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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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junge Mann reckte sich zum Grüßen über den Tisch. »Hallo. Ich heiße Robin. Robin Kohman. Aus den USA .«
    Dóra machte ein überzeugend fragendes Gesicht. »Warten Sie, kann es sein, dass ich Sie mal mit Birna gesehen habe?«
    Robin zuckte die Achseln. »Birna?«
    »Ja, Birna, die Architektin, die hier ...« Sie schaute ihn erwartungsvoll an.
    »Ach, die Architektin! Birna«, sagte Robin gut gelaunt. Er sprach den Namen völlig anders aus als Dóra. »Doch, die kenne ich, ich habe nur den Namen nicht richtig verstanden. Mir ist die Aussprache noch nicht so geläufig. Ihre Worte klingen alle gleich.« Robin nahm den letzten Schluck Saft und tupfte sich mit der Serviette die Mundwinkel ab. »Ja, ich habe sie flüchtig kennengelernt. Habe ein paar Fotos für sie gemacht, und sie hat mir Orte hier in der Umgebung gezeigt, die als Fotomotive in Frage kommen.«
    »Wissen Sie noch, wann Sie sie zuletzt gesehen haben?«, fragte Matthias. Er hatte seinen Joghurtbecher immer noch nicht geöffnet.
    Robin überlegte kurz. »Nein, das muss ein paar Tage her sein. Ist was passiert?«
    »Nein, ich glaube nicht«, log Dóra. »Wir wollten uns nur mit ihr treffen.« Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Magnús Baldvinsson aufstand und hinausging.
    »Falls Sie sie sehen, sagen Sie ihr doch bitte, dass ich ihre Fotos noch habe.« Robin erhob sich.
    »Sollte dieser unwahrscheinliche Fall eintreten, dann tun wir das«, entgegnete Matthias mit einem zweideutigen Lächeln. Als Robin sich verabschiedet hatte, hob er den Joghurtbecher hoch und wedelte damit vor Dóras Gesicht herum. »Darf ich mir jetzt was Vernünftiges zu essen holen?«
     
    Magnús Baldvinsson spazierte über das Hotelgelände und versuchte, mit seinem Handy Empfang zu bekommen. In seinem Zimmer gab es keinen, und er wollte nicht im Flur oder im Speisesaal, wo schwacher Empfang war, in Anwesenheit anderer telefonieren. Zweimal wäre er fast gestolpert. Es war schwierig, gleichzeitig auf das Display und auf den steinigen Untergrund zu achten. Als das Handy Empfang anzeigte, atmete er auf und tippte eilig die Nummer von zu Hause ein. Er stand auf dem Parkplatz und malte sich aus, dass die Gäste bald nach draußen strömen würden. Ungeduldig lauschte er dem Klingeln. Endlich wurde abgenommen.
    »Fríða! Hab ich dich geweckt?«
    »Magnús? Wie spät ist es eigentlich?« Magnús’ Frau gähnte ausgiebig.
    »Ungefähr acht Uhr«, antwortete er angespannt.
    »Ist was passiert?«, fragte Fríða besorgt. Ihre Stimme klang jetzt nicht mehr schläfrig.
    »Nein, nichts Besorgniserregendes. Ich wollte dir nur sagen, dass ich noch ein bisschen länger bleibe.« Magnús sah die Hoteltür aufgehen. Ein junger Mann im Trainingsanzug kam heraus. Als er sich vom Parkplatz wegbewegte und auf den Strand zusteuerte, atmete Magnús erleichtert auf. »Hier sind Leute, die sich nach Birna erkundigen.«
    »Erkundigen? Wonach erkundigen sie sich denn? Haben sie mit dir gesprochen?« Die Angst in ihrer Stimme war fast greifbar. Fríða hätte immer weitergefragt, wenn Magnús ihr nicht ins Wort gefallen wäre.
    »Fríða, bleib ganz ruhig.« Er holte tief Luft und versuchte, nicht die Beherrschung zu verlieren. Mit jedem Jahr wurde Fríða nervöser, und es bedurfte keines Mordes, um sie aus der Fassung zu bringen. Wenn er darüber nachdachte, hatte sie sich im Grunde jetzt, wo die Situation wirklich belastend war, unglaublich gut im Griff. »Ich weiß nicht, wieso diese Leute hier herumschnüffeln, und nein, sie haben mich noch nicht angesprochen. Ich rufe nur an, um dir zu sagen, dass ich noch ein paar Tage bleibe. Es würde bestimmt verdächtig wirken, wenn ich so plötzlich abreise. Die Polizei war schon zweimal hier, und ich möchte, dass sie hier mit mir reden.« Er seufzte. »Anscheinend wollen sie mit allen vor Ort sprechen.«
    Fríða schwieg einen Moment und sagte dann leise: »Baldvin hat angerufen.«
    »Was hat er gesagt?«, fragte Magnús vorsichtig. Wenn sein Enkel erwähnt wurde, konnte er seinen Stolz nie verhehlen, trotz der ganzen Aufregung in der letzten Zeit. Baldvin war ein junger, aussichtsreicher Politiker, genauso wie sein Großvater in jungen Jahren. Und außerdem waren sie sich wie aus dem Gesicht geschnitten. Eine Zeitung hatte sogar ein Foto des jungen Magnús neben einem Interview mit Baldvin abgedruckt, um darauf aufmerksam zu machen, wie ähnlich sie sich sahen. Magnús lächelte in sich hinein. Natürlich würde niemand sie verwechseln; er war ein alter Mann,

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