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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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glauben, ich hätte etwas zu verbergen, aber so ist es keineswegs.«
    »Nein, das tun wir nicht«, sagte Dóra freundlich. »Wir versuchen nur, herauszufinden, was passiert ist. Nichts anderes.« Sie lächelte ihn an. »Verzeih bitte, wenn wir zu aufdringlich oder vorwurfsvoll waren, das wollten wir nicht. Wir versuchen nur, uns ein Bild von den Geschehnissen zu machen. Das ist unser einziges Anliegen.«
    »Das sagst du so«, entgegnete Magnús skeptisch. »Ich bin einfach krank gewesen und wollte mich ganz allein erholen. Ich weiß aus Erfahrung, dass Einsamkeit der Seele am besten tut.«
    »Warum hast du gerade dieses Hotel ausgewählt? Der Betrieb ist ja vor allem auf alternative Medizin und esoterische Aspekte ausgerichtet. Ich möchte dich nicht beleidigen, aber es scheint mir ungewöhnlich, dass sich ein Mann deiner Generation für so etwas begeistert.«
    Magnús lächelte zum ersten Mal, seit er die Tür geöffnet hatte. »Sehr richtig. Ich glaube nicht an den ganzen Quatsch, den sie hier praktizieren. Ich bin nur hergekommen, weil hier meine Wurzeln sind. Ich bin auf einem Hof ganz in der Nähe aufgewachsen.«
    Dóra riss die Augen auf. »Was? Kanntest du die Leute von dem Hof hier?«
    Magnús zögerte einen Moment. »Ja, allerdings. Spielt das eine Rolle?«
    »Wahrscheinlich nicht. Ich weiß nur, dass Birna sich sehr für die Geschichte des Hofs interessiert hat, und ich glaube, ihr Tod hat auf irgendeine Weise damit zu tun. Aber dafür habe ich natürlich keine Beweise.«
    Magnús erblasste. »Ist das nicht ziemlich weit hergeholt?« Seine Stimme zitterte leicht.
    Dóra tat so, als sei nichts geschehen. »Ja, ja, wahrscheinlich. Aber es ist toll, dass du dich hier auskennst. Vielleicht kannst du mir ein bisschen über die hiesige Geschichte erzählen? Kennst du auch irgendwelche Spuk- oder Geistergeschichten?«
    Magnús wirkte unentschlossen. Er räusperte sich, so als versuche er, die Nerven zu behalten. »Ich habe nicht viel für Geister übrig, und diese Geschichten haben mich nur interessiert, als ich ein kleiner Junge war. Hier kursieren schon lange solche Geschichten, aber darüber müsst ihr euch bei anderen Leuten erkundigen.« Magnús war in seinem Stuhl zusammengesackt, richtete sich aber wieder auf, bevor er weitersprach: »Ich bin kein Historiker und habe mich nie besonders für Genealogie und Derartiges interessiert. Ich weiß nicht, was hier früher passiert ist.«
    »Aber du kanntest doch die Bewohner, nicht wahr? Wie hieß er noch gleich ...« Dóra versuchte, sich an die Namen zu erinnern, die auf den Rückseiten der Fotos in der Kiste gestanden hatten. » ... Björn soundso.«
    Magnús saß wie festgefroren da. »Bjarni. Bjarni þórólfsson auf Kirkjustétt.«
    »Genau«, sagte Dóra erfreut. »Wohnte sein Bruder nicht auf dem Nachbarhof?«
    »Ja, Bjarni war der Bruder von Grímur auf Kreppa.« Magnús presste die Lippen aufeinander. »Grímur war Arzt und älter als Bjarni. Hatten ein sehr trauriges Schicksal, die beiden Brüder. Aber Glück und Unglück liegen nah beieinander.«
    »Was?« Dóras Neugier war geweckt. Die Fotografien hatten in der Tat einen tragischen Anstrich, aber Dóra hatte gedacht, es läge daran, dass die Leute auf den Fotos schon längst nicht mehr im Diesseits weilten und sich niemand mehr an ihre Triumphe und Niederlagen erinnern konnte. Es war unangenehm, schwarz auf weiß vor sich zu sehen, wie schnell die Menschen in Vergessenheit gerieten. Aber vielleicht hatte dieses unglückselige Gefühl einen tieferen Grund. »Wie meinst du das?«
    Magnús seufzte. »Der Vater der beiden war damals einer der größten Reeder hier auf der Halbinsel. Er betrieb gleichzeitig zwei Fischfangstationen und war sehr wohlhabend. Vielleicht nicht im Vergleich mit den heutigen Fangquotenkönigen und der neuen Generation von Bankern, aber für die damalige Zeit war er ziemlich gut gestellt. Ich weiß nicht mehr, wie viele Segelboote er besaß, aber es waren sehr viele. Die Reederei befand sich in Styckishólmur.«
    »Waren die Söhne im väterlichen Betrieb tätig?«
    »Nein. Bevor sie auf die Welt kamen, hatte er die Reederei verkauft und stattdessen in Ländereien investiert. Er besaß einen Großteil der Ländereien hier an der Südküste der Halbinsel. Das war sehr vernünftig, denn die Fischerei veränderte sich stark. Die Zeit der Trawler begann, und mit den meisten alten Reedereien ging es bergab.«
    »Hat er denn gewusst, dass es so kommen würde?«, fragte Dóra.
    »Nein, er

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