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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirijam Muentefering
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will.
    Klick. Macht irgendwas draußen.
    Ich halte kurz den Atem an. Es klang so nah.
    Noch einmal: Klick.
    Ich schaue zum Fenster.
    Das Geräusch kommt immer mal wieder, ist irgendwie draußen, aber irgendwie auch so nah.
    Vielleicht hat der Baum einen Schluckauf. Ein blöder Gedanke, zugegeben. Dieses Klickern muss irgendwas anderes sein. Vom Baum kommt es nicht. Es ist auch nicht regelmäßig, sondern taucht immer mal wieder auf. Klick. Klickediklack. Immer wieder sehe ich von meinem Buch auf zum Fenster. Und plötzlich weiß ich, was es ist.
    Ich springe auf und laufe hinüber, ziehe die Jalousie hoch. Unten im Vorgarten steht eine hell gekleidete Gestalt. Ich öffne das Fenster und flüstere: »Himmel, Antonie, was machst du denn hier?« Mein Herz flattert wie ein Kolibri mit den Flügeln.
    Antonie, die Hand noch voller kleiner Kieselsteine, grinst mich von dort unten fröhlich an.
    »Deine Klingel scheint nicht zu funktionieren.«
    Mit so einer Nummer macht sie mich völlig fertig.
    »Komm rum. Ich mach die Tür auf.« Ich will das Fenster schon wieder schließen, da höre ich noch: »Hast du keine Strickleiter?«
    Meine Hände zittern, als ich im Wohnungsflur stehe und den Türsummer betätige. Tatsächlich war meine Klingel ausgestellt. Ich wollte nicht gestört werden heute Abend.
    Wer kann denn schon ahnen, dass eine derart hartnäckig ihr Ziel verfolgt.
    Antonie kommt die Treppe heraufgeschlichen und grinst von einem Ohr zum anderen. Wir sprechen nicht, bis sie zur Tür herein ist, denn ich muss Loulou währenddessen die Schnute zuhalten, weil sie sonst vor Begeisterung über den unerwarteten Besuch bellen und das ganze Haus aufwecken würde.
    »Warum schläfst du nicht um diese Uhrzeit?«, begrüße ich sie, als wir uns dann im Flur gegenüberstehen.
    »Ich schlafe nie«, entgegnet sie überzeugend und strahlt dabei übers ganze Gesicht. »Und als ich hier war, hab ich durch die Jalousie noch Licht bei dir erspäht. Schön, dich zu sehen.« Es ist Viertel nach eins.
    »Was hast du da?«, will ich wissen und deute auf das Tuppergefäß, das sie in der Hand hält.
    Antonie sieht es an, als sei ihr jetzt erst aufgefallen, dass sie etwas dabeihat.
    »Das? Oh, das ist Vanillemousse. Magst du so was? Hab ich frisch gemacht. Ich dachte, wenn ich dich schon so spät überfalle, dann könnte ich dich am ehesten mit etwas Süßem überzeugen.«
    Zufällig könnte ich sterben für Vanillemousse.
    »Und was hättest du gemacht, wenn du kein Licht mehr bei mir gesehen hättest?«, möchte ich doch gern wissen.
    Sie zuckt mit den Achseln, wie sie es häufig tut. »Nach Hause fahren und die Mousse allein essen. Aber du hast ja neulich gesagt, dass du oft noch spät wach bist. Gerade in der letzten Zeit.«
    Wir schauen uns einen Moment lang in die Augen. Mit diesem gewissen Ernst, der solche Blicke begleiten sollte. Vielleicht denkt sie auch an mein furchtbares Weinen, das mich neulich Abend überfiel.
    »Na, dann sollten wir sie wohl jetzt zu zweit essen.« Ich schlucke und verschwinde rasch in der Küche.
    Als ich kurze Zeit später neben ihr auf dem Sofa sitze, stelle ich fest, dass ich die Dessertschälchen vergessen habe. Ich bin nur mit zwei kleinen Löffeln bewaffnet. Sie legt ihre Hand auf meinen Arm, als ich noch einmal aufstehen will.
    »Lass doch! Das geht schon. Oder bist du futterneidisch?«
    Also sitzen wir mitten in der Nacht hier und essen aus einer Tupperschüssel wunderbare Vanillemousse, die auf der Zunge zergeht und die jedes Gespräch für eine Weile lahm legt.
    Antonie schleckt ihren Löffel mit der Zunge ab, und ich schau da lieber nicht genau hin.
    »Weißt du was?«, meint sie da plötzlich, und ich bin schon gespannt, was jetzt kommt. »Früher, als ich noch klein war, meine ich, da dachte ich, das Gegenteil von Schokolade sei Vanille.«
    Ich schaue für einen Moment in die fast leere Schüssel, wo überall die hellgelben Moussereste mit den kleinen schwarzen Vanillestippen kleben.
    »Das Gegenteil?«, wiederhole ich dann langsam.
    »Ja. So wie man immer denkt, das Gegenteil von Rot sei Blau. Oder das Gegenteil von Holz sei Metall. Oder das Gegenteil von Männern sind Frauen. Lauter so komisches Zeugs eben.«
    »Das Gegenteil von Frauen sind nicht Männer!«, fährt es mir unkontrolliert heraus.
    Antonie grinst. »Ist ja schon gut. War nur ein Beispiel.«
    Wir schaben beide mit unseren Löffeln in der Schüssel herum.
    »Stimmt«, sage ich nach einer kleinen Weile. »So was kenne ich auch. Das

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