischte sich der Zauberlehrling ein. König und Königin sahen sie mit hochgezogenen Augenbrauen an, und der Zauberer murmelte: »Philippa Saffronia!«
Das Mädchen schlug verlegen die Hand vor den Mund, senkte den Blick und machte einen hastigen Knicks. »Ich bitte um Verzeihung, Eure Majestäten.«
»Das ist kein angemessenes Benehmen für eine junge Dame«, wies die Königin sie streng zurecht. »Es gehört sich nicht, mit einem Mann hinter einem Vorhang zu …« Sie runzelte alarmiert die Stirn. »Was genau habt ihr beide da eigentlich getrieben? Augustin?«
Der Hofzauberer nahm hastig den Arm seiner Tochter und zog sie beiseite. Beide steckten die Köpfe zusammen – hochgewachsen, dünn, mit dunkelrotem und safrangelbem Haar über ihren dunklen Gewändern sahen sie aus wie seltsame Blüten auf langen dunklen Stängeln.
»Also?«, wandte die Königin sich an ihren Sohn.
Der Prinz pflückte verlegen eine Spinnwebe von seiner Wange und sagte: »Wir haben nichts Unschickliches getan, Mama.«
»So«, sagte die Königin skeptisch und zog den Vorhang wieder zu. »Nun. Ich denke, dein Vater wird ein Wörtchen mit deinem Hauslehrer zu reden haben. Ferdinand?«
Der König riss sich von der intensiven Betrachtung seines Daumennagels los und murmelte: »Ja, meine Liebe.«
»Und?«, fragte die Königin.
»Äh …«, der König sah sie ratlos an, begann unter ihrem zornigen Blick unsicher zu blinzeln und räusperte sich mehrmals. »Mein Sohn«, murmelte er. »Deine Studien. Wie gehen deine Studien voran?«
Die Königin verdrehte die Augen und wandte sich ab, um dem Zauberer auf die Schulter zu tippen. Laurentio blickte mit gerunzelter Stirn seiner Tochter nach, die geschäftig zur Tür hinauseilte, und fuhr bei der Berührung erschreckt zusammen.
»Meister Laurentio, auf ein Wort. Meinst du nicht, dass Philippa Saffronia ein wenig mehr Aufsicht gut …« Ihre Stimme verklang, als sich die Tür hinter ihr, ihrem Leibzwerg und Laurentio schloss.
Der König wechselte einen Blick mit seinem Sohn. »Hrrrm«, machte er und klopfte dem Prinzen ungeschickt auf die Schulter. »Also, sei brav, mein Junge. Lass lieber die Finger vom Personal, damit ärgerst du nur deine Mutter. Und gib dir künftig ein bisschen mehr Mühe in den höfischen Disziplinen, sei so gut. Tanzen, Diplomatie, Fechten – du weißt schon.«
»Ja, Vater«, murmelte der Prinz. Er verzog das Gesicht, zwang sich dann zu einem Lächeln, das der König erleichtert erwiderte, und folgte seinem Vater zur Tür.
*
»Was habt ihr beide im Thronsaal gemacht?«
Augustin blickte von der komplizierten Verdrahtung auf, in der er gerade mit einer Pinzette und einer feinenZange herumstocherte, und grinste verlegen. Laurentios Miene war fragend und freundlich, aber seine grünen Augen glitzerten.
Der Prinz ließ die Zange sinken und kratzte sich mit der Pinzette am Kopf. Die Werkbank, an der er stand, lag voller kleiner Teile aus Metall und Holz: Schrauben, Muttern und Nieten, Drahtrollen, aus denen lose Enden wie widerspenstige Haarbüschel herausstachelten, Zangen, Schraubenzieher, eine verknotete Schnur,
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