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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirijam Muentefering
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Fürsorge. Sein Bemuttern. Mein Freiheitsdrang. Mein Rückzug. Mein Gefühl, manchmal beinahe zu ersticken in der Enge, die mir so viel Geborgenheit gegeben hat.
    Was muss man tun?
    Was müssen wir tun, damit die Liebe bleibt?
    Damit die Liebe bleibt und kein Knebel uns am Atmen hindert.
    Ich war so sicher.
    Gewesen.
    Stehe plötzlich da mit leeren Händen. Und der Furcht, dass jede neue Liebe den gleichen Verlauf nehmen wird.
    Ich denke an seine Frühlingstigerstimme am Telefon neulich. Das war am Tag, als ich Antonie traf und Emma fast getroffen hätte. Plötzlich wird mir klar, dass ich keine Ahnung habe, ob auch Lothar diese Angst kennt.
    Denn auch wenn ich nicht darüber nachdenken will, wenn ich nicht will, dass dieser Gedanke in meinem Kopf mehr Substanz als nur eine vage Nebelform annimmt, im Grunde weiß ich doch, was seine Frühlingstigerstimme bedeutet.
    Vielleicht wird er einen neuen Anfang erleben.
    Bald.
    Oder schon jetzt. Wer weiß.
    Über so etwas spricht man nicht, wenn man erst seit drei Monaten getrennt ist.
    Der Cursor blinkt lange auf ›Beantworten‹, doch dann klicke ich die Mail fort. Eine Antwort werde ich morgen schreiben.
    Und nun?
    Was mache ich nun mit dem hier?
    Silbermondauge hat geschrieben.
    Und ich werde nicht erfahren, was sie geschrieben hat, wenn ich die Mail nicht anklicke.
    Ich tus.
    Jetzt. Nein.
    Jetzt. Oder?
    Ach, komm schon! Jetzt!
Eine Entschuldigung habe ich nicht wirklich. Habe lange überlegt, ob ich mir eine ausdenken soll. Vielleicht dass mein Chef mich doch nicht weglassen wollte. Oder dass ich den Bus verpasst hatte. Dass ich ganz plötzlich schreckliches Bauchweh hatte – obwohl das nicht einmal so ganz und gar gelogen gewesen wäre. Es gibt unendlich viele Ausreden, wenn man nicht zu einer Verabredung geht. Die Sache ist die: Ich glaube, du würdest sie durchschauen.
Deswegen kann ich keine wirkliche Entschuldigung vorbringen. Außer der, dass ich mich nicht traute. Dass ich auf dem Weg war, aber umdrehte. Lange zu Hause saß und wartete, bis es so spät war, dass du ganz sicher nicht mehr am Treffpunkt sein würdest. Dann ging ich hin. Und du warst natürlich nicht mehr da. Ein Grund ist das wohl nicht wirklich. Und erst recht keine gute Entschuldigung. Zu sagen, ich habe mich nicht getraut. Weil die andere dann fragen wird: Warum nicht? Und ich keine Antwort darauf habe.
Ich hoffe, du kommst zurück.
Emma
    Meine Augen fühlen sich an wie zwei blanke Flächen. Etwas Spiegelglattes, auf dem sich Wörter einbrennen und kratzige Spuren hinterlassen.
    Der Baum tobt.
    In mir pocht etwas großes Wildes, das ich, glaube ich, noch nicht kenne.
    Es ist ein Kampf von Erleichterung mit Wut. Zorn hebt prügelnd die Fäuste gegen ein seliges Gefühl von warmem Verständnis. Irgendwann merke ich, dass ich ihre Sätze schon zum wiederholten Mal lese und dabei immer wieder den Kopf schüttele.
    Wie kann sie nur?!
    Wie kann sie nur so ehrlich sein?!
    Sie nimmt mir damit allen Wind aus den Segeln! Und ich wette, sie weiß das! Sie ist berechnend! Sie ist ehrlich und offen aus reiner Berechnung. Damit ich sie verstehe. Damit ich ihr sofort verzeihe, dass ich demütigende fünfunddreißig Minuten an einer Bushaltestelle ausgeharrt habe. Damit ich wieder in den Chat komme und wir uns weiter von einander erzählen können.
    Wie kann sie mir nur so etwas schreiben?! Mir sogar meine Frage nach dem ›Warum‹ vorwegnehmen. Mir nicht einmal die Möglichkeit geben, empört zu sein über eine dumme Ausrede.
    Ich drucke die Mail aus und schließe den Computer, ohne zu antworten.
    Vielleicht antworte ich morgen.
    Lothar antworte ich morgen ganz sicher.
    Emma antworte ich morgen vielleicht.
    Jetzt setze ich mich aufs Sofa und lese noch ein bisschen. Ich habe jahrelang nur Krimis gelesen. Weil ich Geheimnisse mag. Jetzt gerade lese ich zum ersten Mal nach langer Zeit mal wieder ein anderes Buch. Es ist ein etwas sonderbares Buch, ein Roman, der eine Liebesgeschichte sein soll. Aber irgendwie ist er das nicht wirklich. Denn er beginnt nicht so wie Liebesgeschichten normalerweise beginnen. Eigentlich beginnt er da, wo ich glaube, dass an dieser Stelle Liebesgeschichten eher enden. Momentan weiß ich noch nicht genau, was ich von diesem Buch halten soll. Und zwar nicht nur, weil die Autorin einen Namen hat, der Assoziationen von ausgefahrenen Zungen, die Eis schlecken, auslöst.
    Ich brühe mir einen Karamell-Tee auf und beschließe, mich so richtig wohl zu fühlen.
    Seite 57 im Buch. Seite 59 im

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