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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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Bildes. Er reichte Dóra das Handy. »Der Schrägstrich beim ersten R ist bei weitem nicht so gerade wie beim zweiten.«
     
    »Und?« Ungeduldig sah Matthias Dóra an, die gerade aufgelegt hatte. »þórólfur hat die Neuigkeit gar nicht so schlecht aufgenommen. Er hat zwar versucht, ganz cool zu bleiben, aber ich hab gemerkt, wie erfreut er war. Bergur wird bestimmt sehr bald Besuch von der Polizei bekommen.«
    »Tja, oder seine Frau«, sagte Matthias. »Man weiß ja nie.«
    »Doch«, entgegnete Dóra. »Manches weiß man. Aus dem Obduktionsbericht ging hervor, dass Birna ziemlich brutal vergewaltigt wurde. Insofern kommen Frauen nicht in Frage, es sei denn als Komplizinnen. Schon möglich, dass Rósa mit dem Mord zu tun hat, aber nicht gemeinsam mit ihrem Ehemann. Ich bezweifle, dass sie sich überhaupt über die Uhrzeit einigen können, geschweige denn darüber, wie man gemeinsam einen Mord durchführt.« In diesem Moment kam Sóldís auf sie zu.
    »Oma möchte mit dir sprechen«, sagte sie verlegen. »Sie fragt, ob du sie anrufen kannst. Es ist wegen eures Gesprächs gestern.« Sóldís musterte ihre Zehen. »Du musst nicht, wenn du nicht willst, weißt du. Hier ist ihre Nummer.« Sie reichte Dóra einen kleinen gelben Zettel. Dóra bedankte sich herzlich und nahm sofort das Telefon zur Hand. Sóldís drehte sich auf dem Absatz um und verließ mit schnellen Schritten die Bar. Bereits nach dem ersten Klingeln wurde abgenommen.
    »Guten Tag, Lára, hier ist Dóra. Die Anwältin aus dem Hotel. Sóldís hat mir gesagt, du wolltest mich sprechen.«
    »Ja, grüß dich. Ich bin sehr froh, dass du anrufst. Seit wir uns gestern unterhalten haben, musste ich ununterbrochen an Guðný denken. Ich glaube, das Schicksal des Kindes wird durch deine Hilfe endlich ans Licht kommen.« Dóra kam die Frau ganz aufgelöst vor, obwohl sie ihre Stimme gut im Griff hatte. »Ich habe Guðnýs Brief in der Hand, von dem ich dir gestern erzählt habe«, sagte die Frau. Ein leises Schniefen war zu hören. »Ich hab überall danach gesucht und ihn am Ende mit ein paar anderen Dingen von früher in der Abstellkammer gefunden. Ich hab ihn mir wieder und wieder angeschaut, und ich glaube, es ist mir gelungen, zwischen den Zeilen zu lesen.«
    »Was meinst du?«
    »An einer Stelle schreibt sie, das Kind ähnelt seinem Vater und ich würde es sofort erkennen«, erklärte Lára. »Damals, als das ganze Gerede über Inzest losging, hab ich es fast geglaubt und gedacht, sie meinte ihren Vater oder ihren Onkel. Aber keine Frau würde so über ihr Kind reden, wenn es unter derartigen Umständen zur Welt gekommen wäre. An einer anderen Stelle fragt sie nach einem Jungen, in den sie vor meinem Umzug ein wenig verliebt war, ob ich wüsste, wohin es ihn verschlagen hätte. Sie wollte ihm gerne ein paar Zeilen schreiben.« Lára verstummte und holte tief Luft. »Ich glaube, der junge Mann war der Vater des Kindes. Er zog kurze Zeit nach mir nach Reykjavík, und ich weiß noch, dass er sehr merkwürdig war, als ich ihn etwa ein Jahr später zufällig traf. Er hat nur widerwillig mit mir geredet. Das habe ich damals nicht verstanden und tue es im Grunde heute noch nicht. Durch ein Kind wäre seine Reaktion möglicherweise verständlich. Vielleicht dachte er, ich wüsste von dem Kind oder von Guðnýs Schwangerschaft, und darüber wollte er nicht reden. Er hatte eine junge Frau am Arm.«
    »Wer war es?«, fragte Dóra, »lebt er noch?«
    »Allerdings«, antwortete Lára, »wenn er stirbt, wird es in der Zeitung stehen. Er war jahrelang Minister.«
    Dóra spürte, wie sich ihre Finger um den Hörer krallten. »Magnús Baldvinsson?«, fragte sie so gefasst wie möglich.
    »Ja, woher wusstest du das?«, Lára schien völlig perplex. »Kennst du ihn?«
    »Er ist Hotelgast«, antwortete Dóra. »Vielleicht ist er auch schon abgereist, sein Enkel ist gestern Abend gekommen, um ihn abzuholen.«
    »Seltsam«, sagte Lára. »Seit er damals nach Reykjavík gezogen ist, hat er hier höchstens mal einen kurzen Zwischenstopp gemacht.«
    »Hm.« Mehr fiel Dóra nicht ein. »Ist es denkbar, dass er so sehr gegen das Kind war, dass er ...« Dóra zögerte und suchte nach dem richtigen Wort. Erwachsene – das war schon schlimm genug, aber Kinder? » ... dass er es nach Guðnýs Tod in Pflege gegeben oder ... – dass er es schlicht getötet hat?«
    »Ich weiß es nicht.« Láras alte Stimme wurde wieder brüchig. »Oh Gott, man glaubt einfach nicht, dass jemand in der Lage

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