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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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sagte Dóra. »Dann muss ich wohl verlängern: Ist denn noch ein Zimmer frei?«
    »Ja, ganz sicher. Wir sind erst im Juli ausgebucht.«
    »Dann bleibe ich noch, falls ich die Kinder unterbringen kann«, erklärte Dóra. »Gerade war ein Papa-Wochenende, aber heute ist Sonntag, und sie sollen eigentlich wieder nach Hause fahren.«
    »Aber meine Liebe, lass sie doch einfach nach Snæfellsnes kommen«, sagte Jónas beschwingt, »Kinder lieben die Natur und können am Strand spielen.«
    Dóra lächelte im Stillen. Gylfi könnte prima am Strand spielen, wenn es da einen Computer mit Internetzugang gäbe. »So weit muss es hoffentlich nicht kommen. Ich sage dir Bescheid.« Sie verabschiedeten sich, und Dóra drehte sich zu Matthias und stöhnte.
    »Was?«, fragte er neugierig. »Dein Stöhnen lässt nichts Gutes vermuten.«
    »Nein«, sagte Dóra und spielte mit dem schweren Handy. »Jónas möchte, dass ich ihm bei der bevorstehenden Vernehmung mit Rat und Tat zur Seite stehe.«
    Matthias grinste über das ganze Gesicht. »Aber ist das nicht großartig? Ich habe es nicht eilig.«
    Dóra erwiderte sein Lächeln nur halbherzig. »Doch, doch. Es wäre großartig, wenn ich keine Probleme mit den Kindern hätte. Sie sind bei ihrem Vater, aber ich muss sie heute abholen.«
    »Aha. Kannst du ihn nicht anrufen und fragen, ob sie länger bleiben dürfen?«
    »Doch, mir bleibt wohl nichts anderes übrig«, sagte Dóra griesgrämig. Sie konnte es nicht ausstehen, Hannes um einen Gefallen zu bitten, denn sie wusste nur zu gut, wie sehr er es genoss, sich bitten zu lassen – nur, weil sie sich bei solchen Gelegenheiten ihm gegenüber ganz genauso verhielt.
    Nach großem Hin und Her am Telefon einigten sich Dóra und Hannes darauf, dass die Kinder noch eine weitere Nacht bei ihm bleiben würden. Aber nicht länger. Hannes musste ins Fitnessstudio und allerlei Dinge erledigen, die er wegen der Kinder aufgeschoben hatte. Dóra ließ es sich nicht nehmen, anzumerken, sie verstünde das gut, sie hätte auch schon darüber nachgedacht, ob er nicht ein wenig zugenommen hätte. Dann legte sie auf, wünschte sich, er würde auf dem Laufband explodieren und streckte dem Telefon die Zunge heraus, bevor sie es weglegte.
    »Schön zu sehen, wie erwachsen du dich in Bezug auf deine Scheidung verhältst«, sagte Matthias. »Nicht alle können sich glücklich schätzen, so tolle Exfrauen zu haben.«
    Dóra schnitt eine Grimasse. »Sprichst du aus Erfahrung?«, sagte sie, fügte dann aber in einem versöhnlichen Ton hinzu: »Die Kinder dürfen noch eine Nacht bleiben. Danach muss ich was anderes organisieren oder nach Hause fahren.«
    »Ich bin nicht geschieden – ich hatte immer Schwierigkeiten, eine Frau zu finden, die mir gefällt«, sagte Matthias. »Aber da hat sich inzwischen einiges geändert.« Er sah Dóra an, dass für solche Themen nicht der richtige Zeitpunkt war, und klatschte in die Hände. »Also dann. Wenn wir schon nicht viel Zeit haben, sollten wir versuchen, sie gut zu nutzen. Dieser Spaziergang dauert sowieso schon viel zu lange. Was möchtest du tun?«
    »Wir sollten versuchen, noch mehr Gäste zu treffen, oder diesen Eiríkur, den Hellseher, aufzutreiben, der die Spukgeschichten losgetreten hat.«
    Matthias machte ein enttäuschtes Gesicht. »Darauf wollte ich nicht unbedingt hinaus. Und andere Hotelgäste oder Hellseher möchte ich auch nicht dabeihaben.«
    Dóra errötete, ignorierte seine Worte jedoch. »Komm, beeilen wir uns.«
     
    Eiríkur starrte die Tarotkarten an, die er vor sich ausgelegt hatte. Geld – gut. Der Tod – schlecht. Er strich mit dem Zeigefinger am Rand der Karte mit dem Sensenmann entlang und ließ seine Gedanken schweifen. Er hatte dieselbe Karte schon zweimal gelegt, und obwohl er keineswegs Tarotspezialist war, wusste er, dass die Chance für eine solche Wiederholung sehr gering war. Was wollten die Karten ihm sagen? Er überlegte, ob er jemanden zu Rate ziehen sollte, der mehr über Tarot wusste, entschied dann aber, dass das zu umständlich wäre. Dann müsste er aus seinem gemütlichen Mitarbeiterhäuschen ins Hotel hinübergehen, und dazu hatte er einfach keine Lust. Hier gab es keinen Telefonanschluss, und der Handyempfang war wie überall schlecht. Allerdings benutzte Eiríkur sowieso kein Handy. Als Hellseher wusste er, dass die Wellen dieser Geräte einen schlechten Einfluss auf die Aura haben, daher war das für ihn kein Thema. Lieber würde er zum nächsten öffentlichen Fernsprecher

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